Читать книгу Geschichte der Stadt Worms - Группа авторов - Страница 42

Blütezeit der Stadt

Оглавление

In den Jahren um und nach 260, als der Odenwaldlimes als Reichsgrenze nach und nach fiel, die zwischen dem Rhein und dem Odenwald ansässigen Römer sich wegen häufiger Überfälle räuberischer Alamannen westlich des Rheines ansiedelten und staatliche Maßnahmen ergriffen wurden, wenigstens den Rhein als römische Grenze zu halten (auch wenn man die Verluste im Osten offiziell nie anerkannte), erhielt unsere Stadt neue Impulse und erreichte vermutlich ihre größte Ausdehnung. Vielleicht zogen, wie in Mainz belegt61, auch hier Grundstücksbesitzer aus den nun nicht mehr sicheren Gebieten östlich des Rheins zu.

Im 3. Jahrhundert wurden wieder militärische Einrichtungen, von denen wir jedoch keine Baureste besitzen, und damit Soldaten in Worms installiert. Den Schäden durch germanische Raubzüge suchte man durch eine schnelle Eingreiftruppe zu begegnen, bewegliche Reitereinheiten sollten die Eindringlinge spätestens auf dem Rückweg abfangen. Die Grabsteine des Aurelius Dizza, eines Waffen- oder Zeugmeisters der 2. Parthischen Legion, und des Wachoffiziers Aurelius Vapinus mögen in diesem Zusammenhang zu sehen sein62.

Die aus alten Rheinarmen bei der modernen Kiesgewinnung gehobenen Beutefunde von Hagenbach und Neupotz haben illustriert, dass berittene Germanen im letzten Drittel des 3. Jahrhunderts in der Lage waren, schnell bis ins südliche Frankreich vorzustoßen, reiche Metallbeute zu machen und sich wieder zurückzuziehen. Wer weiß, wie oft ihnen gelang, was in Neupotz63 und Hagenbach64 scheiterte. An diesen Fundstellen scheinen die schon beladenen Flöße oder Kähne gekentert zu sein oder wenigstens ihre Ladung verloren zu haben, ob durch Zufall oder durch eine bewaffnete Auseinandersetzung mit römischen Soldaten, mag dahingestellt sein.

Nicht genau zu datieren sind die Grabsteine von zwei Reitersoldaten. Sie gehörten der Abteilung der schweren Panzerreiterei (katafractarii) an und stammen spätestens aus dem Anfang des 4. Jahrhunderts. Der Reitersoldat Valerius Maxantius wurde 32 Jahre alt. Sein Bruder begrub ihn im südlichen Gräberfeld beim späteren Kloster Mariamünster65. Außer Vermittler gefühlter oder tatsächlicher Sicherheit sind Soldaten wie heutige Beamte Empfänger und Distributeure regelmäßiger Besoldung. Sie stellen einen gewichtigen Wirtschaftsfaktor dar.

Die medizinische Versorgung der Bevölkerung der Antike war selbstverständlich nicht durchorganisiert wie in unserer Zeit. Ein Versorgungsanspruch existierte nicht, man half sich weitgehend selbst. Es gab allerdings Hebammen und Ärzte. Sie sind im Römischen Reich an vielen Orten durch Grabsteine bezeugt66. Das hohe medizinische Niveau belegt eine Anzahl medizinischer Instrumente aus Worms. So entstammt dem südlichen Gräberfeld ein schön verzierter Skalpellgriff des 1. Jahrhunderts n. Chr. aus Eisen mit Einlagen von Kupfer und Silber. Die Schneide selbst bestand aus gehärtetem Eisen67.

Eine wichtige Rolle spielten Salben, deren Substanzen auf einem glatten Stein zerrieben wurden. Klammern, Pinzetten und Sonden verwendete man auch bei der Wundversorgung. Ein in Worms gefundener Salbenstempel eines Augenarztes und vielleicht sogar eine Nadel zum Starstechen bezeugen diesen Zweig der Medizin68.

Bis wenigstens zur Mitte des 4. Jahrhunderts blüht und wächst die römische Stadt mitsamt ihren Gräberfeldern. Das mag makaber klingen, doch die Archäologen filtern aus den Grabfunden in Worms mehr als aus den selteneren Siedlungsfunden. Die römische Stadt ist durch Bautätigkeit der Folgezeit, als tiefe Ausschachtungen (im Synagogenbereich kennen wir zwei und drei Stockwerke tiefe Keller) alle älteren Reste vernichteten, viel schwieriger zu finden.

Die Bevölkerung in Borbetomagus trat offenbar bunt gemischt auf. Sowohl Funde germanischen Ursprungs (Kämme, Fibeln, Halsreifen) als auch die Formenvielfalt der untersuchten Skelettmerkmale »weisen auf eine eher wohlhabende Bevölkerung im spätkaiserzeitlichen Worms hin. Dabei deuten die Schädelformen auf eine Mischbevölkerung mit großer Typenvielfalt und mediterranen Einflüssen«, schrieb der Anthropologe Erwin Hahn zu den Gräbern aus dem Nordfriedhof69.

Um 300 n. Chr. wird vielleicht sogar ein neues Friedhofsareal ausgewiesen. Es handelt sich um das Areal, das Dr. Carl Koehl entdeckte und als »Gräberfeld am Bollwerk« in die Literatur einführte. Erst Ende der 1960er Jahre wurden hier, jetzt mit dem Namen »Kirschgarten«, Flächen bebaut. Ernstfried Töpfer, Ausgräber und Fundpfleger der Stadt von 1954 bis 1987, barg einen Teil der Beigaben und erfasste einige Gräber wenigstens grob. Weder Stadt noch Landesamt konnten offenbar einschreiten. Kostbare Funde wie einzigartige Gläser70 und den schönsten jemals gefundenen Gesichtskrug71 verkauften Raubgräber an Museen des In- und Auslands.

Geschichte der Stadt Worms

Подняться наверх