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TELEVISIONMarquee Moon [Elektra, 1977] Holger Adam

Television gründeten sich 1973, wurden im Jahr darauf die erste Band, die im CBGB regelmäßig auftrat, erregten eine Menge Aufmerksamkeit, gingen 1974 mit Brian Eno ins Studio für Probeaufnahmen zu einem Debütalbum, überwarfen sich mit Eno, veröffentlichten 1975 ihre in Eigenregie produzierte erste Single »Little Johnny Jewel« auf dem Label ihres Managers Terry Ork, spielten sich weiter im CBGB oder Max’s Kansas City die Finger blutig, suchten fieberhaft und dickköpfig nach einem Label, das Tom Verlaine erlauben sollte, seine Musik selbst zu produzieren, fanden mit Elektra Records (die bereits mit den Doors, Stooges, MC5 oder Nico ein Händchen für schwierige Charaktere bewiesen und die Nerven − und den Weitblick − hatten, das Debüt von AMM zu veröffentlichen) eine renommierte Adresse und legten dann 1977 − endlich, vier Jahre nach Gründung! − mit Marquee Moon ihren großen Wurf vor. 1978 folgte Adventure und kurz darauf war es auch schon vorbei mit Television, die sich zur Mitte desselben Jahres auflösten. Die Zusammenfassung dient der Verdeutlichung der bemerkenswerten Tatsache, dass die Band, die nach dem frühen Weggang von Richard Hell bis zu ihrer (rückblickend ersten) Auflösung aus Richard Lloyd, Fred Smith, Bill Ficca und Tom Verlaine bestand, bis zur Veröffentlichung ihres Debüts nicht nur eine popkulturelle Ewigkeit benötigte, sondern in dieser Zeit auch permanent auftrat und an ihren Songs feilen konnte − und das hört man Marquee Moon auch deutlich an. Das Album strotzt vor musikalischer Virtuosität, das ausgeklügelte, sich gegenseitig ergänzende Gitarrenspiel von Richard Lloyd und Tom Verlaine ist um keinen Ton verlegen, Billy Ficca trommelt leichtfüßig um die Gitarrenfiguren herum und Fred Smith sorgt − zurückhaltend und effizient − für den grundlegenden Groove. Das dynamische und beinahe schwerelose Zusammenspiel der vier Musiker mag viele Assoziationen hervorrufen, der Gedanke, dass es in der musikalischen Nachbarschaft zum »Blitzkrieg Bop« der Ramones entstanden ist, drängt sich nicht gerade auf (nichts gegen die Ramones!). Marquee Moon ist nur der Szene, des historischen Entstehungszusammenhangs nach Punk (was auch immer − schon mit Blick auf die in diesem Buch versammelten Bands − Punk sein mag). Die sorgfältig arrangierten, zumeist (finster) verträumten und mäandernden Songs mit den poetisch-rätselhaften Texten Verlaines finden in manchen Titeln der Patti Smith Group vielleicht eine Art von Geistesverwandtschaft und stehen doch vor allem für sich selbst: nichts davor und nicht danach klang oder klingt wie Marquee Moon, dessen zehnminütiger Titelsong − von den ersten Tönen der einander antwortenden Gitarren und Verlaines mysteriösen Eröffnungszeilen (»I Remember How The Darkness Doubled, I Recall Lightning Struck Itself«) bis hin zum ekstatischen Ende − den musikalischen Höhepunkt des Albums darstellt. Ich nehme an, dass Verlaine & Co selbst nicht wussten und bis heute nicht wissen, wie ihnen geschah, während »Marquee Moon«, der Song, Form annahm. Daneben wartet Marquee Moon, das Album, mit weiteren Highlights auf, etwa dem quirligen »See No Evil« oder dem elegischen »Torn Curtain«, die Televisions Debüt auch nach vierzig Jahren als das erscheinen lassen, was es damals schon war: ein Meilenstein. Diese Lobhudelei mag sich arg abgeschmackt, ja wie abgeschrieben aus dem Phrasenhandbuch für Rockjournalisten lesen … sie trifft aber zu. Das wird auch im Vergleich zum etwas blassen Nachfolgealbum Adventure deutlich. Nach etlichen Jahren Inkubationszeit hatten Television ihr Pulver spektakulär schnell verschossen. Danach war Schluss, eigentlich. Die anschließende Solokarriere von Tom Verlaine zeichnete sich bislang durch den langen Schatten von Marquee Moon (das hat man dann davon!) und überwiegend langweilige Soloalben aus, die musikalisch im Niemandsland zwischen blutleer-poppigem New Wave oder (manchmal ganz schönen) instrumentalen Harmlosigkeiten herumgeistern. Unterdessen erfolgte 1992 auch die − unvermeidbare? − Neuformierung von Television (ohne Richard Lloyd). Das dazugehörige selbstbetitelte Album klingt − wie auch die bis in die Gegenwart hinein sporadisch stattfindenden Live-Auftritte der reformierten Band − wie eine Oberstudienratvariante der Dire Straits: leidlich geschmackvoller, handwerklich sauber gespielter, gut abgehangener Gitarrenrock. Schade.

Damaged Goods

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