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SPIONSRussian Way of Life / Total Czecho-Slovakia 7" [Egg, 1978] Alexander Pehlemann

Ein vergessener oder eher nie gekannter ungarischer Klassiker des Konzept-Punk, in Überaffirmation und Ambivalenzen balanciert zwischen Ost und West, wie es kurz später Laibach perfektionieren sollten. Spions haben es in sich, wie hier nur anzudeuten sein wird.

A-Seite: Es erklingt der Anfang von »Der heilige Krieg« (Священная Война), Weltkriegshit der Sowjetarmee, dem MC Ernst Busch so unnachahmlich eine deutsche Spoken-Word-Version verpasste … Dann entrollt sich ein minimalistisch beschwingter New-Wave-Boogie, zu dem eine gehetzt jaulende, sich teils fast überschlagende Nichtstimme mit leichtem Akzent intoniert:

Hey Hey let’s see the jerk. He has his right to work

But he wanna live just from subventions

Hey Hey Let’s see the star. He has his right to cry

But he sings all night long ‚bout his mental health

Hey Hey Let’s see the priest. He has his right to believe

But he preaches unceasingly sexsolution

Let’s see the russian way of life

(…)

Reproduction − After the war

Reproduction − Five years or more

Reproduction − The new wave is over

Reproduction has got the power

Reproduction − Let’s sing the march

Reproduction − Let’s believe in love

Reproduction − Let’s start the work

Reproduction all over the world

3 x Hey hey russian way of life

Five year plan. Let’s work and make love.

Flipseite: Kurzer Drumroll, dann eine primitive Elektro-Bass-Linie zu extrem skelettierten Drums, straff akzentuierende Gitarreneinwürfe und die gleiche Gehetztheit, die artikuliert:

We’re going to annihilate old borders

Company of refractory soldiers

Red discipline eastablishes new order

The short summer of anarchy is now over

Go out from your country

Go out from your religion

The socialism with a human face isn’t for your race

The treason remained your only true chance for change

Use your history

You’re mortal

You’re dependant

You must die

Red demon comes to power in the deserted sky

The ghost of communism in a rock’n’roll style

I come to annihilate your aggressive young souls

I’m almost thirty and I know about nihilism much more

Go out from your present

Go out from your generation

Be the spy of all the things you had to start

Be a traitor of yourself and fall with me in love

I am the history

I must die

I wanna be your victim

Use your star

Noch Fragen?

Nein, ich werde nicht versuchen, das zu interpretieren! Stattdessen gibt es zwecks besserer Verwirrung mehr oder weniger verifizierbare Fakten.

Alle Mitglieder der Spions, eine absurde und Fake-Englisch auszusprechende Wortschöpfung, entstammen jüdischen Familien der Boheme Budapests. Ihre Bandgründung im »summer of hate« 1977 war eine konzeptionelle Überschreitung des vom System zugewiesenen Spielraums Dissidenten-Ghetto. Angeführt von Gergely Molnár, der den Punknamen Anton Ello ergreift, flankiert von Peter Hegedüs, nun Pierre Violence, einem an Avantgarde geschulten Gitarristen von der Akademie, und unterstützt vom jungen Fotografen Tibor Zátonyi, jetzt genannt Bunny. Zudem begleitet von Molnárs Freund und Performance-Partner László Najmányi, der auch bald Pseudonyme sammelt. So wie die Band allseitig Gegner mittels nur drei Shows Anfang 1978 in der »lustigsten Baracke des Ostblocks«. Musikalisch zwar eher Kammer-Rock als schockierend, gehen sie mit radikalem Auftreten, schweren Symbolen und expliziten Themen hemmungslos auf Konfrontationskurs, als Verräter jedes Systems und Spione des Rock’n’Roll: »Spions schafften sich selber ab, weil sie ihre Umgebung hassen. Sie haben mit niemandem zu tun. Sie haben keine Rasse und kein Land. Sie sind ein internationaler Feind.« (Spions-Manifest von 1978)

Zur Internationalität werden Hegedüs, Molnár und Najmányi infolge allerdings auch schnell gezwungen, denn man legt ihnen dringend nahe, das Land sofort zu verlassen. Gelandet in Paris treiben sie das Spions-Konzept sofort konsequent weiter. Die Kontaktaufnahme mit französischen Neonazis scheitert zwar und ihr Angebot an die ungarische Botschaft, wirklich als Spione zu arbeiten, wird ignoriert. Aber am Ende geben sie sich erfolgreich als KGB-Agenten im Punk-Pop-Biz aus, die es auf die Moral der westlichen Jugend abgesehen haben, und proklamieren halt den »Russian Way of Life«. Produziert von Robin Scott und vermittelt von einem anderen Punk-Exilanten: Malcolm McLaren. Die Single ist allerdings auch die letzte gemeinsame Aktion. Hegedüs geht im Streit, nennt sich nun Ogi und arbeitet solo mit McLaren-Texten. Die anderen wechseln ebenfalls und nicht letztmalig die Namen, Najmányi zu Boris Popoff und Molnár zu Sergei Pravda sowie Gregor Davidoff, und nehmen als SPIONS Inc. mit der Synthie-Wave-Band Artefact und dem Produzenten Jean-Marie Salaun die gekonnt kontroverse Statements deklamierende »Party«-EP auf. Deren Cover die Angabe 1979−1984 ziert: ein Fünfjahresplan, der im Orwell-Jahr enden soll. Aber da sind die Spions als aktive Einheit schon Geschichte. Eine abseits Ungarns aber leider noch unentdeckte. Von Deutung ganz zu schweigen …

Damaged Goods

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