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3.Eingriffe in den Schutzbereich

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103Sofern das Verhalten eines Grundrechtsträgers, das in den vorstehend skizzierten sachlichen Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG fällt, durch den Staat unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert wird, liegt ein Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit vor.305 Dieser vermag – allgemeinen Regeln folgend – auch in unbeabsichtigten und mittelbaren Folgen staatlichen Verhaltens zu liegen, sofern dem Staat die belastende Wirkung zugerechnet werden kann.306

104Diese Merkmale sind zunächst bei staatlichen Maßnahmen erfüllt, die sich auf das Ob oder das Wie der Versammlung auswirken. Das ist beim Verbot bevorstehender Versammlungen, der Auflösung bereits begonnener Versammlungen und bei Auflagen hinsichtlich der Durchführung ebenso der Fall wie bei der Statuierung einer Anmelde- oder Erlaubnispflicht.307

105Auch Maßnahmen, die geeignet sind, Teilnehmer von der Versammlung fernzuhalten, greifen in das Grundrecht ein. Ob sich der Staat faktisch zwischen (potenzielle) Teilnehmer stellt oder ob er lediglich psychisch in einer Weise auf sie einwirkt, die zu einem freiwilligen Verzicht auf die Teilnahme zu motivieren geeignet ist, spielt dabei keine Rolle. Der staatliche Ausschluss von Teilnehmern ist ebenso als Eingriff zu werten wie die Erschwerung des Zugangs durch Behinderung von Anfahrten und schleppende vorbeugende Kontrollen.308 Verlangen muss man freilich einen erkennbaren Bezug zum Versammlungsgeschehen: Nicht jede Verkehrskontrolle, die z. B. weit entfernt stattfindet und – neben etlichen anderen Verkehrsteilnehmern – auch anreisende Versammlungsteilnehmer betrifft, ist an Art. 8 Abs. 1 GG zu messen, wohl aber eine nicht nur zufällig auf der einzigen Zufahrtsstraße zur Versammlung angesetzte Kontrolle aller Verkehrsteilnehmer auf das Vorhandensein von Warndreieck und Verbandskasten. Die staatliche Observierung oder Registrierung der Teilnehmer ist als Eingriff zu werten, weil sie die Sorge vor späteren Nachteilen begründen und den Einzelnen daher zum Verzicht auf die Teilnahme bewegen kann.309 Jedoch müssen auch derartige Maßnahmen einen spezifischen Bezug zum Versammlungsgeschehen haben: Sofern die Polizei einen Verdächtigen ohnehin observiert, ist diese Maßnahme auch dann nicht an Art. 8 Abs. 1 GG zu messen, wenn die Beobachtung fortgesetzt wird, während die Zielperson zwischenzeitlich an einer Versammlung teilnimmt.

106In besonderer Weise geeignet, die Sorge vor späteren Nachteilen zu schüren, sind Videoaufnahmen der Versammlung. Das gilt sogar für bloße Übersichtsaufnahmen, die nicht aufgezeichnet werden, sondern nur auf einem Monitor zu sehen sind.310

107Auch andere einschüchternde Maßnahmen können in der für einen Eingriff nötigen Intensität auf die Entscheidung über die Teilnahme einwirken. Anzunehmen ist das etwa beim Überfliegen eines Demonstrantencamps mit Kampfflugzeugen.311

108In die Schutzpflichtendimension kann durch unzureichenden oder gar vollständig ausbleibenden Schutz vor Störern der Versammlung eingegriffen werden, etwa indem die Polizei Gegendemonstranten nicht an Attacken auf die Versammlung hindert.

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