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ОглавлениеChrysanthemum L. Wucherblume, Margerite, Winteraster, Chrysantheme
Chrysanthemum coronarium L. Wucherblume, Matthiolus/Camerarius 1586 (oben links)
Chrysanthemum parthenium (L.) Bernh. Mutterkraut, Dodonaeus 1583 (oben rechts)
Chrysanthemum coccineum Willd. Bunte Margerite, Marschall von Bieberstein 1810 (unten links)
Wildform von Chrysanthemum indicum L., eine der Stammformen unserer Winterastern und Chrysanthemen, Bailey 1947 (unten rechts)
Die Gattung Chrysanthemum (im weiteren Sinne) umfaßt über 200 auf der Nordhalbkugel und in Südafrika beheimatete Arten von unterschiedlichem Typus. Verschiedene Untergruppen werden daher neuerdings auch als eigene Gattungen gefaßt.
Der eigentliche Ausgangspunkt der Gattung ist Chr. coronarium L., die Kronen-Wucherblume oder Goldblume. Diese im Mittelmeergebiet heimische einjährige Art mit gelben Blüten wurde bereits im Altertum als Zierpflanze verwendet, was u.a. Blumengewinde in ägyptischen Gräbern belegen. Die Griechen nannten die Art (wie fast alle gelben Blumen) chrysanthemon (zu gr. chrysós, »Gold« und ánthos, »Blume«), aber auch bouphthalmon (»Ochsenauge«). Die Römer kultivierten sie als Zierpflanze, verwendeten die jungen Triebe, ebenso wie die Griechen, aber auch als Gemüse. Bei Plinius heißt sie buphthalmus. Römische Wandgemälde zeigen bereits Sorten mit gelben und mit weißlichen Blüten. Nach Mitteleuropa kam die Art, wohl weil sie keine Heilpflanze war, jedoch erst im 16. Jh. Um die Mitte des 16. Jhs. schreibt Matthiolus, er habe sie zuerst aus Padua, später auch aus Pisa zugeschickt erhalten. 1561 bezeichnete der Züricher Arzt und Botaniker Konrad Gessner sie als Chrysanthemum verum und gibt ebenfalls an, daß er sie aus Italien bekommen habe. In der 2. Hälfte des 16. Jhs. breitete sich die Art dann überall in Mitteleuropa als Zierpflanze aus und war z.B. 1594 als Chrysanthemum Matthioli, »Goldblume« auch schon in Lausitzer Gärten vorhanden (Franke 1594). 1613 bildete der Hortus Eystettensis eine Form mit rein gelben Randblüten (Chrysanthemum creticum luteum) und eine mit nur am Grunde gelben, sonst aber weißen Randblüten (Chr. creticum mixtum) ab. Diese beiden Formen erscheinen dann auch im Gartenbaubuch von Elsholtz (1684) im Kapitel »Zaserich Sommer=Gewächse«, und zwar unter dem Bauhinschen Namen Chrysanthemum foliis Matricariae. Im 18. Jh. gab es von beiden Sorten auch gefüllte Formen. Über die Jahrhunderte hinweg war Chr. coronarium mit ihren verschiedenen Formen, zu denen im 19. Jh. dann noch verschiedene höherwüchsige und größerblütige Auslesen traten, eine beliebte und häufige Gartenzierpflanze. Nach und nach wurde sie aber von anderen Sommerblumen in den Hintergrund gedrängt. Ende des 19. Jhs. rechnete sie Carl Bolle bereits zu den altmodischen Blumen. Heute ist die Kronen-Wucherblume in Deutschland als Zierpflanze nur noch selten zu sehen.
Als der dänische Konsul in Marokko, Peter K. A. Schousboe (1766–1832), in den Jahren 1791–1793 eine Reise durch das Land unternahm, fand er u.a. eine dort heimische sommerannuelle Chrysanthemum-Art. Er beschrieb die bis dahin unbekannte Pflanze in seinem 1800 in Kopenhagen erschienenen Reisebericht und nannte sie Chrysanthemum carinatum, Gekielte Wucherblume. Über St. Petersburg gelangte die reizvolle neue Art 1798 nach England, wo man sie in Unkenntnis der Originaldiagnose nochmals als Chr. tricolor beschrieb und abbildete. Die Dreifarbigkeit der Blüte ergibt sich durch die schwarz-purpurnen Scheibenblüten und die am Grunde gelben, sonst aber weißen Randblüten. In Deutschland war die Art bereits 1808 im Berliner Botanischen Garten unter ihrem gültigen Namen Chr. carinatum vorhanden und verbreitete sich dann relativ rasch. 1817 wuchs sie z.B. im Breiterschen Garten in Leipzig, und 1818 führte sie der mecklenburgische Pfarrer Wredow in seinem Gartenfreund als Gartenpflanze auf. Seit 1857 entstanden in England auch Sorten mit rosapurpurnen und karminpurpurnen Randblüten. 1864 bezeichnete sie Eduard Regel in der Gartenflora (Jg. 13) als »eine der ausgezeichnetsten Florblumen für den Garten im Freien während der Sommermonate«. Inzwischen wurden weitere Gartensorten, insbesondere mit verschieden gefärbten auffallenden Farbzonen auf den Randblüten sowie mit gefüllten Blüten gezüchtet. Heute wird die Art mit ihren Gartenformen gern in bunten Sommerblumenmischungen verwendet.
Im östlichen Mittelmeergebiet, der Balkanhalbinsel und Vorderasien beheimatet ist das Mutterkraut (Chr. parthenium (L.) Bernh., syn. Tanacetum parthenium (L.) Schultz-Bip.). Die streng aromatisch kamillenartig duftende Staude war bereits im Altertum eine geschätzte Heilpflanze bei Frauenkrankheiten. Bei griechischen Schriftstellern (Nikandros, Dioskurides) wird sie als parthenion, bei Plinius als parthenium bezeichnet (zu gr. parthénos, »Jungfrau«). Durch die Römer kam die Art in die Gebiete nördlich der Alpen. Ein Nachweis aus einem römerzeitlichen Brunnen liegt vor von Issel bei Trier. Von den ehemals römischen Gebieten aus, wo die Art um 800 im Capitulare de villis als febrefugia und im 12. Jh. bei Hildegard von Bingen als Febrifuge und Metra erscheint, verbreitete sich das Mutterkraut nach und nach über die Gärten des übrigen Mitteleuropa. 1530 bezeichnete Brunfels die Pflanze als »Mettram«. Seine Abbildung zeigt eine noch der Wildart entsprechende Form mit kleinen einfachen Blüten. Die Art diente damals und bis in das 18. Jh. hinein vornehmlich als Arzneipflanze, insbesondere »in allen Anliegen der Weiber« (Zornn 1714), aber auch bei Verdauungsstörungen, zur Beruhigung der Nerven und zur Vertreibung von Würmern. Außerdem war sie ein Heilmittel bei verschiedenen Viehkrankheiten.
Alsbald kam es hier und da auch zu Verwilderungen. So schreibt bereits Konrad Gessner 1561, das Parthenium wachse von sich aus an den Gartenmauern und auf Bauschutt. In der 2. Hälfte des 16. Jhs. entstand in Gartenkultur auch eine gefüllte Form mit vermehrten Strahlenblüten. Eine Abbildung dieser Matricaria duplici flore gibt zuerst Matthias Lobelius 1581 in seinen Icones. 1583 beschreibt sie auch Clusius in seinem Werk über die seltenen Pflanzen Österreichs und Ungarns als Parthenium plenum sive polyphyllo flore und gibt an, er habe sie zuerst 1579 in London gesehen, von wo er sie nach Antwerpen brachte. Später erhielt er in Wien Samen dieser Sorte von dem mit ihm befreundeten Londoner Kanzler Richard Garth. Farbige Abbildungen der Matricaria flore simplici, »Einfach Mertram«, und der Matricaria flore pleno, »Gefüllt weis Mertram«, bringt 1613 der Hortus Eystettensis. Eine Form mit vermehrten und vergrößerten Röhrenblüten erscheint in Deutschland erstmals 1665. 1724 gab es in und bei der oberlausitzer Stadt Lauban 4 verschiedene Formen: 1. mit einfachen Blüten, vor allem in den Bauerngärten und stellenweise auch an Zäunen verwildert; 2. eine gefüllte Form mit vermehrten Strahlenblüten, nur in einigen Gärten; 3. eine gefüllte Form nur mit Röhrenblüten und 4. eine gefüllte Form mit flachen Strahlenblüten und gefüllten Scheibenblüten, letztere beide nur in den Gärten von Liebhabern. Diese 4 Formen, dazu eine ohne Strahlenblüten, wuchsen 1736 auch im Garten des brandenburgischen Rittergutes Trebnitz bei Seelow.
Im 18. Jh. ging die Bedeutung des Mutterkrautes als Arzneipflanze zurück. Es wurde mehr und mehr, besonders mit seinen gefüllten Formen, zu einer Zierpflanze und war als solche schließlich ebenfalls weit verbreitet. Mit der Zeit nahm die Zahl der verschiedenen Gartenformen weiter zu. So schreibt der österreichische Pfarrer Zetter 1837 über die damals Pyrethrum parthenium genannte Art, sie komme »in verschiedenen Abarten vor, nämlich: einfach, halb- und ganz gefüllt, strahlenlos, gewölbt, weißröhrig etc., eine mit krausen Blättern«, sie gedeihe überall, doch »die gefüllten Sorten sind etwas zärtlicher und werden manchmal in Töpfen gezogen«. Im Laufe des 19. Jhs. nahm die Zahl der Sorten weiter zu. Es entstanden nunmehr auch Formen mit gelben Blättern (cv. ‘Aureum’), mit farnartig eingeschnittenen Blättern (cv. ‘Selagenoides’), mit moosartigen Blättern (cv. ‘Muscoides’) sowie Zwergformen. Letztere fanden vor allem Verwendung bei den um 1870 in Mode gekommenen Teppichbeeten. Heute sieht man das Mutterkraut mit seinen zahlreichen Formen hauptsächlich in ländlichen Gärten, wo es als Zierpflanze dient, hier und da aber auch noch als Heilpflanze genutzt wird.
Die in Europa und Asien bis hin zum Altai verbreitete und in Mitteleuropa auf mäßig gedüngten oder ungedüngten Wiesen früher überall häufige Wiesen-Margerite (Chr. leucanthemum L., syn. Leucanthemum vulgare Lmk.) wurde ihrer hübschen Blüten wegen vielfach in die Gärten geholt, wo sie allerdings sehr zum Wuchern neigt (»Wucherblume«). So wuchs sie z.B. um 1560 als Bellis major im Garten des Züricher Arztes und Naturforschers Konrad Gessner, und 1613 finden wir sie unter demselben Namen im Hortus Eystettensis. Viele Autoren des 17. und 18. Jhs. kennen die von Caspar Bauhin (1623) als Bellis sylvestris bezeichnete Art indessen nur als Wildpflanze. Heute ist sie als Zierpflanze fast nur noch in Bauerngärten zu finden. Sonst wurde sie in den Gärten durch die Große Margerite (Chr. maximum Ram.) abgelöst. Diese ist in den südöstlichen Pyrenäen beheimatet, wo sie Ende des 18. Jhs. von dem französischen Politiker, Botaniker und Pyrenäen-Forscher Louis François Ramond, Baron de Carbonnière (1753–1827) entdeckt und im Jahre 1800 als eigene Art unter dem genannten Namen beschrieben wurde. Heute wird diese decaploide oder dodecaploide Sippe als Kleinart zu der extrem variablen bzw. einen Artenkomplex bildenden Gesamtart Chr. leucanthemum bzw. Leucanthemum vulgare gestellt. Als Pyrethrum latifolium war sie 1808 im Botanischen Garten Berlin vorhanden und 1817 auch im Breiterschen Garten in Leipzig. Als Gartenstaude fand sie wegen ihrer schmutzig-weißen Blüten jedoch nur wenig Anklang und blieb meist auf Botanische Gärten beschränkt. In der 2. Hälfte des 19. Jhs. waren die Züchter, zuerst in England, dann auch in Frankreich und Deutschland, um eine Verbesserung dieser Art bemüht. Dies gelang durch Einkreuzung weiterer Wild-Sippen, insbesondere der in Portugal heimischen Chr. lacustre Brot. 1895 brachte der Erfurter Gärtner Heinemann die von ihm gezüchtete Sorte ‘Perfection’ mit bis 15 cm im Durchmesser großen Blüten auf den Markt, »eine der besten weißen Schnittblumen, die existieren« (Gartenflora, Jg. 44). 1901 waren bereits verschiedene Gartensorten im Handel, und in der Folgezeit entstanden neben weiteren Züchtungen auch die sogenannten ‘Edelweiß-Margeriten’ mit gefüllten und zerschlitzten Blütenblättern.
Der Name Margerite stammt aus Frankreich, wo ursprünglich das Gänseblümchen (Bellis perennis L.) als marguerite bezeichnet wurde (zu lat. margarita, »Perle«). Obwohl der französische Pflanzenname als »Margaritenblume« vereinzelt bereits im 16. Jh. ins Deutsche entlehnt worden ist, bürgerte er sich für die genannten Arten erst seit Ende des 19. Jhs. ein. Vor dem 1. Weltkrieg beging man in Deutschland im Frühsommer den »Margueriten-Tag«, an dem (künstliche) Margeritenblüten zugunsten wohltätiger Zwecke verkauft wurden.
Die Bunte Margerite (Chr. coccineum Willd.) stammt aus dem Kaukasusgebiet und dem Iran, wo sie auf Bergwiesen wächst. Zuerst fand sie dort der französische Botaniker Joseph Pitton de Tournefort auf seiner von 1700 bis 1702 dauernden Orientreise, die ihn bis Tiflis führte. In seinem 1703 veröffentlichten Corollarium nannte er sie Buphthalmum Orientale, Tanaceti folio ampliore, flore magno. Interessant ist, daß er von dieser Art bereits 3 verschiedene in der Natur vorkommende Farbformen aufführte, und zwar solche mit karminroten (coccineo), angenehm rötlichen (suave rubente) und mit weißen (albo) Strahlenblüten. Unter dem Tournefortschen Namen erscheint die Bunte Margerite 1782 im 2. Teil des in St. Petersburg veröffentlichten Werkes über die im Orient beobachteten Pflanzen von Johann Christian Buxbaum, welcher den russischen Grafen Romanzoff auf einer Gesandtschaftsreise nach Konstantinopel begleitet hatte. Da die Pflanze damals aber nicht nach Europa gelangte, blieb sie in der Folgezeit weitgehend unbekannt. Eine Wiederentdeckung erfolgte erst 1800 durch Johann Friedrich Adam, botanischer Begleiter des Geologen Graf von Mussin-Puschkin auf dessen Forschungsreise durch den Kaukasus, und zwar auf dem Berg Kaischaur in Iberien, dem heutigen Georgien. Zusammen mit weiteren neuen Arten beschrieb er sie 1805 im 1. Band der in Kiel herausgegebenen Beiträge zur Naturkunde als Chrysanthemum roseum. Durch den damals im Kaukasusgebiet und Südrußland tätigen Marschall von Bieberstein, in dessen 1809 publizierter Flora taurico-caucasica die Art als Pyrethrum roseum erscheint, gelangte bereits 1804 Samen dieser Pflanze über Moskau nach England, wo sie 1808 im Botanical Magazine vorgestellt und abgebildet wurde. 1808 wuchs sie aber auch schon im Botanischen Garten Berlin, dessen Direktor Carl Ludwig Willdenow ihr 1803 den jetzt gültigen Namen Chr. coccineum beigelegt hatte. Von London und Berlin aus gelangte die Bunte Margerite nach und nach in die Gärten West- und Mitteleuropas. 1817 war sie z.B. auch im Breiterschen Garten in Leipzig vertreten, und 1855 gab es bereits mehrere schöne Sorten, als deren schönste die feurig karminrote ‘Delhayi’ als »eine wahre Prachtpflanze für’s freie Land« gerühmt wurde (Gartenflora, Jg. 4). Im Laufe der Zeit entstanden ständig weitere Gartenformen. 1933 waren 70 Namensorten im Angebot. Obwohl sich die Zahl der verfügbaren Sorten heute wieder reduziert hat, gehört Chr. coccineum auch weiterhin zu den beliebtesten Schnitt- und Rabattenstauden und ist in den deutschen Gärten weit verbreitet.
Die Strauch-Margerite (Chr. frutescens L.), eine halbstrauchige Art von den Kanarischen Inseln, gelangte Ende des 17. Jhs. als Gewächshaus- und Kübelpflanze nach England und kam von dort über die Niederlande auch nach Deutschland. Unter dem Tournefortschen Namen Leucanthemum Canariense, foliis Chrysanthemis, Pyrethri sapore war sie 1735 im Waltherschen Garten in Leipzig und 1736 im Ziethenschen Garten in Trebnitz bei Seelow vertreten, blieb in Deutschland aber selten und auf Botanische und einige Liebhaber-Gärten beschränkt. 1932 rühmt sie Pareys Blumengärtnerei als »sehr wertvolle Kalthauspflanze«. Damals gab es bereits 4 Gartensorten, die z.T. durch Einkreuzen der ebenfalls kanarischen Chr. anethifolium (Willd.) Steud. entstanden waren. Erst in der neuesten Zeit ist die Strauch-Margerite als sommerliche Kübelpflanze ziemlich häufig zu sehen.
Die staudigen bis halbstrauchigen Winterastern und Chrysanthemen (Chr. -Indicum-Hybriden) stammen aus Ostasien. Stammarten sind das in China und Japan heimische Chr. indicum L. (Dendranthema indicum (L.) Desmoulins) mit gelben Scheiben- und Strahlenblüten, dessen Blütenkörbchen in kleinen Büscheln stehen, und Chr. morifolium Ramat. (Chr. sinense Sabine, Dendranthema morifolium (Ramat.) Tzvelev) aus der chinesischen Landschaft Hupeh und den Riukiu-Inseln mit kleineren, ebenfalls büschelig angeordneten Blütenkörbchen, deren Scheibenblüten gelb und deren Strahlenblüten weiß sind. Doch wurden im Laufe der langen Gartengeschichte vermutlich weitere ostasiatische Arten eingekreuzt. In China hatte man die genannten beiden Arten schon in sehr früher Zeit in Gartenkultur genommen. Bereits zur Zeit des Philosophen und Religionsstifters Konfuzius (541–478 v. Chr.) waren sie dort bekannte und beliebte Gartenpflanzen. Sie galten als Symbol der Bescheidenheit, der Vornehmheit und langen Lebens sowie als Kennzeichen des Herbstes, wurden von Malern abgebildet und von Dichtern besungen. Im Laufe der Jahrhunderte entstanden durch Kreuzung und Selektion zahlreiche Sorten. Waren im 12. Jh. in China etwa 35 Sorten vorhanden, so wurden um 1700 dort bereits gegen 300 beschrieben. Im frühen Mittelalter gelangten die chinesischen Gartensorten auch nach Japan, wo die Chrysantheme alsbald zur Nationalblume und zum Wappenbild des Tenno wurde. Ihre züchterische Weiterentwicklung in Japan führte zu einer Vielzahl weiterer, z.T. unerreicht gebliebener Sorten. Über ihre damalige Formenmannigfaltigkeit berichtete 1712 der deutsche Arzt und Naturforscher Engelbert Kaempfer, der 1690–1692 als Stationsarzt der Niederländischen Ostindischen Kompanie in Nagasaki tätig war. Kapitäne der Flotte der Ostindischen Kompanie brachten in der 2. Hälfte des 17. Jhs. derartige Gartensorten der Chrysantheme mit in die Niederlande, wo sie in verschiedenen Gärten als besondere Raritäten zu sehen waren. Der Danziger Kaufmann Jacob Breyne (1637–1697), der ein großer Pflanzenliebhaber war und deshalb 1679 und nochmals 1688 die berühmtesten holländischen Gärten besuchte, worüber er in zwei Schriften (1680, 1689) berichtete, sah dort 2 verschiedene Formen, die er Matricaria japonica flore minore und Matricaria japonica maxima nannte. Von letzterer gab es 6 Farbsorten mit rosaroten, rötlichen, fleischfarbenen, kupferfarbenen, dunkelgelben und reinweißen Blüten. Anfang des 18. Jhs. sandte der englische Arzt James Cunningham ein in China gesammeltes Exemplar mit kleinen gelblichweißen Blüten nach London, wo es von dem Arzt und Botaniker Leonhard Plukenet in seinem 1705 erschienenen Amaltheum botanicum abgebildet wurde. Diese damaligen Pflanzen, die auch von weiteren zeitgenössischen Autoren (z.B. Morison, Ray, Vaillant) aufgeführt werden, waren jedoch nach wenigen Jahren wieder aus den europäischen Gärten verschwunden, wohl weil man hinsichtlich ihrer Kultivierung noch über keinerlei Kenntnisse und Erfahrungen verfügte. Linnaeus beschrieb 1753 in seinen Species Plantarum die Pflanze auf der Grundlage von Herbarbelegen und der oben genannten Literatur unter dem Namen Chrysanthemum indicum, wobei er, ebenso wie vor ihm Robert Morison, der Meinung war, sie stamme aus (Ost-) Indien. Eine Sorte mit kleinen gefüllten kugelförmigen Blütenköpfen, die offenbar aus Ning-Pu in China gekommen war, tauchte dann in den 1760er Jahren im Apothekergarten in London-Chelsea auf. Ein Herbarexemplar wurde 1764 der Royal Society übergeben, und Philip Miller erwähnt sie 1768 in der 8. Auflage seines Gardeners Dictionary als Matricaria Indica. Jedoch erst 1789 kam es zur bleibenden Einführung des Chrysanthemum indicum nach Europa. Der französische Kaufmann Blancard in Marseille brachte von einer längeren Chinareise weiß-, gelb- und purpurrotblühende Formen der damaligen chinesischen Kultursorten mit. Während aber die beiden erstgenannten Formen bald eingingen, konnte die purpurrote erhalten und vermehrt werden. Sie gelangte 1790 in den Botanischen Garten Paris, von wo alsbald Stecklinge nach England geschickt wurden, wo die Pflanzen 1795 in der Gärtnerei von Colville in Chelsea erstmalig zur Blüte kamen. In den folgenden Jahren gelangten durch Kapitäne weitere Pflanzen aus China nach England, so 1798 eine rosarote und eine kupferfarbene Sorte und 1802 drei gelbe Sorten. Durch weitere Einfuhren stieg die Zahl der Sorten stetig an. Zählte man Ende 1802 in England 7 Chrysanthemum indicum-Sorten, so waren es 1824 schon 27, und 1826 kultivierte man im Garten der Royal Society bereits 48 Sorten. Die 1804 gegründete Royal Horticultural Society hatte von 1817 bis 1826 mehrfach Sammler nach China gesandt, die neben anderen Arten vor allem Chrysanthemum-Sorten nach England schicken sollten. Allerdings waren die Schwierigkeiten der Einfuhr aus China damals erheblich. Die langen Seereisen um das Kap der Guten Hoffnung herum mit langsamen Segelschiffen überlebte nur ein Teil der Pflanzen, und eine 1821 in China zusammengebrachte Sammlung von 40 Sorten ging beim Untergang des Schiffes ganz und gar verloren. In Paris, wo die Blancardsche Pflanze bald in Verlust geraten war, gab es 1822 erst 13 Sorten. Besondere Erfolge erzielte man jedoch in dem klimatisch günstigeren Südfrankreich. In Toulouse wurde 1827 der erste Sämling erzielt und damit der Grundstein zur Entstehung zahlreicher neuer Sorten durch Kreuzung und Samenanzucht gelegt. In Deutschland war die Chrysantheme 1808 im Berliner Botanischen Garten vorhanden, und zwar unter dem 1801 von Willdenow geprägten Namen Anthemis artemisiaefolia. Unter diesem Namen finden wir sie auch 1815 in Kunersdorf bei Wriezen und 1817 im Breiterschen Garten in Leipzig, dort neben einer einfachblühenden Sorte in 7 gefülltblühenden Farbformen (weiß, schwefelgelb, blau, gelb, gelb und braun gestreift, rosarot, violett). Im Gartenfreund, dem Gartenbuch des mecklenburgischen Pfarrers Wredow, ist die Art von der 1818 erschienenen 1. Auflage an vertreten. Es heißt hier, sie könne »bei uns nur in Töpfen durchwintert werden. Die schönen dunkelrothen oder braunvioletten, meistens gefüllten Blumen sind ziemlich groß und stehen an der Spitze der Zweige. Eine schöne Abart hiervon hat blaßgelbe Blumen.« 1837 lesen wir dann in der 5. Auflage: »Wir besitzen jetzt an 30 Spielarten, die aus England zu uns herüber gekommen sind und bei den Kunstgärtnern in Hamburg, Berlin und Dresden zu haben sind.« Die Zahl der damals in Mitteleuropa gezogenen Sorten war jedoch wesentlich höher. Bereits 1833 hatte Johann Baptist Rupprecht (1776–1846) in Wien eine Sammlung von 62 Sorten zusammengebracht.
1845/46 brachte der englische Pflanzensammler Robert Fortune von seiner Chinareise u.a. 2 kleinblütige Sorten aus Chusan nach England, welche zum Ausgangspunkt der Pompon-Sorten wurden. Damals stellte man die Pflanzen in die Gattung Pyrethrum und unterschied 2 eigene Arten: P. indicum Cass. mit kleinen, kaum 1 Zoll (2, 5 cm) im Durchmesser erreichenden Blütenköpfchen, und P. sinense Sabine, die größerblühenden Chrysanthemen mit fast immer gefüllten Blüten, gestrahlt, halb- oder gänzlich zungenblütig, die Zungenblüten flach oder gedreht, halb- oder ganz röhrenblütig, mit kurzen oder verlängerten, stielrunden oder zusammengedrückten Röhrenblüten, beide Arten in den Farben Dunkel-Purpurrot, Lila, Rosenrot, Weiß, Gelb und Orange. 1860/61 fand Fortune in Japan großblumige Chrysanthemum-Sorten, die er 1862 nach England einführte. 1861 zählte man in Europa bereits 400 Sorten. Auch in Berlin war die Chrysanthemum-Kultur in den sechziger Jahren sehr verbreitet, doch waren die Pflanzen wegen ihres strengen Geruchs nur zum Totensonntag beliebt. Ebenso war es auch in Italien, wo die Chrysantheme als »Totenblume« bezeichnet, vor allem auf Friedhöfen gepflanzt und für Kränze zu Allerheiligen und Allerseelen verwendet wurde. Allmählich und nach Züchtung und Einfuhr zahlreicher weiterer Sorten kam die Chrysantheme jedoch mehr und mehr in Mode, und Ende des 19. Jhs. gab es allerorten Chrysanthemen-Ausstellungen.
Seitdem 1920 die Abhängigkeit des Blühens mancher Pflanzenarten von einem spezifischen Licht-Dunkel-Rhythmus entdeckt worden war und seit 1931 derartige Untersuchungen auch an Chrysanthemum indicum durchgeführt wurden, war es möglich, die spätherbstliche und winterliche Blütezeit dieser nunmehr in vielen ständig verbesserten Sorten auftretenden Kurztagspflanze auf das gesamte Jahr auszudehnen, so daß heute nahezu ständig Chrysanthemen im Angebot der Blumengeschäfte zu finden sind.
Neben diesen meist großblütigen, im Gewächshaus herangezogenen, nicht winterharten eigentlichen Chrysanthemen (Chrysanthemum-Indicum-Hybriden) gibt es heute auch die in zahlreichen höheren und niedrigen Sorten vorhandenen kleinerblütigen Freiland-Chrysanthemen oder Winterastern (Chrysanthemum x hortorum). Sie entstanden aus den aus China eingeführten kleinblütigen Sorten unter Beteiligung einiger weiterer, winterharter ostasiatischer Chrysanthemum-Arten seit der 2. Hälfte des 19. Jhs. So wurden z.B. 1917 von einem Missionar in Korea Samen einer dortigen wilden Chrysantheme (wahrscheinlich Chr. sibiricum Fisch.) nach Amerika geschickt und die daraus gezogenen Pflanzen zu Kreuzungen verwendet, aus denen die sogenannten Koreanum-Hybriden hervorgingen, welche in den dreißiger Jahren über England und die Niederlande auch nach Deutschland gelangten.
Erst seit 1936 ist eine weitere staudige Chrysanthemum-Art im Handel, die schön rosarot blühende Chr. zawadskii Herbich (Dendranthema zawadskii (Herbich) Tzvelev). Dabei sind die, mitunter auch als Chr. rubellum Sealy bezeichneten Gartensorten aus der in Nordchina, Korea und Japan heimischen var. latilobum (Maxim.) Kitam. der sonst von den Karpaten über Sibirien bis Japan vorkommenden Gesamtart hervorgegangen. Seit 1938 entstanden aus der Ursprungssippe vor allem in England mehrere einfache und halbgefüllte, auch weinrote und kupferfarbene Sorten.