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ОглавлениеConvallaria majalis L. Maiglöckchen
Convallaria majalis L. Maiglöckchen, Brunfels 1532
Das in Deutschland in Eichen- und Buchenwäldern wild vorkommende und vielfach häufige, regional aber auch seltene Maiglöckchen ist seiner reizvollen, angenehm duftenden Blüten wegen schon frühzeitig in die Gärten gebracht worden. Auf vielen mittelalterlichen Gemälden, so auch auf dem um 1410 entstandenen »Paradiesgärtlein« eines oberrheinischen Meisters, wird es als Zierpflanze abgebildet. Damals diente die herzwirksame Glykoside enthaltende Art aber auch schon als Arzneipflanze und wurde von verschiedenen mittelalterlichen Schriftstellern als Stärkungsmittel für Herz und Gehirn empfohlen, so z.B. im »Gart der Gesundheit« von Konrad von Megenberg 1485. In der Mitte des 16. Jhs. war das Maiglöckchen in den deutschen Gärten bereits weit verbreitet. In den Kräuterbüchern dieser Zeit erscheint es unter dem Namen Lilium convallium, weil die deutschen Botaniker des 16. Jhs. es für die in der lateinischen Bibel (Vulgata) im Hohelied Salomos 2,1 genannte Pflanze lilium convallium hielten. (Luther übersetzte die hebräische Bezeichnung als »Rose im Tal«.) Als wissenschaftlicher Name war Lilium convallium lange in Gebrauch, bis Linnaeus 1737 hieraus den heutigen Gattungsnamen Convallaria formte. Als Volksname Liljenkonvalljen u.ä. lebt die alte Bezeichnung heute noch fort und ist auch in dem Flurnamen Lilienkonvallien-Wälle für die an Maiglöckchen reichen Oser-Rücken im Naturschutzgebiet Strausberg bei Berlin enthalten.
Neben der gewöhnlichen weißblühenden Form tritt in der Natur sehr selten auch eine rosablühende Mutante auf, die in Deutschland zuerst von Tabernaemontanus (1588) aufgeführt wird. 1613 erscheint sie als Lilium convallium flore incarnato im Hortus Eystettensis als Gartenpflanze und war fortan als Kuriosität auch anderswo in Gärten zu finden, so 1607/30 in Hessem und um 1660 im Lustgarten am Berliner Schloß. 1684 beschreibt Elsholtz dieses »Röthliche Mayenblümlein« wie folgt: »Die Wurtzel hievon ist an Farben röthlich/und also leicht zu unterscheiden von der gemeinen/welcher Wurzel weiß. Die Farbe dieser Blumen ziehet sich zuweilen auch auff Purpur oder Violenblau«, und gibt eingehende Kulturhinweise. 1773 heißt es bei Gleditsch über »Die rothe Mayblume«: »Wird im Garten besonders gezogen und zuweilen in Töpfen gehalten«. Heute ist diese (nicht sehr wüchsige) rötliche Form des Maiglöckchens nur noch selten und meist nur bei Liebhabern zu sehen.
Seit der 2. Hälfte des 18. Jhs. traten auch gefüllte Formen in Erscheinung. 1773 schreibt Gleditsch über »Die gefüllte Mayenblume«, sie werde zuweilen in Töpfen unterhalten, und gibt an: »Treibt die höchsten und stärksten Stängel mit großen gefüllten und öfters bunten, aus Rosenfarbe und weiß vermischten Blumen, die vorzüglich schön sind.« Auch eine Form mit weißpanaschierten Blättern ist seit dieser Zeit bekannt, aber wie die gefüllten Formen, heute kaum noch anzutreffen. Dagegen haben sich die durch Auslese entstandenen Formen mit größeren und zahlreicheren weißen Blüten (cv. ‘Grandiflora’) bis heute gehalten und spielen besonders in der Maiglöckchentreiberei eine große Rolle. Diese entwickelte sich im 19. Jh. und brachte in ihrer Blütezeit vor allem in den Wintermonaten Millionen von Blütentrauben auf den Markt, wobei das Zentrum Berlin war. Zur Anzucht der blühfähigen Rhizome (»Maiblumentreibkeime«) entstanden mancherorts in Deutschland Spezialkulturen, so seit 1879 in Drossen bei Frankfurt/Oder, wo sie vor 1914 einen Umfang von rund 25 ha erreicht hatten und wo alljährlich im Mai ein »Maiblumenfest« begangen wurde. Von hier und anderen Orten (z.B. Wittenberg, Werder, Güstrow, Vierlande bei Hamburg) aus gingen alljährlich Maiglöckchentreibkeime als Exportware in alle Welt.