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a) Nachrang des Darlehensrückzahlungsanspruchs

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In § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ist geregelt, dass der Gesellschafter mit seinem Anspruch auf Darlehensrückzahlung (§ 488 Abs. 1 S. 2 BGB) in der Insolvenz der GmbH zum nachrangigen Gläubiger wird. Der Nachrang bedeutet, dass er in der Schlange der Gläubiger ganz hinten steht. Der Gesellschafter bekommt erst dann etwas von seinem Geld (anteilig) zurück, wenn alle anderen Gläubiger vorher zu 100 % befriedigt worden sind. Das geschieht in der Praxis fast nie. Ob der Gesellschafter das Darlehen vor langer Zeit, in der Krise oder als Überbrückungskredit gegeben hat, ist gleichgültig.[125] Der Nachrang ist absolut. Die Gesellschafter dürfen ihre Forderungen erst dann beim Insolvenzverwalter anmelden, wenn sie gesondert vom Gericht dazu aufgefordert wurden (§ 174 Abs. 3 InsO).

Ausgangsfall

Die Gesellschafterin Tanja hat der MyTV GmbH im Juli 2014 ein Darlehen über 1 Mio. Euro gewährt, um der Firma aufgrund der angespannten Liquiditätslage „etwas Luft zu verschaffen“. Mit ihrem Anspruch auf Darlehensrückzahlung ist sie in der Insolvenz der MyTV GmbH nachrangige Gläubigerin (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Sie bekommt nur dann etwas von ihrem Geld zurück, wenn alle anderen Insolvenzgläubiger (Banken, Lieferanten, Arbeitnehmer, Finanzamt etc.) zu 100 % aus der vom Insolvenzverwalter verwerteten Masse befriedigt worden sind.

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Da nur „Gesellschafter“ unter den Anwendungsbereich fallen, ist der Begriff zu klären. Gesellschafter ist selbstverständlich, wer unmittelbar Geschäftsanteile an der GmbH hält (das steht in der Satzung). Was ist aber, wenn der Darlehensgeber nur „mittelbar“ bzw. indirekt mit der GmbH verbunden ist?

Beispiel

Gesellschafterin Maria ist mit 52 % an der MyTV GmbH beteiligt. Sie ist zugleich mit 60 % an der B-GmbH beteiligt. Nun gewährt die B-GmbH, die nicht Gesellschafterin der MyTV GmbH ist, dieser Firma ein Darlehen. Ist das Darlehen der B-GmbH im Fall der Insolvenz der MyTV GmbH nachrangig?


Nach der Rechtsprechung des BGH ist „Gesellschafter“ auch, wer mittelbar an dem Darlehensgeber (mit Einfluss) beteiligt ist. Das ist jemand mit Mehrheitsbeteiligung (51 % oder mehr) oder mit einer Beteiligung darunter, wenn er zugleich alleiniger Geschäftsführer ist.[126] Entscheidend ist die Möglichkeit der Einflussnahme. Daher fallen auch verbundene Unternehmen (vertikale und horizontale Beteiligungen)[127] sowie atypisch stille Gesellschafter (Mitwirkungs-, Kontroll- und Vermögensrechte)[128] in den Anwendungsbereich. Personen, die mit einem Gesellschafter verwandt sind und ein Darlehen geben (z.B. der Bruder von Maria gibt der MyTV GmbH ein Darlehen), können nicht als „Gesellschafter“ angesehen werden, wenn das Darlehen aus dem eigenen Vermögen gezahlt wird.[129] Ist der Gesellschafter vor der Insolvenz ausgeschieden, muss differenziert werden. Ist er im Anfechtungszeitraum des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO (innerhalb eines Jahres vor Eröffnung) ausgeschieden, wird er wie ein „aktiver Gesellschafter“ behandelt, d.h. sein Anspruch ist nachrangig. Ist er über ein Jahr zuvor ausgeschieden, ist er normaler Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO).[130]

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Die Regelung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ist rechtsformneutral. Die Sanktion trifft damit alle Gesellschaftsformen, die keinen „natürlich Haftenden“ haben (§ 39 Abs. 4 S. 1 InsO). Ob die Gesellschaft als GmbH, GmbH & Co. KG, UG (haftungsbeschränkt) oder AG organisiert ist, spielt keine Rolle. Die Norm des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO gilt daher auch für EU-Auslandsgesellschaften, wenn das Insolvenzverfahren in Deutschland eröffnet wird (z.B. für die englische Limited).[131]

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