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b) Zahlungseinstellung als Unterfall der Zahlungsunfähigkeit

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Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit über komplizierte Rechnungen (mit den Kriterien „Fälligkeit“ und „ernsthaftes Einfordern“) ist nicht erforderlich, wenn sich aus dem Gesamtverhalten des Schuldners ergibt, dass dieser seine Zahlungen eingestellt hat (§ 17 Abs. 2 S. 2 InsO). Im Fall der Zahlungseinstellung wird die Zahlungsunfähigkeit (widerlegbar) vermutet. Gerade bei der Insolvenzanfechtung (§§ 129 ff. InsO) oder der Geschäftsführerhaftung (§ 64 S. 1 GmbHG), die ebenfalls an das Kriterium der Zahlungsunfähigkeit anknüpfen, hält der BGH wenig vom Rechnen (= Liquiditätsbilanz), sondern urteilt lieber nach dem äußeren Eindruck. Liegen Indizien vor, die zeigen, dass der Schuldner nur noch „Löcher stopft“, erfolgt die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit rückblickend anhand der „Zahlungsmoral“ (ex post-Betrachtung). Grund dieser „Zahlungsmoral-Betrachtung“ ist, dass der BGH im Anfechtungsrecht Zeiträume weit vor dem Eröffnungsantrag beurteilen muss, für die keine exakten Liquiditätsrechnungen vorliegen.

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So genügt nach Ansicht des BGH für die Annahme einer Zahlungseinstellung die bloße Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten, ohne dass konkret (nach der 10 %-Regel) gerechnet werden muss.[20] Das kann auch nur eine einzige (beträchtliche) Verbindlichkeit sein.[21] Weitere Indizien sind die Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen über sechs Monate oder eine dauernd schleppende Zahlungsweise (Löhne, Steuern),[22] das Herschieben eines Forderungsrückstandes[23] sowie das Unterlassen von Zahlungen, die für die Aufrechterhaltung eines Unternehmens existentiell sind (z.B. Stromversorgung).[24] Hat der Schuldner eine Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen, besteht die Zahlungseinstellung bereits in der Nichtzahlung der ersten Rate.[25] Die bloße Bitte um Ratenzahlung ist dagegen nicht relevant.[26] Da es sich bei den Indizien um eine widerlegbare Vermutung handelt, können die Leitungsorgane diese Vermutung durch Gegenbeweise entkräften (z.B. Liquiditätslücke weniger als 10 %).[27]

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