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b) Missbrauch der Befugnisse oder Stellung als Amtsträger
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Nach § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 liegt in der Regel ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vor, wenn der Täter seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger missbraucht.
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Amtsträger ist nach § 7 AO,[813] wer
1. | nach deutschem Recht Beamter oder Richter (§ 11 Abs. 1 Nr. 3 StGB) ist, |
2. | in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht oder |
3. | sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. |
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Teilweise wird von Stimmen in der Literatur verlangt, der Amtsträgerbegriff sei nach Sinn und Zweck des § 370 Abs. 3 auf Amtsträger einer Finanzbehörde oder sonst mit Steuerangelegenheiten befasste Behörden zu beschränken.[814]
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Bei der Amtsträgerschaft handelt es sich um ein besonderes persönliches Merkmal i.S.d. § 28 Abs. 2 StGB, mit der Folge, dass die Strafschärfung nur für den Täter oder Teilnehmer in Betracht kommt, der selbst Amtsträger ist. Für Mittäter wird dann allerdings in der Regel die Strafschärfung des § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 eingreifen.
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Nach höchstrichterlicher Rspr. greift § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 sowohl dann ein, wenn die Steuerhinterziehung durch einen unzuständigen Amtsträger[815] begangen wird, als auch wenn dieser zuständig ist.[816] Aus dem Wortlaut der Norm ergibt sich keine Beschränkung, die gegen die Einbeziehung des zuständigen Amtsträgers sprechen würde. Nach der Rspr. setzt die für eine Tatbestandsverwirklichung erforderliche kausale Verknüpfung zwischen den unrichtigen Angaben und dem Eintritt der Steuerverkürzung auch keine gelungene Täuschung mit Irrtumserregung beim zuständigen Finanzbeamten voraus[817] (s. dazu Rn. 229). Angaben gegenüber einer Finanzbehörde sind nach der Rspr. vielmehr schon dann gemacht, wenn sie so in deren steuerliches Verfahren eingespeist werden, dass sie zur Grundlage der Steuerfestsetzung oder Erhebung werden, selbst dann, wenn dies von niemandem sonst überhaupt nur zur Kenntnis genommen wird oder zur Kenntnis genommen zu werden pflegt.[818]
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Der Amtsträger muss bei der Tatbegehung seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger missbrauchen. Ein Missbrauch der Amtsträgerstellung setzt voraus, dass der Amtsträger die Tatunter Ausnutzung der ihm durch sein Amt verliehenen Möglichkeiten begeht. Ein Missbrauch der Amtsstellung liegt daher nicht vor, wenn ein BGS-Beamter außerhalb seiner Zuständigkeit Waren schmuggelt, und ihm dies allein aufgrund seiner Zugehörigkeit zum BGS erleichtert wird.[819] Andererseits begeht „eine in sein Amt einschlagende pflichtwidrige Handlung nicht nur derjenige, der eine Tätigkeit vornimmt, die an sich in den Kreis seiner Amtspflichten fällt, sondern auch derjenige, der seine amtliche Stellung dazu missbraucht, eine durch die Dienstvorschriften verbotene Handlung vorzunehmen, die ihm gerade seine amtliche Stellung ermöglicht. Denn ein solcher Missbrauch der amtlichen Stellung ist keine Privattätigkeit, sondern eine pflichtwidrige Amtshandlung“.[820]
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Die strafschärfende Regelwirkung des § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 kann aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalles widerlegt werden (s. dazu auch Rn. 301), was insb. bei einem nur geringen Hinterziehungsbetrag in Betracht kommt.[821] Das OLG Brandenburg hat einen besonders schweren Fall entspr. der damals angenommenen Geringwertigkeitsgrenze des § 243 Abs. 2 StGB bei einem Hinterziehungsbetrag von 50 DM wegen Geringfügigkeit ausgeschlossen.[822] Wo die Geringwertigkeitsgrenze des § 243 Abs. 2 StGB heute liegt, wird in der Rspr. uneinheitlich beurteilt, häufig wird sie bei ca. 50 EUR angesetzt.[823] Das LG Dresden hat demgegenüber einen besonders schweren Fall bei einer Verkürzung von 500 DM abgelehnt,[824] das LG Saarbrücken – für einen Fall der Mitwirkung eines Amtsträgers gem. § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 – bei erschlichenen Erstattungsbeträgen in Höhe von ca. 20 000 DM.[825]
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Der Amtsträger verwirklicht regelmäßig zugleich den Tatbestand der Untreue (§ 266 StGB),[826] obwohl § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 typischerweise den Unrechtsgehalt des Untreuetatbestandes bereits erfasst. Grund dafür ist, dass es sich bei § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 lediglich um eine Strafzumessungsregel und nicht um eine tatbestandliche Änderung handelt. Regelbeispiele haben keine Auswirkung auf die Frage der Konkurrenzen (auch wenn das teilweise, z.B. im Verhältnis von § 243 zu §§ 303 und 123 StGB abweichend beurteilt wird).[827] Allerdings muss der Tatrichter bei einer Verurteilung aus dem erhöhten Strafrahmen des § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 berücksichtigen, dass damit regelmäßig das typische Unrecht des Straftatbestandes nach § 266 StGB abgegolten ist und nicht nochmals strafschärfend berücksichtigt werden darf.[828]