Читать книгу Der Dreißigjährige Krieg Band 1-3: Der Winterkönig / Der tolle Halberstädter / Der Hexenbrenner - Jörg Olbrich - Страница 39

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Wien, 11. Juli 1619

»Wo ist das Weibsbild?«

Anton fuhr hoch und wäre vor Schreck fast aus dem Bett gefallen. Verwirrt schaute er auf und blickte in von Collaltos zornesrotes Gesicht.

»Seid Ihr von allen guten Geistern verlassen? Ihr weckt noch den ganzen Kaiserhof auf, wenn Ihr hier so herumschreit!«

»Sagt mir, wo Ihr dieses verfluchte Weibsbild versteckt haltet!«

Der Kerl meint Resi. Anton verstand jetzt, warum der Feldherr wie ein Irrwisch in seine Kammer geplatzt war. Er musste irgendwie von Vronis Schwester erfahren haben.

»Beruhigt Euch«, sagte Anton, der Resi auf keinen Fall an den Kerl verraten würde, damit der sie genauso aus dem Weg schaffte wie ihre Schwester.

»Ich will jetzt auf der Stelle wissen, wo das Weib ist und was Ihr mit ihm zu schaffen habt!«

»Sie ist in Sicherheit und da wird sie auch bleiben. Ich werde nicht zulassen, dass Ihr der jungen Frau etwas antut.«

»Sie ist eine Gefahr für uns beide!«

»Wenn ihr mit Eurem Geschrei nicht dem ganzen Kaiserhof erzählt, was passiert ist, wird Resi nichts von dem Mord an ihrer Schwester erfahren!«, zischte Anton mit Nachdruck.

»So heißt sie also. Bringt mich zu ihr!«

»Das werde ich nicht tun!« Entschlossen erwiderte Anton den Blick des Feldherrn. Er würde sich von von Collalto nicht einschüchtern lassen. »Was tut ihr überhaupt hier?«

»Ich begleite den König nach Frankfurt«, antwortete der Feldherr herablassend.

Das hätte ich mir eigentlich denken können. Am heutigen Tag wollte Ferdinand mit seinem Gefolge aufbrechen, um seine Wahl zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches vorzubereiten. Auch Anton sollte mit ihm nach Frankfurt reisen. Von Collalto war demnach für den Schutz des Königs verantwortlich. Anton atmete erleichtert auf. Wenn sie beide zusammen auf Reisen gingen, war sichergestellt, dass der Kerl Resi während seiner Abwesenheit nichts antun konnte.

»Was ist nun? Sagt Ihr mir jetzt, wo Ihr das Weib versteckt haltet?«

»Sie weiß nicht, was mit ihrer Schwester passiert ist und wird es von mir auch nicht erfahren.«

»Das soll sie mir selbst sagen!«, brauste von Collalto auf.

»Seid Ihr noch bei Trost? Ihr macht sie nur hellhörig, wenn ihr sie jetzt befragt. Sie denkt, dass ihre Schwester aus freien Stücken aus Wien abgehauen ist. Dabei sollten wir es belassen.«

»Dennoch bin ich der Meinung, dass wir sie aus dem Weg schaffen sollten!«

»Ich lasse Resi bei mir in der Bibliothek arbeiten, damit ich sie im Auge behalten kann. Ich sage es noch einmal: Es geht keine Gefahr von ihr aus!«

»Ihr werdet für einige Zeit weg sein. Wer passt dann auf das Weib auf?«

»Sie bleibt in der Bibliothek. Ich habe Resi in den letzten Wochen kennengelernt. Sie ist froh, dass sie hier einen Platz gefunden hat.«

»Ihr garantiert mir, dass sie niemals erfahren wird, was mit ihrer ehrlosen Schwester passiert ist?«

»Ihr habt mein Wort!«

Der Spanier zögerte kurz, nickte dann aber doch und wurde ruhiger. »Gut. Ich vertraue Euch. Sollte aber jemals ein Mensch vom Tod der Hure erfahren, werde ich Euch zur Rechenschaft ziehen. Dann wird nicht nur die Kleine aus Pressburg sterben!«

***

»Warum kannst du mich nicht mitnehmen?«

Weil dich von Collalto dann bei der ersten Gelegenheit umbringen würde. »Ich habe dir gesagt, dass das nicht geht. Zum einen ist es viel zu gefährlich für dich-« Du glaubst gar nicht wie gefährlich, »… und zum Zweiten habe ich zu arbeiten und kann mich nicht um dich kümmern.«

»Das tust du hier aber doch auch«, entgegnete Resi.

»Was?«

»Arbeiten und dich gleichzeitig um mich kümmern.«

»Das ist etwas anderes.«

»Das verstehe ich nicht.«

»Doch, das tust du, Resi. Ich habe dich zu mir in die Bibliothek geholt, weil ich deine Schwester gekannt habe und du nicht wusstest, wohin du gehen solltest.«

»Wieso gekannt hast

»Weil ich sie eben kenne« Anton hielt für einen Moment inne. Hatte ihn sein kleiner Versprecher verraten? Als Resi nicht weiter auf Vroni einging, sprach er weiter. »Ich gebe zu, dass du hier sehr gute Arbeit leistest und ich froh bin, dich bei mir zu haben. Ich kann dich aber unmöglich mit nach Frankfurt nehmen.« Erst recht nicht, seitdem ich weiß, dass uns von Collalto begleitet!

Resi sah Anton traurig an, doch der blieb hart. Sie führten dieses Gespräch nicht zum ersten Mal. Er konnte verstehen, dass seine Helferin Angst hatte, alleine in der Bibliothek des Kaiserhofs zu bleiben, hatte ihr aber mehrfach versichert, dass sie hier in Sicherheit war. Albert würde ein Auge auf sie haben. Das hatte er Anton versprochen.

In den ersten Tagen hatte Resis Anwesenheit in der Bibliothek für Gesprächsstoff unter den Bediensteten gesorgt. Durch ihr freundliches Wesen war sie aber inzwischen bei den meisten beliebt. Erzherzog Ferdinand hatte Anton verwundert angesehen, als er ihm in der Bibliothek einen seiner seltenen Besuche abgestattet hatte, aber nie etwas zu Resis Anwesenheit dort gesagt. Zu tun gab es für die junge Frau genug. Anton hatte nicht gelogen, als er sich bei Albert über die verstaubten Dokumente beklagt hatte. Weil Resi sehr gut lesen konnte, war sie ihm außerdem eine große Hilfe beim Archivieren der Schriften. Zeidler hatte doch vieles unsortiert liegen lassen müssen, als seine Augen schlechter geworden waren.

»Wie lange wirst du weg sein?«

»Ich weiß es nicht. Es kann aber ein paar Wochen dauern, bis ich wieder hier bin. Vermutlich wird Ferdinand zum Kaiser gewählt. Danach wird er wohl bis zu seiner Krönung in Frankfurt bleiben.«

»Ich werde hier vermodert sein, wenn du zurückkehrst.« Schmollend schob Resi ihre Unterlippe vor.

Anton lachte los. »Es wird dir hier gut gehen! Wenn du wirklich einmal nichts zu tun hast, schau dir Wien an. Die Stadt hat einiges zu bieten.«

»Vielleicht mache ich das.«

Nun war der Moment gekommen, an dem Anton sich von Resi verabschieden musste. Ein wenig mulmig war ihm schon zu Mute. Immerhin kam Resi aus Pressburg, wo nicht alle froh über Ferdinands Krönung gewesen waren. Daran, dass sie eine Verräterin sein konnte, glaubte Anton dennoch nicht. In den letzten Wochen hatte er gelernt, ihr zu vertrauen. Es war besser, sie passte auf die Bibliothek auf, als wenn es gar niemand tat.

»Ich muss jetzt gehen.«

Zunächst drehte sich Resi von Anton weg und tat so, als sei sie beleidigt. Dann warf sie sich ihm um den Hals und drückte ihn fest an sich. »Kehre gesund zurück!«

***

Der Tross, der Ferdinand nach Frankfurt begleiten sollte, war um einiges größer als der mit dem er nach Pressburg gereist war. Anton schätzte, dass es alleine die dreifache Anzahl an Soldaten war, die zum Abmarsch bereitstand. Von Collalto war bei seinen Männern und nickte Anton kurz zu als dieser auf den Platz trat. Ferdinand selbst war noch nicht anwesend.

Anton freute sich auf die Reise, auch wenn das für ihn bedeutete, wieder mehrere Tage auf dem Rücken eines Pferdes zu sitzen. Er war gespannt, was Frankfurt zu bieten hatte. Dort würde er sicher mehrere Wochen zubringen und genug Zeit bekommen, sich die Stadt anzuschauen. Auf keinen Fall wollte er das in weiblicher Begleitung tun und sich auch sonst von den Damen fernhalten. Die Auswirkungen seiner Reise nach Pressburg hatten ihm gereicht und waren, wenn er an Resi dachte, auch noch lange nicht ausgestanden.

Endlich kam auch der König und die Reise nach Frankfurt konnte beginnen. Das erste große Ziel des Trosses würde München sein. Von dort aus sollte es dann gemeinsam mit Erzherzog Maximilian von Bayern und seinem Gefolge weiter gehen.

Die Bürger aus Wien hatten sich an den Seiten der Straße zum Haupttor versammelt und jubelten ihrem Erzherzog zu. Sie alle hofften, Ferdinand bei seiner Rückkehr als Kaiser willkommen heißen zu können. Anton genoss das Bad in der Menge, auch wenn nur die wenigsten überhaupt Notiz von dem Chronisten nahmen. Es war schön zu sehen, dass der Erzherzog von den Menschen verehrt wurde. Wenn er daran dachte, wie unbeliebt Ferdinand im ungarischen Reich war, verstand er nicht, was diesen dazu bewogen hatte, die dortige Krone überhaupt anzunehmen.

Bereits zu Beginn ihrer langen Reise spürte Anton die enorme Hitze. Die Sonne hatte ihren höchsten Stand noch lange nicht erreicht und trotzdem klebte die Kleidung bereits auf seiner Haut fest. Bis zur ersten Rast würden noch ein paar Stunden vergehen. An das Reiten würde er sich niemals gewöhnen.

Anton hing seinen Gedanken nach und schaute überrascht auf, als von Collalto auf einmal neben ihm ritt. Er hatte nicht bemerkt, wie sich der Feldherr genähert hatte. Seinem Geruch zufolge litt er unter der Hitze ebenso wie Anton selbst.

»Ich finde Euer Handeln immer noch sehr leichtsinnig«, sagte von Collalto in gedämpftem Ton.

Sagt ein Mann, der alle seine Probleme mit Gewalt löst. »Von Resi geht keine Gefahr aus. Ihr könnt mir da vertrauen!«

»Es wird lange dauern, bis Ihr wieder in Wien seid. Da kann viel passieren.«

»Wie meint ihr das?«

»Das Weib wird sicher nach seiner Schwester suchen.«

»Sie wird sie nicht finden.«

»Aber Fragen stellen.«

»Was soll schon passieren?«, wollte Anton ärgerlich wissen. »Der Einzige, der immer wieder über die Sache spricht, seid Ihr!«

»Ich bin eben vorsichtig.«

Du bist ein Teufel!

»Ich habe Vorkehrungen getroffen, dass das Weib tatsächlich schweigen wird.«

»Wie meint Ihr das?« Anton fuhr der Schrecken durch alle Glieder.

»Einer meiner Männer wird sie beobachten. Sobald sie damit anfängt, die falschen Fragen zu stellen, ist sie tot.«

»Das könnt Ihr nicht machen!« Anton war entsetzt darüber, wie kaltblütig der Feldherr über Leben und Tod entschied.

»Wenn sich die Kleine ruhig verhält, wird ihr nichts geschehen.«

»Ihr seid ein elender Mörder!«

Der Dreißigjährige Krieg Band 1-3: Der Winterkönig / Der tolle Halberstädter / Der Hexenbrenner

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