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Frankfurt, 28. August 1619

Eintrag in die kaiserliche Chronik des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation:

Während der Kanzler in Frankfurt die Kaiserwahl auf den heutigen Tag festgesetzt hat, spitzt sich die Lage im Reich weiter zu.

Nach der Absetzung Ferdinands als König von Böhmen haben die protestantischen Stände in Prag den Kurfürsten Friedrich von der Pfalz zu seinem Nachfolger gewählt. Nachdem sich bereits die Niederlande offen zu den protestantischen Ständen in Böhmen bekannten, haben sich nun die Stände Mährens, Schlesiens, der Ober- und Niederlausitz, Ober- und Niederösterreichs und Böhmens zu einer Konföderation zusammengeschlossen.

Auch in Ungarn haben die Stände Ferdinand als ihren König abgesetzt und Bethlen Gábor, den Fürsten von Siebenbürgen, zu ihrem Herrscher gewählt.

Unterdessen bereitet sich Wien auf eine drohende Belagerung vor. Flugblätter empfehlen, dass sich die Bürger mit Vorräten für eineinhalb Jahre eindecken sollen. Erzherzog Leopold hat im Namen Ferdinands ein Mandat erlassen, dass man in Niederösterreich in allen Städten und auf allen Märkten jegliches Kriegsvolk aufhalten und sich seiner bemächtigen soll.

Niedergeschlagen ließ Anton die Feder sinken. Die Nachrichten, welche von den Boten in den letzten Tagen nach Frankfurt gebracht worden waren, deuteten immer mehr auf einen bevorstehenden Krieg hin. Die protestantischen Stände strebten gen Wien. Eine erneute Belagerung der Stadt schien unausweichlich.

Anton hoffte, dass es bei der heutigen Wahl endlich zu einer Entscheidung zu Gunsten Ferdinands kam. Wien brauchte seinen Kaiser, und auch er selbst wollte so schnell wie möglich in seine Heimat und zu seinen Eltern zurück. Immer öfter dachte Anton auch an Resi, die er mehr vermisste, als er es sich selbst eingestehen wollte.

In den letzten Wochen waren die Sitzungen zur Wahl des Kaisers sehr schleppend vorangegangen. Ferdinand hatte sogar die Zeit gefunden, gemeinsam mit dem Kurfürsten von Köln und dem Landgrafen Ludwig zu Hessen nach Darmstadt zu reisen, um dort an einer Jagd teilzunehmen.

Am 8. August war endlich die sächsische Vollmacht in Frankfurt eingetroffen, und die Vereidigung der Frankfurter zur Vorbereitung der Wahl hatte begonnen. Mitglieder der Reichskanzlei waren mit Trompetern durch die Gassen der Stadt gezogen, um zu verkünden, dass alle Fremden, ausgenommen der Kurfürsten und ihrer Abordnungen, die Stadt verlassen mussten.

Anton spürte die Aufregung in sich aufsteigen. Endlich war es soweit. Ferdinand würde zum Kaiser gewählt und er selbst damit zum ersten Schreiber des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Er vertraute darauf, dass seine Majestät die protestantischen Stände in ihre Schranken weisen würde, wenn er selbst erst einmal die Macht im Reich übernommen hatte. Er wollte nicht daran denken, welches Leid über die Menschen kommen konnte, wenn sie tatsächlich am Beginn eines jahrzehntelangen Krieges standen.

***

»Ich erkenne Friedrich als König nicht an!«, sagte Erzherzog Ferdinand entschlossen und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Ich bin der rechtmäßige Herrscher in Böhmen und werde daher für dieses Reich meine Stimme abgeben.«

Bevor die eigentliche Wahlzeremonie beginnen konnte, hatte der Reichskanzler die Kurfürsten zu einer letzten Sitzung zusammengerufen. Keiner der protestantischen Gesandten wagte es, den Worten Ferdinands zu widersprechen, sodass der feierlichen Wahl nun nichts mehr im Wege stand.

Während dieser Zusammenkunft wurden in der Zeit von 7:00 Uhr bis 8:00 Uhr die Kirchenglocken geläutet. Vom Römer aus setzte sich dann die Prozession in Richtung des Kaiserdoms St. Bartholomäus in Bewegung.

Vor dem Römer stand die jubelnde Bürgerschaft bereit und bildete eine Gasse, durch die der angehende Kaiser mit der königlichen Krone auf erhobenem Haupt schritt. Unter dem tosenden Beifall der Massen folgten ihm zunächst die drei bischöflichen Kurfürsten aus Mainz, Trier und Köln. Danach die anderen Kurfürsten und deren Gesandte.

Nach einer heiligen Messe im Kaiserdom schritten die Stimmberechtigten zur Wahl. Auch wenn es nur einen Sieger geben konnte, starrte Anton wie gebannt auf den Reichskanzler, der es sich nicht nehmen ließ, die Auszählung persönlich vorzunehmen.

»Die Wahl ist einstimmig!«, verkündete der Reichskanzler feierlich und ein Raunen ging durch die Kirche. »Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation ist Ferdinand II.«

Die katholischen Kurfürsten brachen in Jubelstürme aus und klatschten begeistert Beifall. Hochrufe schallten durch den Dom und jeder wollte der Erste sein, der dem neugewählten Kaiser zu seinem Sieg gratulierte. Es war ein heilloses, aber freudiges Durcheinander. Ferdinand stand auf und nahm die Glückwünsche zufrieden entgegen.

Anton konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als er in die finsteren Mienen der protestantischen Vertreter schaute. Letztlich hatten sie die Wahl des ihnen verhassten Habsburgers nicht verhindern können. Es blieb abzuwarten, welche Folgen der heutige Tag für das Reich haben würde. Konnte es noch eine friedliche Lösung geben, oder war der Krieg nun unvermeidbar? Anton beschloss, sich später mit diesen Problemen auseinanderzusetzen. Zunächst einmal galt es, den Kaiser gebührlich zu feiern.

»Ich lege die Krönung auf den 9. Tag im September fest«, verschaffte sich der Reichskanzler Gehör. Seiner zufriedenen Miene war zu entnehmen, wie erleichtert auch er über das erfolgreiche Ende der Wahl war.

Anton jedoch war entsetzt, als er hörte, dass es nun noch weitere zwei Wochen dauern würde, bis die Krönungszeremonie abgehalten werden würde. Allerdings wusste er auch, wie viele Vorbereitungen noch zu treffen waren. Vor allem galt es jetzt, Krone, Zepter und andere Ornate aus Aachen und Nürnberg nach Frankfurt bringen zu lassen.

Der Reichskanzler verließ die Kirche als Erster. Es folgten Ferdinand und die Kurfürsten. Wieder läuteten die Glocken und die Geschütze auf dem Vorplatz des Römers wurden abgefeuert. Sofort mischten sich die Jubelrufe des Volkes, das sich zu Tausenden auf dem Vorplatz des Römers versammelt hatte, in die Donnerschläge der Kanonen. Als der Kanzler das Ergebnis der Wahl verlas, kannte die Begeisterung der Massen keine Grenzen mehr.

Während die Kurfürsten mit ihrem Gefolge und den Bürgern aus Frankfurt bis spät in die Nacht feierten, verließ der Gesandte der Pfalz die Stadt noch am gleichen Tag. Er würde dem neugewählten König in Böhmen nichts Gutes zu berichten haben.

Der Dreißigjährige Krieg Band 1-3: Der Winterkönig / Der tolle Halberstädter / Der Hexenbrenner

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