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aa) Die Einleitung des Verfahrens

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Die Vorstufe des Verfahrens gliedert sich in zwei Abschnitte: zuerst die Verfahrenseinleitung, gefolgt von der Bestellung der Mitglieder des Spruchkörpers und der Berichterstatter.

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In Hinblick auf die Verfahrenseinleitung ist danach zu unterscheiden, ob es sich um eine Nichtigkeitsklage oder um eine präjudizielle Frage handelt. Bezüglich der Nichtigkeitsklage sei hinsichtlich der Form des Antrags,[217] der Klagefristen[218] sowie des nachzuweisenden Klageinteresses[219] auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.

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Im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens wird der Gerichtshof vom vorlegenden Gericht durch die Übermittlung einer Ausfertigung der Verweisungsentscheidung befasst, die sowohl vom Präsidenten als auch vom Greffier des vorlegenden Gerichts unterzeichnet werden muss. In diesem Dokument werden die Normen, die Gegenstand der präjudiziellen Frage sind, konkret bezeichnet.[220] Hier ist erneut darauf hinzuweisen, dass ein Vorabentscheidungsverfahren nicht fristgebunden ist. So kann es sein, dass der Verfassungsgerichtshof sich zur Verfassungsmäßigkeit von Normen äußert, die lange vor seiner Einsetzung verabschiedet wurden.[221]

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Alle Rechtssachen werden in der Reihenfolge ihres Eingangs in der Kanzlei durch den Greffier in die Liste (rôle) eingetragen und unabhängig von der Art des Streitfalls mit einer Listennummer, also einem Aktenzeichen, versehen.[222] Sie können in französischer, niederländischer oder deutscher Sprache eingereicht werden; behandelt werden sie jedoch ausschließlich in französischer oder niederländischer Sprache. Es sei daran erinnert, dass der amtierende Präsident dem jeweils anderen Präsidenten seine Befugnisse übertragen muss, wenn die Rechtssache in der Sprache des letzteren untersucht wird.[223]

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Nach dieser Verfahrenseinleitung bestellt der amtierende Präsident die Mitglieder des Spruchkörper sowie die Berichterstatter. Da der Gerichtshof keine Kammern hat, wird jede Sache einem Spruchkörper zugeteilt. Grundsätzlich werden die Rechtssachen von einem Kollegium aus sieben Richtern bearbeitet (ordentlicher Spruchkörper), dem die beiden – an allen Rechtssachen beteiligten – Präsidenten und fünf Richter angehören, die nach einem komplexen Rotationsverfahren bestimmt werden.[224] Dieses System bietet Gewähr dafür, dass in jeder Rechtssache mindestens drei Richter einer jeden Sprachgruppe tagen und dass immer mindestens zwei ehemalige Parlamentarier und zwei Richter mit juristischer Qualifikation vertreten sind.

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Die Präsidenten können jedoch beschließen, die Sache dem Plenum vorzulegen (also zehn bis zwölf Richtern). Jeder der beiden Präsidenten kann diese Entscheidung treffen, wenn er sie für notwendig erachtet. Dazu verpflichtet sind sie allerdings, wenn unter den sieben Richtern, die normalerweise den Spruchkörper bilden, zwei Richter dies beantragen.[225]

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Eine weitere Besonderheit besteht schließlich für den Fall der Anwendung des A-limine-Verfahrens nach Art. 71 SGVerfGH. Hier kann eine „kleine Kammer“ gebildet werden, die sich aus zwei Berichterstattern und dem Präsidenten zusammensetzt und die im Rahmen eines Filterverfahrens die beschleunigte Beendigung eines Verfahrens herbeiführt.

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Für jedes Verfahren werden zwei Berichterstatter bestimmt, die jeweils einer anderen Sprachgruppe angehören.[226] Nach Abschluss einer ersten Untersuchung der Rechtssache entscheiden sie, ob das normale Verfahren anwendbar ist oder die Sache im Rahmen eines A-limine-Verfahrens beendet werden soll. Das A-limine-Verfahren wurde in das SGVerfGH aufgenommen, nachdem der Gerichtshof für Klagen von Privatpersonen zugänglich gemacht wurde. Mit dessen Einführung sollte vermieden werden, dass der Gerichtshof unnötig mit individuellen Klagen überschwemmt wird. So wird im SGVerfGH zwischen verschiedenen Anwendungsfällen dieses Verfahrens unterschieden. Gemäß Art. 71 können Klagen, die offensichtlich unzulässig sind oder klar außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Gerichtshofes liegen, von einer auf drei Richter beschränkten „kleinen Kammer“ abwiesen werden. Demgegenüber bezieht sich Art. 72 SGVerfGH auf offensichtlich unbegründete Klagen, auf präjudizielle Fragen, die eindeutig negativ beantwortet werden müssen, und auf Rechtssachen, die durch einen sogenannten Entscheid in unverzüglicher Beantwortung (arrêt de réponse immédiate) erledigt werden können.[227]

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