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2.Sicherung des Lebensunterhaltes

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160Ferner muss der Lebensunterhalt gesichert sein. Gemäß der Legaldefinition in § 2 Abs. 3 AufenthG ist dies der Fall, wenn der Ausländer seinen Lebensunterhalt einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Der Unterhaltsbedarf umfasst neben dem ausreichenden Krankenversicherungsschutz auch die Kosten für die Unterkunft. Bei der Definition der öffentlichen Mittel bleiben das Kindergeld, der Kinderzuschlag, das Erziehungsgeld, das Elterngeld und Leistungen nach dem BaföG, Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz, Unterhaltsvorschussgesetz sowie solche öffentliche Mittel außer Betracht, die auf Beitragsleistungen beruhen oder die gewährt werden, um den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen. Daraus folgt, dass die Inanspruchnahme dieser Leistungen einer ausreichenden eigenständigen Sicherung des Lebensunterhalts nicht entgegensteht.

161Die Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 2 Abs. 3 AufenthG dient dem Zweck, die öffentlichen Haushalte davor zu bewahren, den Lebensunterhalt von Ausländern mit öffentlichen Mitteln sichern zu müssen1. Die Sicherung des Lebensunterhaltes gehört deshalb zu den wichtigsten Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern. Die Ausländerbehörden haben daher kein Ermessen bei der Überprüfung der Sicherung des Lebensunterhalts2. Allerdings ist im AufenthG nicht im Detail definiert, welches Einkommen oder welcher Lohn erzielt werden muss, um eine Sicherung des Lebensunterhalts annehmen zu können. Lediglich für bestimmte Arten von Aufenthaltserlaubnissen (wie insbesondere Aufenthaltserlaubnisse nach den §§ 16a bis 16c, 16e und 16f (Ausbildung, Studium, Praktikum, Sprachkurse) hat der Gesetzgeber in Anlehnung an die Bedarfssätze des BaföG Mindestbeträge bestimmt (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 5und 6 AufenthG). In der Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass ein wesentlicher Anhaltspunkt für die Ermittlung des notwendigen Lebensunterhaltes die Regelbedarfssätze der §§ 20 ff. SGB II und die aufgrund des § 28 SGB XII ermittelten Regelsätze sind3.

162Ausnahmen werden vom Regelerfordernis der Lebensunterhaltssicherung zugelassen, wenn die Verweigerung eines Aufenthaltstitels ungeachtet der damit verbundenen Belastung der sozialen Systeme schlechthin unvertretbar wäre. Dabei sind der Grad der Integration der Familie in Deutschland, die Höhe des Anspruchs auf Sozialleistungen, der Beitrag des Nachziehenden zum Familienunterhalt zu berücksichtigen4. Beim Nachzug in eine Familie, der ein deutscher Staatsangehöriger angehört, kommt dem fiskalischen Interesse an der Vermeidung von Belastungen des Sozialsystems ein geringeres Gewicht zu als beim Nachzug in eine rein ausländische Familie.5

163Die Bestreitung des Lebensunterhalts kann aus eigener Erwerbstätigkeit oder auf andere Weise, z. B. durch eigenes Vermögen erfolgen. Die Fähigkeit hierzu darf nicht nur vorübergehend sein. Dies gilt insbesondere bei Ausländern, die sich dauerhaft im Bundesgebiet niederlassen möchten. Daher muss im Falle eines Beschäftigungsverhältnisses dieses in der Regel unbefristet oder zumindest verlängerbar und nicht gekündigt sein. Maßgeblich für die Prognose über die Sicherung auf gewisse Dauer ist aber auch der Verlauf der bisherigen Erwerbstätigkeit des Ausländers6. Es muss grundsätzlich zu erwarten sein, dass ein Ausländer, dessen Aufenthalt auf Dauer angelegt ist, seinen Lebensunterhalt und denjenigen der mit ihm in einer „Bedarfsgemeinschaft“ zusammenlebenden Mitglieder der Kernfamilie dauerhaft ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen bestreiten kann7.

164Unter welchen Voraussetzungen von einer dauerhaften „Sicherung“ des Lebensunterhalts im Falle von Leistungen Dritter ausgegangen werden kann, ist umstritten8. Maßgeblich ist, ob im Einzelfall hinreichende Gewähr für eine dauerhafte Finanzierung des Lebensunterhalts ohne die Notwendigkeit der Inanspruchnahme von sozialer Hilfe, insbesondere nach SGB II oder SGB XII besteht. Ob ein Anspruch auf öffentliche Leistungen für den Lebensunterhalt besteht, bestimmt sich bei erwerbstätigen Ausländern nach den entsprechenden Bestimmungen über die „Bedarfsgemeinschaft“ nach § 9 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 7 Abs. 3 SGB II9. Beim Ehegattennachzug darf allerdings der Freibetrag für Erwerbstätigkeit nach den Regeln des § 11 b SGB II nicht zu Lasten des nachzugswilligen Ausländers angerechnet werden10.

165Generell ist bei Ehegatten- und Kindernachzug im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Familienschutz zu prüfen, ob nicht besondere Umstände eine Ausnahme vom Erfordernis der Lebensunterhaltssicherung gebieten11. Bei der Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug hat der Gesetzgeber in § 2 Abs. 3 Satz 3 ausdrücklich vorgeschrieben, dass Beiträge der Familienangehörigen zum Familieneinkommen zu berücksichtigen sind. Ob bei der Niederlassungserlaubnis Beiträge der Familienangehörigen in die Berechnung des Haushaltseinkommens einzubeziehen sind, ist dagegen streitig12. Eine Ausnahme vom Erfordernis der Sicherung des Lebensunterhalts für die Bedarfsgemeinschaft ist beim Familiennachzug zu einem deutschen Staatsangehörigen geboten, wenn ein Ausländer mit einem (sozialhilfebedürftigen) Deutschen in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, er aber mit seinem Erwerbseinkommen seinen eigenen Bedarf decken könnte13.

166Die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 für Inhaber einer humanitären Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 und 2 Satz 1, 1. Alternative setzt eine 5-jährige Aufenthaltsdauer und eine „überwiegende“ Sicherung des Lebensunterhalts voraus und überlässt es daher der Verwaltungspraxis und der Rechtsprechung, zu entscheiden, was eine überwiegende Lebensunterhaltssicherung bedeutet14. Im Übrigen gilt für Inhaber einer humanitären Niederlassungserlaubnis das Erfordernis der Lebensunterhaltssicherung15.

167Entsprechendes gilt für Unterhaltsleistungen. Z. T. wird vertreten, dass auch freiwillige Leistungen Dritter zur Sicherung des Lebensunterhaltes im Sinne des § 2 Abs. 3 AufenthG beitragen können16. Diese Möglichkeit kommt aber nur ausnahmsweise in Betracht, weil die Sicherung des Lebensunterhaltes in erster Linie aus eigener Kraft, d. h. durch eigenes Erwerbseinkommen des Ausländers erfolgen soll. Freiwillige Leistungen Dritter sind von vornherein mit Unsicherheit und Risiken behaftet17. Es werden deshalb strenge Anforderungen an den Nachweis der Leistungsfähigkeit und -willigkeit des Dritten gestellt, um zu gewährleisten, dass die freiwilligen Leistungen auch tatsächlich über den erforderlichen Zeitraum erbracht werden. In Betracht kommt ein selbstständiges Schuldversprechen nach § 780 BGB oder eine Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG. Für die Verpflichtungserklärung ist nach § 68 AufenthG eine eindeutige rechtsverbindliche schriftliche Erklärung gegenüber der Ausländerbehörde erforderlich, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, einschließlich der Erstattung sämtlicher öffentlicher Mittel, die für den Lebensunterhalt des Ausländers, die Versorgung mit Wohnraum und die medizinische Versorgung und bei Pflegebedürftigkeit anfallen, auch soweit solche Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch des Ausländers mit Ausnahme der aufgrund eigener Beiträge erworbener Leistungen beruhen. Die Reichweite der Verpflichtungserklärung bei Statuswechsel vom Asylbewerber zum anerkannten Flüchtling oder subsidiär Schutzberechtigten war in der ausländerbehördlichen Praxis unklar. Mit dem Integrationsgesetz ist klargestellt worden, dass die Verpflichtung fort gilt, wenn der Ausländer als Asylberechtigter, Konventionsflüchtling oder subsidiär Schutzberechtigter anerkannt wird. Leistungen nach dem SGB II (Grundsicherung für Erwerbsfähige) und SGB XII (Sozialhilfe) sind nur für den Zeitraum von 5 Jahren ab Einreise zu erstatten18.

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