Читать книгу Asyl- und Ausländerrecht - Kay Hailbronner - Страница 47

4.Nichtbestehen von Ausweisungsinteressen

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169Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel auch voraus, dass kein Ausweisungsinteresse besteht, insbesondere dass der Ausländer keine aktuell ihm entgegen zu haltenden nicht geringfügigen bzw. nicht vereinzelten Rechtsverstöße begangen hat. Bei dem Vorliegen eines Ausweisungsgrundes kommt es allein darauf an, ob ein Ausweisungsinteresse abstrakt, d. h. nach seinen tatbestandlichen Voraussetzungen besteht. Es bedarf daher im konkreten Fall keiner hypothetischen Ermessensentscheidung, ob der Ausländer tatsächlich ausgewiesen werden könnte1. Irrelevant ist daher auch, ob bei einer Ausweisungsentscheidung ein Bleibeinteresse des Ausländers zu berücksichtigen wäre2. Zudem ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass Ausweisungsinteressen in Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes einem Ausländer nur dann und solange entgegen gehalten werden dürfen, als sie noch aktuell und nicht verbraucht sind bzw. die Ausländerbehörde auf ihre Geltendmachung nicht ausdrücklich oder konkludent verzichtet hat3. Verbraucht ist ein Ausweisungsinteresse, auf das die Ausländerbehörde bei früheren ausländerbehördlichen Entscheidungen nicht zurückgegriffen hat.

170Das Vorliegen eines Ausweisungsinteresses steht dann der Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht entgegen, wenn eine Ausnahme vom Regelfall gegeben ist. Maßgebend hierfür können die Dauer des Aufenthalts oder schutzwürdige Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet sein. Bei der großen Bandbreite der Ausweisungsinteressen, die von nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstößen gegen Rechtsvorschriften (§ 54 Abs. 2 Nr. 9) bis zur schweren Kriminalität reichen, ist eine differenzierende Beurteilung der „Beachtlichkeit“ von Ausweisungsinteressen im Rahmen der Regel-Ausnahme-Prüfung erforderlich4. Ein wesentliches Kriterium für die Beachtlichkeit ist, ob aktuell eine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu befürchten ist. Je gewichtiger das Ausweisungsinteresse ist, umso weniger strenge Voraussetzungen sind an die Prüfung des Vorliegens einer Gefährdung zu stellen.

Asyl- und Ausländerrecht

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