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II.Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit an der Erteilung von Aufenthaltstiteln zum Zweck der Aufnahme einer Beschäftigung und zur Erteilung von Arbeitserlaubnissen

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262Die Beschäftigungsverordnung1 regelt, unter welchen Voraussetzungen Drittstaatsangehörige, unabhängig davon, ob sie sich bereits in Deutschland befinden, zum Arbeitsmarkt zugelassen werden können. Im Wesentlichen erfolgt die Steuerung durch die Beteiligung der Bundesagentur an der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis in Form eines Zustimmungserfordernisses oder einer Freistellung vom Zustimmungserfordernis. Für die Beteiligung der Bundesagentur ist unverändert die Unterscheidung zwischen Aufenthaltstiteln zur Ausübung der Beschäftigung und anderen Aufenthaltstiteln von Bedeutung. Nur für erstere besteht ein grundsätzliches Zustimmungserfordernis, ungeachtet dessen, dass auch die Inhaber anderer Aufenthaltstitel zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit berechtigt sind. War nach altem Recht ein Zustimmungserfordernis die Regel, so ist nunmehr eine Befreiung von der Zustimmungspflicht in zahlreichen Fällen insbes. bei qualifizierten Tätigkeiten vorgesehen. Darin spiegelt sich auch die weitgehende Aufgabe des Vorrangsprinzips, die nur noch bei einigen speziellen Tätigkeiten, bei denen eine generelle Kontrolle bzw. ein Schutz der inländischen Arbeitnehmer für erforderlich gehalten wird (z. B. saisonale Beschäftigung). Bei Beschäftigungen unabhängig von einer Berufsqualifikation kann ein Vorrangprinzip durch die BeschV ­wieder eingeführt werden, wenn die Arbeitsmarktsituation dies gebietet2. Im Allgemeinen beschränkt sich allerdings derzeit der Prüfungsumfang durch die Bundesagentur auf die Einhaltung der beschäftigungsrechtlichen Voraussetzungen und die Vergleichbarkeit der Arbeitsbedingungen.

Soweit das Vorrangprinzip nach der BeschV für die Erteilung der Zustimmung anzuwenden ist (derzeit saisonabhängige Beschäftigung (§ 15a), Beschäftigung bestimmter Staatsangehöriger (§ 26), Tätigkeit im Bereich Kultur und Unterhaltung (§ 25), Grenzgänger (§ 27)) kann auf die Grundsätze und Rechtsprechung zum bisher geltenden Recht zurückgegriffen werden. Für die Arbeitsmarktprüfung3 ist vom Arbeitgeber nachzuweisen, dass Bemühungen, bevorrechtigte Arbeitnehmer zu gewinnen, über einen angemessenen Zeitraum erfolglos geblieben sind4. Dieser Nachweis kann insbesondere durch die Erteilung eines Vermittlungsauftrags an die Bundesagentur geführt werden. Liegen offensichtliche Anhaltspunkte vor, dass die mögliche Einstellung eines bevorrechtigten Arbeitnehmers durch sachlich und objektiv nicht gerechtfertigte Anforderungen an die Besetzung der Stelle verhindert werden soll, wird keine Zustimmung erteilt. Die Dauer der Arbeitsmarktprüfung orientiert sich im Wesentlichen am Anforderungsprofil des Stellenangebots und dem damit verbundenen Umfang der Vermittlungsbemühungen. Ausnahmsweise kann eine Zustimmung erteilt werden, wenn der Arbeitgeber aus besonderen, objektiven und sachlich gerechtfertigten Gründen, die in seinem individuellen Geschäftsinteresse liegen, die Beschäftigung eines bestimmten Ausländers anstrebt und wenn durch die Nichterteilung der Zustimmung für diesen Ausländer keine Entlastung des Arbeitsmarkts für bevorrechtigte Arbeitnehmer eintreten würde5.

263Für Aufenthaltstitel zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit entfällt das Zustimmungserfordernis, wenn durch gesetzliche Regelung (d. h. im Aufenthaltsgesetz) oder in der BeschV oder in Ausnahmefällen in einer zwischenstaatlichen Vereinbarung darauf verzichtet wird. Für aufenthaltserlaubnisfreie Beschäftigungen (z. B. saisonabhängige Beschäftigung) wird die Bundesagentur durch eine Zuständigkeit zur Erteilung einer Arbeitserlaubnis oder einer Zustimmung zur Beschäftigung (z. B. Personen mit Duldung oder Aufenthaltsgestattung) beteiligt. Das AufenthG unterscheidet in § 39 für die Zustimmungserfordernisse bei beabsichtigter Erwerbstätigkeit zwischen Fachkräften (§§ 18 bis 18b) und Beschäftigungen unabhängig von einer Qualifikation als Fachkraft (§ 19, 19b, 19c Abs. 3 oder 19d Abs. 1 Nr. 1). Die unterschiedlichen Voraussetzungen werden jeweils bei den nachfolgenden Abschnitten gesondert erörtert, soweit nicht ein Zustimmungserfordernis gänzlich entfällt (z. B. Blaue Karte, Niederlassungserlaubnis für Fachkräfte).

264Bestimmte in der BeschV aufgeführte, in der Regel kurzfristig oder vorübergehend wahrgenommene Erwerbstätigkeiten von geringem Ausmaß werden aus verfahrensökonomischen Gründen in der BeschV nicht als „Beschäftigung“ im Sinne des Aufenthaltsgesetzes definiert und unterliegen daher keiner Zustimmungspflicht durch Ausländerbehörden und Bundesagentur. Aufenthaltsrechtlich handelt es sich dann nicht um einen Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit, mit der Folge, dass z. B. eine visumfreie Einreise für Positivstaater möglich ist oder Inhaber eines Schengen-Visums trotz Ausübung derartiger Tätigkeiten keine Aufenthaltserlaubnis benötigen.

Ob ein Aufenthaltstitel im Übrigen erforderlich ist, beurteilt sich – trotz der irreführenden Überschrift „Beschäftigungsaufenthalte ohne Aufenthaltstitel“ nicht nach § 30 BeschV, sondern nach den allgemeinen ausländerrechtlichen Vorschriften).

265Was nicht als Beschäftigung gilt, wird in § 30 BeschV abschließend definiert. Darunter fallen u. a. Tätigkeiten von Führungskräften und Geschäftsreisenden (§§ 3, 16 BeschV), die bis zu 90 Tagen innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen ausgeübt werden. Dasselbe gilt für Tätigkeiten im Bereich Wissenschaft, Forschung und Entwicklung, karitative oder religiöse Tätigkeiten, Beschäftigung in Freiwilligenprogrammen, Weiterbildungspraktika, betriebliche Weiterbildung, journalistische Tätigkeit, Werklieferungsverträge, Internationaler Straßen- und Schienenverkehr, wissenschaftliche, künstlerische und sportliche Aktivitäten und sonstige typischerweise vorübergehende Aktivitäten als Reiseleiter, Dolmetscher, Fotomodell, Beschäftigungen bei internationalen Sportveranstaltungen, sofern sie bis zu 90 Tagen innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten ausgeübt werden (vgl. § 30 Nr. 2 BeschV). Nicht als Beschäftigung im Sinne des Aufenthaltsgesetzes gelten ferner Tätigkeiten bis zu 90 Tagen innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten zur vorübergehenden Erbringung von Dienstleistungen von Ausländern, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat die Rechtstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten besitzen (§ 30 Nr. 3 BeschV).

266Die BeschV regelt den Anwendungsbereich des Zustimmungsverfahrens, den Prüfungsumfang, Befreiungen, das Verfahren und die inhaltliche Ausgestaltung von Zustimmungen. Die Zustimmung wird jeweils zu einem bestimmten Aufenthaltstitel, kenntlich gemacht durch den Aufenthaltszweck, erteilt. Die Zustimmung kann auf eine bestimmte Dauer, Art der beruflichen Tätigkeit, bestimmte Arbeitszeiten und den Betrieb oder Arbeitgeber beschränkt werden (vgl. § 34 BeschV). Für Beschäftigungen zur beruflichen Aus- und Weiterbildung gelten besondere Anforderungen (§ 34 Abs. 3 BeschV).

267Ist die Zustimmung für ein bestimmtes Beschäftigungsverhältnis erteilt worden, erlischt sie im Regelfall mit Beendigung dieses Beschäftigungsverhältnisses. Für Änderungen einer Beschränkung ist eine Erlaubnis erforderlich. Die Ausübung einer anderen als der erlaubten Erwerbstätigkeit ist ohne Erlaubnis unzulässig. Unschädlich ist der Wechsel des Aufenthaltstitels bei Fortsetzung der gleichen Beschäftigung, da die Zustimmung im Rahmen ihrer zeitlichen Begrenzung für jeden Aufenthaltstitel gilt (ebenso für Asylbewerber und Duldungsinhaber). Bei Fortsetzung einer Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber entfällt eine Vorrangprüfung, soweit sie ansonsten erforderlich gewesen wäre (z. B. Haushaltshilfe, Beschäftigung von Asylbewerbern und Duldungsinhabern). Für zeitlich begrenzte Tätigkeiten (z. B. saisonabhängige Beschäftigung) gilt dies nicht.

268Ein Aufenthaltstitel kann mit Bedingungen erteilt und verlängert sowie nachträglich mit Auflagen verbunden werden. Aus der Systematik der Bestimmungen des AufenthG folgt jedoch, dass für die im Rahmen der Prüfungskompetenz der Bundesagentur für Arbeit stehenden Beschränkungen die Bundesagentur ausschließlich zuständig ist. Eine eigene Zuständigkeit der Ausländerbehörde, die Beschäftigung auf bestimmte Betriebe oder Bezirke zu beschränken oder in Bezug auf die Dauer und die Art der beruflichen Tätigkeit festzulegen, ist nur insoweit nach § 39 AufenthG nicht der Bundesagentur vorbehalten, als es sich nicht um beschäftigungsrechtliche Belange handelt, sondern um die Gewährleistung ausländerpolitischer Interessen, wie z. B. die Einhaltung ausländerrechtlicher Aufenthaltsbeschränkungen.

269Ausländer, die eine Blaue Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzen, sind bei der Aufnahme oder Fortsetzung einer qualifizierten Beschäftigung von einer ansonsten bestehenden Zustimmungspflicht durch die Bundesagentur befreit, wenn sie entweder seit zwei Jahren rechtmäßig eine versicherungspflichtige Beschäftigung im Bundesgebiet ausgeübt haben (nicht erforderlich ist die Fortsetzung derselben Beschäftigung) oder die sich seit drei Jahren ununterbrochen erlaubt, gedul­det oder aufgrund einer Aufenthaltsgestattung (Asylbewerber) im Bundesgebiet aufhalten6. Bei einem langjährigen, wenn auch nur geduldeten Aufenthalt im Bundesgebiet oder bei einer Vorbeschäftigung verliert das öffentliche Interesse an einer Überprüfung der beschäftigungsrechtlichen Belange, die mit dem Zustimmungserfordernis der Bundesagentur verfolgt werden, gegenüber dem privaten und öffentlichen Interesse an einer eigenständigen Sicherung des Lebensunterhalts und verfahrensökonomischen Erwägungen an Bedeutung. Der Gesetzgeber stellt daher die Aufnahme der Beschäftigung vom Zustimmungserfordernis und den damit jeweils verknüpften Voraussetzungen, wie z. B. Vorrangprinzip oder Nachweis vergleichbarer Arbeitsbedingungen (was nicht bedeutet, dass materiellrechtlich ungleiche Bedingungen arbeitsrechtlich zulässig sind) frei.

270Zur Durchführung des Zustimmungsverfahrens hat ein Arbeitgeber der Bundesagentur Auskünfte über Arbeitsentgelt, Arbeitszeiten und sonstige Arbeitsbedingungen zu erteilen (§ 39 Abs. 4 AufenthG). Die Auskunftspflicht besteht nach ihrem Zweck nicht nur, wenn die Zustimmungspflichtigkeit der Beschäftigung feststeht, sondern auch, wenn die Bundesagentur zur Prüfung verpflichtet ist, ob eine Beschäftigung zustimmungspflichtig ist. Die Auskunftspflicht gilt auch, wenn bei Aufenthalten zu anderen Zwecken nach den Abschnitten 3 (Ausbildung), 5 (humanitäre Gründe) oder 7 (Besondere Aufenthaltsrechte) eine Zustimmung zur Beschäftigung erforderlich ist.

271Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn die Bundesagentur der zuständigen Stelle nicht innerhalb von zwei Wochen nach Übermittlung der Zustimmungsanfrage mitteilt, dass entweder die übersandten Unterlagen nicht ausreichen oder dass der Arbeitgeber die erforderlichen Auskünfte nicht oder nicht rechtzeitig übermittelt hat. Im Falle des beschleunigten Fachkräfteverfahrens nach § 81a gilt eine verkürzte Frist von einer Woche.

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