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IV.Formale Voraussetzungen für die Erlangung eines Aufenthaltstitels

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225Gemäß § 81 Abs. 1 AufenthG wird ein Aufenthaltstitel einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist. Hat ein Ausländer keinen Antrag gestellt, besteht daher keine Verpflichtung der Behörde, dem Ausländer einen Aufenthaltstitel zu erteilen1. Diese Vorschrift dient aber lediglich der Klarstellung und hat damit rein deklaratorische Wirkung. In Ausnahmefällen („soweit nicht etwas anderes bestimmt ist“) kann der Aufenthaltstitel auch von Amts wegen ausgestellt werden. Eine derartige Ausnahme ist in § 33 Satz 1 AufenthG (Geburt eines Kindes im Bundesgebiet) vorgesehen.

Dem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sind die für den jeweiligen Aufenthaltstitel erforderlichen Unterlagen (z. B. Renten- oder Versicherungsnachweis) beizufügen, stets aber ein gültiger Pass sowie ein Lichtbild. Für das Verfahren der Erteilung eines Aufenthaltstitels gelten die allgemeinen Regeln des AufenthG über Zuständigkeit und Verfahren (§§ 71 ff. AufenthG) und die für das jeweilige Bundesland maßgeblichen Vorschriften über die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Ausländerbehörden. Danach ist der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels grundsätzlich bei der örtlich zuständigen Ausländerbehörde einzureichen (§ 71 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Nur im Falle des Begehrens eines Visums sind nach § 71 Abs. 2 AufenthG die vom Auswärtigen Amt ermächtigten Auslandsvertretungen, also Botschaften und Generalkonsulate zuständig. Gemäß § 82 Abs. 1 AufenthG trifft den Antragsteller eine für die Bearbeitung seines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erforderliche Mitwirkungspflicht. Der Ausländer ist insbesondere verpflichtet, seine Belange und seine für ihn günstigen Umstände rechtzeitig unter Angabe nachprüfbarer Umstände unverzüglich geltend zu machen. Das gilt auch für alle die Rechtsstellung eines Ausländers im Bundesgebiet betreffenden Entscheidungen. Die Folgen einer Verletzung der Obliegenheit des § 82 sind nur rudimentär im AufenthG geregelt. In besonderen Fällen hat der Gesetzgeber als Reaktion auf eine Verletzung der Mitwirkungspflicht Sanktionen vorgesehen2.

226Je nach der Situation des Ausländers bewirkt der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels eine Erlaubnis-, Duldungs- oder Fortgeltungsfiktion (vgl. § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG). Beantragt ein sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhaltender Ausländer, der keinen Aufenthaltstitel besitzt, eine Aufenthaltserlaubnis zu einem länger dauernden Aufenthaltszweck, so gilt der Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt („Erlaubnisfiktion“). Das Gleiche gilt für Ausländer, die vor Ablauf ihres zeitlich befristeten Aufenthaltstitels die Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels beantragen (z. B. Wechsel von der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs zur Blauen Karte). Die Fortgeltungsfiktion endet mit der Entscheidung der Ausländerbehörde über den Antrag. Ein erneuter Antrag löst keine Fiktionswirkung aus3. Über die Fiktionswirkung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen (§ 81 Abs. 5).

227Für verspätete Antragstellungen und im Falle eines rechtswidrigen Aufenthalts im Bundesgebiet besteht eine Sonderregelung. Im Falle verspäteter Antragstellung (z. B. bei nicht unverzüglich nach der Einreise erfolgender Antragstellung) gilt aber eine „Duldungsfiktion“. Die Abschiebung gilt in diesem Fall als ausgesetzt, der Ausländer kann daher nicht abgeschoben werden, obwohl er ausreisepflichtig bleibt. Bei verspäterer Antragstellung auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels greift die Fiktion des erlaubten Aufenthalts nicht ein, was u. U. insbes. bei längerem Aufenthalt zur Härte führen kann, wenn „nur“ wegen einer Versäumung der Frist zur rechtzeitigen Antragstellung eine Ausreisepflicht droht. Zur Vermeidung einer „unbilligen Härte“ kann daher bei verspäteter Stellung eines Verlängerungsantrags die Fortgeltung der Fiktionswirkung angeordnet werden4. Für die Einbeziehung verspäteter Anträge auch solcher Ausländer, die sich bisher bereits aufgrund einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufhielten, in den Anwendungsbereich des § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG („Duldungsfiktion“) spricht, dass nur hierdurch eine Regelungslücke als auch eine sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung zwischen § 81 Abs. 3 Satz 2 und § 81 Abs. 4 AufenthG vermieden wird. Denn nach § 81 Abs. 3 AufenthG, der an sich nur die Fälle der erstmaligen Erteilung eines Aufenthaltstitels an sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhaltende Ausländer regelt, führen die Fälle der rechtzeitig und verspätet gestellten Anträge gleichermaßen zu einem vorläufigen Bleiberecht. Wollte man demgegenüber aus dem Anwendungsbereich des § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG verspätete Verlängerungsanträge gänzlich ausnehmen, führte das zu dem sachlich nicht gerechtfertigten Ergebnis, dass säumigen Ausländern, die sich unter Umständen schon viele Jahre legal im Bundesgebiet aufgehalten haben, kein Abschiebungsschutz zuerkannt würde, während säumige Ausländer, die nur über den relativ schwachen Aufenthaltsstatus des visumfrei eingereisten Touristen verfügten, vor Abschiebung geschützt wären, bis über ihren Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels entschieden worden ist5.

228Eine unbillige Härte liegt z. B. vor, wenn der Ausländer die Frist zur Antragstellung nur geringfügig überschritten hat und die Fristüberschreitung lediglich auf Fahrlässigkeit zurückzuführen ist und bei summarischer Prüfung davon ausgegangen werden kann, dass bei rechtzeitiger Antragstellung der Aufenthaltstitel verlängert oder ein anderer Aufenthaltstitel erteilt worden wäre. Der Ausländer muss glaubhaft machen, dass ihm entweder eine rechtzeitige Antragstellung nicht möglich war oder die Fristversäumnis nur auf Fahrlässigkeit beruhte. Die bloße Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts begründet jedoch noch keine unbillige Härte6. Besteht offensichtlich kein Verlängerungsanspruch, z. B. weil die Voraussetzungen eines eigenständigen Aufenthaltsrechts eines Ehegatten nach Scheidung der Ehe nicht vorliegen, so wird im Regelfall keine unbillige Härte darin liegen, dass die Behörde von der Beendigung des Aufenthaltsrechts ausgeht, wenn der Verlängerungsantrag verspätet gestellt wird.

229Ein Asylsuchender, der einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gestellt hat, erlangt mangels eines vorläufigen Bleiberechts keinen rechtmäßigen Aufenthalt im Sinne des § 81 Abs. 3 AufenthG7. Auch für die aufgrund des § 104 AufenthG erteilten und verlängerten Aufenthaltstitel findet die Fortgeltungsfiktion gem. 104 a Abs. 5 Satz 5 AufenthG keine Anwendung8.

230Die Erlaubnisfiktion vermittelt anders als die „Duldungsfiktion“ einen rechtmäßigen Aufenthalt, der auch für die erforderlichen Zeiträume zur Gewährung eines verfestigten Aufenthaltsrechts anrechenbar ist9. Strittig ist, ob die fiktive Aufenthaltserlaubnis auch zur Wiedereinreise berechtigt10. Gegen ein Wiedereinreiserecht lässt sich anführen, dass die Erlaubnisfunktion nur der Legalisierung des Aufenthalts bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde dient; für eine weitergehende Fiktion spricht aber, dass eine Beeinträchtigung des mit der Aufenthaltserlaubnis verbundenen Reiserechts nicht dadurch eintreten darf, dass die Behörde bei einer rechtzeitigen Antragstellung nicht schnell genug über einen Verlängerungsantrag entscheidet.

Asyl- und Ausländerrecht

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