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III.Unselbstständige Beschäftigung als Fachkraft mit qualifizierter Berufsausbildung (§§ 18 bis 18b AufenthG) 1.Allgemeine Voraussetzungen

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272Die Zulassung ausländischer Fachkräfte, also von Ausländern, die einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Beschäftigung begehren, richtet sich nach den Erfordernissen des Wirtschafts- und Wissenschaftsstandortes Deutschland unter Berücksichtigung der Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Die besonderen Möglichkeiten für ausländische Fachkräfte dienen der Sicherung der Fachkräftebasis und der Stärkung der sozialen Sicherungssysteme. Sie sind ausgerichtet auf die nachhaltige Integration von Fachkräften in den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft unter Beachtung der Interessen der öffentlichen Sicherheit. Mit dieser Beschreibung der Zielsetzung wird nicht nur ein rechtspolitischer Kern des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (§ 18 Abs. 1 Satz 2 und 3) umschrieben, sondern zugleich eine für die Anwendung des Gesetzes verbindliche Leitlinie vorgegeben. Das Gesetz ist daher auf die dauerhafte Anwesenheit (Einwanderung) von Fachkräften unter voller Integration in Arbeitswelt und Gesellschaft ausgerichtet.

273Bei der Aufenthaltserlaubnis als Fachkraft zum Zwecke der unselbstständigen Erwerbstätigkeit ist zu unterscheiden, ob die Beschäftigung eine qualifizierte Berufsausbildung auf der Grundlage einer mindestens zweijährigen Ausbildung oder einer akademischen Ausbildung voraussetzt. Als Fachkraft definiert § 18 Abs. 3 Ausländer, die eine inländische qualifizierte Berufsausbildung oder eine gleichwertige ausländische Berufsqualifikation besitzen oder einen deutschen, anerkannten ausländischen oder einen einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss besitzen.

274Danach kann eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer unselbstständigen Beschäftigung, die eine qualifizierte Berufsausbildung voraussetzt (Fachkraft), erteilt werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

1. Besitz einer inländischen qualifizierten Berufsausbildung oder einer gleichwertigen ausländischen Berufsqualifikation oder eines deutschen, eines anerkannten ausländischen oder eines einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbaren ausländischen Hochschulabschlusses;

2. Vorliegen eines konkreten Arbeitsplatzangebotes (§ 18 Abs. 2 Nr. 1);

3. Zustimmung der Bundesagentur, sofern keine Befreiung vom Zustimmungserfordernis kraft Gesetzes oder BeschV;

4. unselbstständige Beschäftigung;

5. für die Beschäftigung ist eine qualifizierte Berufsausbildung notwendig (Abs. 4). Qualifiziert ist eine Berufsausbildung, wenn sie einen mindestens zweijährigen Ausbildungsgang voraussetzt;

6. falls erforderlich Berufsausübungserlaubnis (z. B. Approbation).

275Für Ausländer gelten nach Vollendung des 45. Lebensjahres zusätzliche Voraussetzungen. Sie müssen ein Gehalt in Höhe von mindestens 55 % der jährlichen Bemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung1 nachweisen (nur bei erstmaliger Anstellung). Ausnahmen sind möglich bei besonderem öffentlichen Interesse an der Beschäftigung. Bei dem Begriff des öffentlichen Interesses handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der Auslegung und Ausfüllung bedarf und einer vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt2. Grundsätzlich reicht ein ausschließlich privates Interesse des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers an der Beschäftigung nicht aus. Ein privates Interesse des Arbeitgebers kann allerdings dann zu einem öffentlichen, insbesondere einem wirtschaftlichen oder arbeitsmarktpolitischen Interesse werden, wenn der Arbeitgeber plausibel darlegen kann, dass die Beschäftigung des Arbeitnehmers zur wirtschaftlichen Entwicklung in der Region oder des spezifischen Betriebes, in dem der Arbeitnehmer beschäftigt ist und an dessen Bestand und Weiterentwicklung ein allgemeines Interesse besteht, substantiell beiträgt.

Liegen die oben aufgeführten Voraussetzungen vor und besteht kein Ablehnungsgrund, so wird ein Aufenthaltstitel für Fachkräfte nach § 18a oder § 18b für die Dauer von vier Jahren mit Verlängerungsmöglichkeit erteilt. Ist der Arbeitsvertrag auf einen kürzeren Zeitraum beschränkt, so wird der Aufenthaltstitel nur für diesen Zeitraum erteilt. Für Inhaber einer Blauen Karte wird der Geltungszeitraum auf die Dauer des Arbeitsvertrages befristet zuzüglich dreier Monate, wenn die Dauer des Arbeitsvertrags weniger als vier Jahre beträgt (§ 18 Abs. 4 Satz 2). Allgemeine Ablehnungsgründe, die für alle Aufenthaltstitel gelten, sind in § 5 aufgeführt, spezielle in § 19 f.

Das Vorliegen eines konkreten Arbeitsplatzangebotes ist zwingende Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung. Hierdurch ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 18 AufenthG zum Zweck der Arbeitssuche grundsätzlich ausgeschlossen, wenn nicht die Voraussetzungen des § 20 AufenthG erfüllt sind3. Das Arbeitsplatzangebot muss konkret sein, d. h. es muss sich auf eine bestimmte Person und einen bestimmten Arbeitsplatz beziehen und bereits so hinreichend präzisiert sein, dass der Inhalt des Arbeitsvertrages feststeht. Verlangt wird hierfür, wie auch § 39 Abs. 4 AufenthG zeigt, dass es nachprüfbare Angaben hinsichtlich der Arbeitskonditionen, wie etwa zur Art der Beschäftigung, zur Arbeitszeit und zum Arbeitsentgelt enthält4.

276Der Aufenthaltstitel für eine Fachkraft kann nur für eine Beschäftigung erteilt werden, zu der die qualifizierte Beschäftigung den Ausländer befähigt (§ 18a, 18b Abs. 1). Für die Erteilung einer Blauen Karte gilt bezüglich der Art der Beschäftigung eine leicht abweichende Formulierung, wonach die Fachkraft „eine ihrer Qualifikation angemessene Beschäftigung“ ausüben wird. Damit wird die Schwelle der Kompatibilität zwischen der Qualifikation aufgrund der akademischen Ausbildung und dem ausgeübten Beruf etwas flexibler im Vergleich zu sonstigen Fachkräften. Während bei den Fachkräften allgemein erforderlich ist, dass sie nur diejenige Tätigkeit ausüben dürfen, für die sie durch eine Berufsausbildung qualifiziert sind, gilt für die akademisch ausgebildeten Inhaber einer Blauen Karte der Test der Angemessenheit des ausgeübten Berufs in Relation zur akademischen Ausbildung. Damit trägt der Gesetzgeber dem höheren Generalisierungsniveau einer wissenschaftlichen Ausbildung für den ausgeübten Beruf Rechnung, während bei der qualifizierten Berufsausbildung die in einem enger begrenzten Fachgebiet erworbenen Fachkenntnisse im Allgemeinen in Vordergrund stehen werden. Das Hochschulstudium in einem bestimmen Fachgebiet kann daher aufgrund der erworbenen Kenntnisse über wissenschaftliche Methoden auch für herausgehobene Positionen in verwandten Fachgebieten eine angemessene Ausbildung darstellen. Ob der Arbeitsplatz dem Abschluss angemessen ist, beurteilt sich danach, ob die mit dem Studium in Deutschland erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse für die berufliche Tätigkeit erforderlich sind und tatsächlich auch genutzt werden. Ein fachspezifischer Zusammenhang des absolvierten Studiums mit der Beschäftigung ist daher nicht unbedingt erforderlich, sofern die im Hochschulstudium erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse zur Wahrnehmung der beruflichen Aufgaben genutzt werden und dies auch in der Art der Beschäftigung und den Arbeitsbedingungen zum Ausdruck kommt.

277Für die Beschäftigung als Fachkraft muss der erfolgreiche Abschluss der Ausbildung förmlich durch ein Zeugnis, Zertifikat, Diplom oder ähnliches nachgewiesen werden. Für die Prüfung der Vergleichbarkeit eines ausländischen Hochschulabschlusses oder einer Berufsqualifikation kann das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz v. 6.12.20115 herangezogen werden. Grundsätzliche Voraussetzung für nicht reglementierte Berufe ist gem. § 4 Abs. 1 BQFG, dass

1. ein im Ausland erworbener Ausbildungsnachweis die Befähigung zu vergleichbaren beruflichen Tätigkeiten, wie der entsprechende inländische Ausbildungsnachweis belegt, und

2. zwischen den nachgewiesenen Berufsqualifikationen und der entsprechenden inländischen Berufsbildung keine wesentlichen Unterschiede bestehen.

278Ob wesentliche Unterschiede bestehen, wird in § 4 Abs. 2 BQFG näher geregelt. Entsprechende Anforderungen gelten bei reglementierten Berufen. Zu berücksichtigen ist, dass das BQFG nur für die Berufe zur Anwendung kommt, für die der Bund eine Gesetzgebungskompetenz besitzt. Die Länder haben entsprechende Gesetze erlassen. Anwendbar ist das Gesetz insbesondere für Ausbildungsberufe im dualen System. Damit wird ein gesetzlicher Anspruch auf eine individuelle Überprüfung der Gleichwertigkeit der von Ausländern erworbenen Qualifikation geschaffen.

279Soweit für einen im Ausland erworbenen Studienabschluss eine formale Anerkennung nicht vorgesehen oder erforderlich ist und eine Bewertung nach dem Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG) nicht erfolgen kann, ist für die Frage, ob es sich um einen ­anerkannten Studienabschluss handelt, auf die Bewertungsvorschläge der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen bei der Kultusministerkonferenz (KMK) abzustellen. Im Übrigen sind die Maßstäbe des § 4 BQFG heranzuziehen. Danach muss der im Ausland erworbene Ausbildungsnachweis die Befähigung zu vergleichbaren beruflichen Tätigkeiten wie der entsprechende inländische Ausbildungsnachweis belegen. Ferner dürfen zwischen der nachgewiesenen Berufsqualifikation und der entsprechenden inländischen Berufsbildung keine wesentlichen Unterschiede bestehen.

Bei einer Aufenthaltserlaubnis für eine Beschäftigung, die eine akademische Ausbildung erfordert (§ 18b), wird danach differenziert, ob eine Blaue Karte mit den spezifisch nach der Blue Card-Richtlinie definierten Inhalten (einschließlich einer Mobilitätsberechtigung für andere Mitgliedstaaten) erteilt werden soll (§ 18b Abs. 2), oder eine „gewöhnliche“ Aufenthaltserlaubnis nach § 18b Abs. 1. Gegenüber dem Aufenthaltstitel nach § 18b Abs. 1 hat die Blaue Karte den Vorteil, dass sie zustimmungsfrei erteilt werden kann und dass ein Wechsel des Arbeitsplatzes nur in den ersten zwei Jahren eine Erlaubnis der Ausländerbehörden erfordert. Wird die Blaue Karte beantragt, ist eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit dann nicht erforderlich, wenn für die Beschäftigung ein Gehalt von mindestens 2/3 der jährlichen Bemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung gezahlt wird. Wird diese Schwelle nicht erreicht, so kann eine Blaue Karte mit Zustimmung der Bundesagentur in bestimmten „Mangelberufen“6 erteilt werden, wenn die Höhe des Gehalts mindestens 52 % der Bemessungsgrenze erreicht.

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