Читать книгу Scriptor Praxis: Klassenarbeiten im Fach Mathematik gestalten - Matthias Römer - Страница 5
ОглавлениеVorwort
Seit Beginn meiner Lehrer- bzw. Fortbildungstätigkeit beobachte ich mit Aufmerksamkeit die Entwicklung der Leistungserfassung, Leistungsmessung und Leistungsbeurteilung im Mathematikunterricht. Dies besonders vor dem Hintergrund der Umwälzungen, die durch die Implementation der Bildungsstandards auf den Mathematikunterricht eingewirkt haben und es immer noch tun.
In den letzten Jahren gab es einen Zuwachs an fachlich und fachdidaktisch orientierten Publikationen zur Leistungsmessung und Leistungsbewertung. Lehrerfort- und -weiterbildung haben eine Reihe davon aufgegriffen. Das Thema trifft offensichtlich auf eine steigende Nachfrage seitens der Lehrerschaft. Ursache für diese Nachfrage könnte unter anderem Unsicherheit sein, die durch offenere und sprachlich anspruchsvollere Alternativen in der Leistungsmessung bedingt ist.
Im Fach Mathematik hat die Auseinandersetzung mit Alternativen zur Klassenarbeit und den Folgen, die sich daraus für die Leistungsmessung ergeben, gerade begonnen. Jedoch nimmt die Klassenarbeit als das (vermeintlich) objektivste und traditionellste Instrument der Leistungserfassung nach wie vor den größten Raum im Mathematikunterricht ein.
Die Sichtung von Mathematik-Klassenarbeiten im Rahmen eines Forschungsprojekts, begleitend zu einer Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern, vor einigen Jahren sollte Aufschluss über die Wirkung der Fortbildung geben. Unterrichtliche Veränderungen, so die These, spiegeln sich auch immer in Klassenarbeiten wider. Ein Ergebnis dieser Bestandsaufnahme war die Erkenntnis über einen deutlich sichtbaren Handlungsbedarf hinsichtlich der Aufgabenauswahl und -qualität in Klassenarbeiten und der Konzeption und der Zusammenstellung derselben. Damit konnten Ergebnisse von Drüke-Noe (2014) bestätigt werden und gleichzeitig weitere Handlungsfelder für Lehreraus- und -weiterbildung erschlossen werden. Ebben (2004, 29) stellt für diese beiden Ebenen dementsprechend die entscheidende Frage, „wie von Seiten der Wissenschaft der Schulpraxis geholfen werden kann, den bestehenden ‚Auswertungsdilletantismus‘ zu beheben, bzw. Hilfestellung für eine entsprechende Professionalisierung zu geben.“ Und zwar „nicht nur im Sinne der eigenen Legitimation, sondern auch im Sinne des einzelnen Schülers, der dann mit einer Beurteilung konfrontiert wäre, auf die er sich wirklich ‚mehr oder weniger‘ verlassen kann“. (ebda.)
Ein Teil meiner Arbeit in den folgenden Jahren konzentrierte sich darauf, Probleme bei der Erarbeitung und Gestaltung von traditionellen Klassenarbeiten herauszuarbeiten, konkrete Fortbildungsoptionen aufzuzeigen sowie konstruktive Vorschläge zur Verbesserung von Leistungserfassung und Leistungsbewertung im Mathematikunterricht in Fortbildungen zu machen. Fortbildungsveranstaltungen, die zum Themenkomplex Leistungserfassung im Mathematikunterricht angeboten wurden, waren und sind stets überdurchschnittlich gut besucht. Das gemeinsame Arbeiten an Klassenarbeiten motiviert ebenso wie der Austausch über unterschiedliche Praxiserfahrungen und Traditionen, auch schulformübergreifend. Eine häufige Erfahrung in diesen Fortbildungen ist, dass Raum zum Austausch und für Diskussionen geschaffen werden muss, um Innovations- und Qualitätssicherungsprozesse in den Fachschaften einzuleiten. Dafür ist im Alltagsgeschäft von Lehrerinnen und Lehrern bedauerlicherweise oft nur wenig Zeit.
Der Entschluss zum Schreiben des vorliegenden Buches entstand durch diese Fortbildungen, in denen auch immer wieder neue Fragen aufgeworfen und Probleme diskutiert werden, die Kolleginnen und Kollegen beim Konzipieren ihrer Mathematik-Klassenarbeiten bewegen. So soll dieses Buch, vor dem Hintergrund meiner Fortbildungstätigkeit, ein Praxisbuch sein, welches zusätzlich zahlreiche Bezüge auf lesenswerte (Hintergrund-)Literatur enthält.
In der Diskussion mit Kolleginnen und Kollegen ist spürbar, dass strukturelle Merkmale besonders im Fokus der wahrgenommenen Probleme von Lehrkräften stehen. Fragen, wie die Einordnung einzelner Aufgaben in das Gefüge einer Klassenarbeit, die Anzahl von Teilaufgaben oder zur Nutzung verschiedener Aufgabentypen bestimmen den Diskurs. Über den strukturellen Zugang lassen sich häufig auch inhaltliche Qualitätskriterien ansprechen. Sicher ist: Die Qualität einer Klassenarbeit ist von beiden Ebenen abhängig und bedarf ausformulierter Kriterien.
Es existiert eine Reihe von lesenswerten und praxisnahen Büchern, die sich mit der Qualität von Mathematikaufgaben beschäftigen. Wenn die Qualität der im Unterricht und der in Klassenarbeiten verwendeten Aufgaben hinsichtlich des kognitiven Anspruchs und der Vielfalt der angesprochenen Kompetenzbereiche und Leitideen eng zusammenhingen, so würde sich eine ausführliche Abhandlung an dieser Stelle erübrigen. Aber, auch wenn Unterricht und Leistungserfassung eng miteinander verbunden sind, werden Qualitätskriterien des Unterrichtsterrains nicht immer in die Leistungserfassung transferiert. Somit stellt sich auch dadurch die Frage nach Qualitätskriterien für Mathematik-Klassenarbeiten.
Unverzichtbar erschien mir auch eine Reihe von Beispielen guter (und auch nicht so guter) Aufgaben, um zu illustrieren, wie man es machen könnte (oder auch nicht). So stellt das Buch eine Ergänzung zur angesprochenen vielfältigen Literatur zu guten Aufgaben dar und erweitert diese um den Aspekt der Nutzung in Klassenarbeiten.
Bei der Konzeption ist der pragmatische, schulpraktische Maßstab immer leitend gewesen. Es geht in diesem Buch nicht darum, die Praxis der Leistungserfassung und der Leistungsbewertung in Klassenarbeiten grundsätzlich zu analysieren und zu diskutieren. Es sollen auch nicht zahlreiche Alternativen zu bestehenden Traditionen und Normen kreiert werden. Vielmehr werden im Rahmen der bestehenden Traditionen und Normen, Verbesserungen für die Praxis vorgeschlagen.
Dies geschieht im Geiste der Transparenz von Leistungsmessung und der Chancengerechtigkeit und dem damit verbundenen Wunsch nach einer objektiven Leistungsbeurteilung. Im Vordergrund steht nicht nur die Frage nach Kriterien, sondern auch nach der Umsetzbarkeit im Arbeitsalltag der Lehrerinnen und Lehrer.
Das Buch richtet sich sowohl an Kolleginnen und Kollegen, die neu im Lehrerberuf sind als auch an erfahrene. Die zusammengetragenen Hinweise sind so vielfältig, dass damit Traditionen erfolgreich reflektiert werden können; am besten immer gemeinsam in der Fachkonferenz bzw. der Fachschaft.
In vielen Situationen ist eine enge Zusammenarbeit in der Fachgruppe ein erster Schritt, um z. B. Ziele und Strukturmerkmale zu vereinfachen, einheitliche Rahmenbedingungen festzulegen oder auch einfach nur die Qualität auf den verschiedenen Ebenen der Leistungserfassung zu besprechen. Diese Zusammenarbeit findet in vielen Schulen bereits statt. Qualität im Unterricht und somit auch in der Leistungserfassung wird durch Kommunikation und Kooperation erst ermöglicht, bewahrt und weiterentwickelt.
Zum Abschluss möchte ich folgende Begebenheit schildern: In einer Anhörung zum neuen Erlass zur Leistungsbewertung in den Räumen des saarländischen Bildungsministeriums im Jahr 2016, der ich beiwohnen durfte, äußerte eine Elternvertreterin den Satz: „Die Klassenarbeit ist die einzige objektive Form der Leistungsmessung.“ Diesem Satz ist in dieser Allgemeinheit nicht zuzustimmen. Entscheidend für die Güte (und damit auch für die Bewahrung von Objektivität) ist nicht die Art der Erfassung, sondern deren Qualität. Dazu soll dieses Buch mit beitragen.
Anmerkungen zu den Beispielaufgaben
Die in diesem Buch verwendeten Beispielaufgaben dienen der Illustration guter Klassenarbeitsaufgaben sowie typischer Fehler, die bei der Konzeption von Klassenarbeiten geschehen. Prinzipiell können bei jeder Aufgabe einzelne Punkte kritisiert werden; keine Aufgabe ist perfekt. Der Reiz liegt in der Reflexion und Diskussion sowie der Weiterentwicklung von Aufgaben.
Ein Teil der im Buch genutzten Beispielaufgaben wurden durch Klassenarbeiten, die mir von Kolleginnen und Kollegen zur Verfügung gestellt wurden, inspiriert. Viele der Aufgaben, die in Klassenarbeiten von Mathematiklehrerinnen und -lehrern enthalten sind, stammen aus Schulbüchern, von Internetseiten oder Kopiervorlagen etc. In den wenigsten Fällen sind die Originalquellen zu identifizieren. Lehrerinnen und Lehrer verzichten in Klassenarbeiten in der Regel auf entsprechende Angaben.
Viele Aufgaben stammen aus meiner Praxis, aus Klassenarbeiten, die ich in meiner Zeit als Mathematiklehrer in den letzten 20 Jahren konzipiert habe. Zudem wurden Teile von Aufgaben, die für die zentralen Abschlussprüfungen für den Hauptschulabschluss und den Mittleren Bildungsabschluss im Saarland entworfen wurden, verwendet. Sie wurden von mir für dieses Buch adaptiert und entsprechend verändert. Sie sind häufig etwas umfangreicher als traditionelle Klassenarbeitsaufgaben.
Alle Aufgaben wurden einer gründlichen Prüfung unterzogen und so verändert, dass die Illustration des beabsichtigten Merkmals mehr oder minder gut hervortritt. In wenigen Fällen, insbesondere bei der Diskussion des Layouts und der Typographie wurde auf Originale zurückgegriffen.
Für alle im Buch genutzten Aufgaben gilt, dass es sich nicht um Vorlagen handelt, welche unkritisch in eine eigene Klassenarbeit übernommen werden sollten. Sicherlich passen sie in einzelne Klassenarbeiten, sie dienen allerdings an diese Stelle der Illustration bestimmter Eigenschaften, Typen oder auch Probleme.
Anmerkungen zur Literatur
Zu vielen der hier angesprochenen fachdidaktischen Gebiete und Teilgebiete gibt es eine Reihe von Publikationen. Da es sich bei diesem Buch nicht um eine wissenschaftliche Arbeit handelt, mit dem Anspruch einer vollständigen Literaturrecherche, finden sich zahlreiche Hinweise auf die aus meiner Sicht wichtigsten Publikationen, ohne dabei die Relevanz anderer mindern zu wollen. Elementar ist für mich, auf einschlägige Fachzeitschriften für die Unterrichtspraxis zu verweisen, weil die darin enthaltenen Artikel oft prägnant einzelne Probleme darstellen und mit vielen Hinweisen für den täglichen Unterricht versehen sind. Häufig finden sich auch konkrete Aufgabenvorschläge oder auch Bewertungsvorschläge in solchen Artikeln, die nur noch geringfügig modifiziert werden müssen, um sie dann selbst einsetzen zu können.