Читать книгу Scriptor Praxis: Klassenarbeiten im Fach Mathematik gestalten - Matthias Römer - Страница 9
Klassenarbeiten in der Aus- und Fortbildung
ОглавлениеDas Analysieren und Einschätzen auf ihre Eignung für Klassenarbeitsaufgaben sowie das Erstellen eigener Aufgaben für Klassenarbeiten und das Erstellen von Klassenarbeiten als Ganzes im Hinblick auf eine gute und angemessene Leistungsbewertung sollte angesichts der bestehenden Unsicherheiten einen weitaus größeren Stellenwert in der Ausbildung bzw. der Lehrerfortbildung einnehmen, als es bisher der Fall ist.
Der hohe Stellenwert einer guten Leistungserfassung wird prinzipiell nicht bestritten. Daraus folgt die Frage, wann in der ersten oder zweiten Phase der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung bzw. in der Lehrerinnen- und Lehrerfortbildung das Erstellen von Klassenarbeiten eigentlich zum Thema gemacht wird?
In der zweiten Phase der Lehrerausbildung ist Leistungserfassung im Fach konkret Thema3. Eventuell wird in der ersten Phase der Ausbildung im erziehungswissenschaftlichen bzw. bildungswissenschaftlichen Begleitstudium zusätzlich ein Seminar zur Leistungsfeststellung oder -bewertung besucht, meistens allerdings nicht fachbezogen. Viele Einstellungen und damit auch Vorstellungen zu Klassenarbeiten entnehmen Lehrerinnen und Lehrer aus der eigenen Schulzeit bzw. aus diversen Vorlagen.
Eine aktuelle Studie der Fortbildungsangebote im Bundesland Baden-Württemberg (Cramer/Johannmeyer/Drahmann 2019), deren Ergebnisse an dieser Stelle als stellvertretend für andere Bundesländer gelten mögen, weist bei 10 588 Fortbildungsangeboten im Schuljahr 2016/17 genau 459 (4,3 %) der Angebote zum Oberthema Leistungsmessung aus. Das stellt keinen unbedeutenden Anteil angesichts der extremen Themenvielfalt dar. Daraus kann, auch ohne Detailkenntnisse der einzelnen Angebote, abgeleitet werden, dass man den Bedarf in den Blick genommen hat und die Wichtigkeit des Themas anerkennt.
Bedingt durch die Veränderungen des Mathematikunterrichts in den vergangenen 10 bis 15 Jahren, die u. a. die verbindliche Kompetenzorientierung, zentrale Testung, als auch in vielen Bundesländern verbindliche (und zentrale) Abschlussprüfungen mit sich brachten, ist eine Diskussion über die Erfassung von Leistungen im Fach Mathematik erneut in Gang gebracht worden. Das ist hilfreich und sinnvoll, zumal Diskussionen über die Leistungserfassung auch immer auf den Unterricht einwirken.
Während die Veränderung des Mathematikunterrichts dazu geführt hat, dass alternative Formen der Leistungserfassung, wie Portfolios (u. a. Römer 2012; Bräuer et al. 2012; Brunner et al. 2006), mündliche Prüfungen (Römer 2018) oder Mischformen (Zelewski/Vernay 2011) in den Blick genommen werden, sind die Auswirkungen auf die traditionellste Form der Leistungserfassung, die Klassenarbeit, bei weitem nicht so ausführlich diskutiert worden. Insoweit sollte die Kritik an den bestehenden Traditionen zum Anlass genommen werden, auf dieses Feld noch mehr Energie zu verwenden.
Im Segment der Fachzeitschriften, denen wohl bei der Wirkung in die Praxis eine besondere Rolle zukommt, war Leistungsüberprüfung zum Teil Thema eines ganzen Heftes (Bruder/Weigand 2001; Fröhlich/Schelldorfer 2011; Zelewski/Vernay 2011; Bruder/Büchter 2012; Drüke-Noe/Schmidt 2015; Tönnies/Waasmaier 2019). Die dort versammelten Praxisberichte und -erfahrungen bilden ein breites Spektrum von Möglichkeiten ab. Grundlegende Kriterien werden nur in wenigen Artikeln formuliert.
1 Die von ihr untersuchten Klassenarbeiten stammten zum größten Teil aus den Klassenstufen 9 und 10.
2 DFG-Forschungsprojekt: Professionswissen von Lehrkräften, kognitiv aktivierender Mathematikunterricht und die Entwicklung mathematischer Kompetenz. (Kunter et al. 2011)
3 Mittlerweile finden sich in fast allen Ausbildungsnormen der Länder bzw. inhaltlichen Ausgestaltungen zu diesen, wie Modulhandbüchern etc., Hinweise dazu (z. B. Landesprüfungsamt 2012; Amt für Lehrerbildung 2011; Senatsverwaltung 2017). Die fachspezifische Leistungserfassung, -beurteilung und -bewertung wird stets als Inhalt aufgeführt und spiegelt den Stellenwert damit auch wieder. Einhergehend damit werden auch in vielen Normen ausdrücklich alternative Formen der Leistungserfassung erwähnt.