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3.2.1.2 Forderungsabtretung
ОглавлениеDem Wesen nach ist die Abtretung ein Gläubigerwechsel: Eine Forderung kann durch Vertrag vom Gläubiger auf eine andere Person übertragen werden (§ 398 BGB). Man nennt dies auch Zession. Der die Forderung abtretende Gläubiger heißt Zedent, der Abtretungsempfänger Zessionar.
Verfügungsgeschäft: Bei der Forderungsabtretung liegt ein Inhaberwechsel bzgl. einer Forderung vor, vergleichbar dem Eigentümerwechsel bei Sachen. Daher handelt es sich bei der Abtretung um ein „dingliches“ Verfügungsgeschäft, welches eines schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts bedarf, um vor Rückabwicklung nach § 812 BGB geschützt zu sein. Schuldrechtlicher Rechtsgrund für eine Forderungsabtretung kann z. B. eine entsprechende Vereinbarung im Kaufvertrag („verlängerter Eigentumsvorbehalt mit Vorausabtretungsklausel“), ein Geschäftsbesorgungsvertrag oder eine Sicherungsvereinbarung mit einer Bank sein.
Die Voraussetzungen der Abtretung sind die folgenden:
> Vertrag: Um eine Forderung abzutreten, bedarf es eines „Vertrages“ zwischen dem alten Gläubigers und dem neuen Gläubiger. Dabei ist jedoch nicht der schuldrechtliche Verpflichtungsvertrag gemeint, in dem sich der Zedent dem Zessionar gegenüber zur Abtretung verpflichtet, sondern die – aus zwei Willenserklärungen bestehende – Einigung zwischen beiden, mit der die Abtretung vollzogen wird.
Der Schuldner muss bei der Abtretung nicht mitwirken und nicht einmal davon in Kenntnis gesetzt werden (sog. „stille Zession“). Er wird jedoch geschützt, wenn er in Unkenntnis der Abtretung noch an den bisherigen Gläubiger leistet (§ 407 BGB) oder wenn er eine ihm gegenüber dem bisherigen Gläubiger bestehende Aufrechnungsmöglichkeit wahrnimmt (§ 406 BGB): Der neue Gläubiger muss das gegen sich gelten lassen. Andererseits darf er sich auf eine ihm mitgeteilte Abtretungsanzeige verlassen, wenn er an den ihm benannten neuen Gläubiger bezahlt, selbst wenn die Abtretung nicht wirksam gewesen oder rückgängig gemacht worden wäre (§ 409 Abs. 1 BGB).
> Forderungsbestand: Die Forderung muss bestehen, d. h. tatsächlich existent sein. Denn ein gutgläubiger Erwerb an einer nicht bestehenden Forderung, wie das bei der Eigentumsübertragung an beweglichen Sachen durch einen Nichtberechtigten möglich ist (§ 932 BGB, vgl. Einzelheiten unter 3.2.5.3), ist hier ausgeschlossen, weil ja sonst absolut unbeteiligte Personen beliebig mit nicht bestehenden Ansprüchen belastet werden könnten. War die abgetretene Forderung nur „erfunden“ oder bereits erloschen, geht die Abtretung ins Leere.
> Bestimmtheit: Weiteres Erfordernis ist die Bestimmtheit der Forderung. Allerdings kann auch schon eine erst in Zukunft entstehende Forderung abgetreten werden, wenn sie für den Zeitpunkt der beabsichtigten Übertragung hinsichtlich der Person des Schuldners, ihres Inhalts und ihrer Höhe bestimmbar ist.
> Kein Abtretungsverbot: Nicht abgetreten werden kann eine Forderung, wenn die Abtretung durch Vereinbarung mit dem Schuldner ausgeschlossen ist (sog. Abtretungsverbot, § 399 BGB). Soweit Forderungen von Gläubigern nicht gepfändet werden dürfen (z. B. Unterhaltsforderungen), können sie auch nicht abgetreten werden (§ 400 BGB).
Arbeitgeber vereinbaren häufig in Arbeitsverträgen ein Abtretungsverbot hinsichtlich der Lohnforderungen ihrer Arbeitnehmer, damit sie nicht mit einer Unzahl ständig wechselnder Gläubiger ihrer Arbeitnehmer konfrontiert werden, die die pfändungsfreien Anteile des Arbeitseinkommens für sich beanspruchen.
Unter Kaufleuten ist ein Abtretungsausschluss unwirksam (§ 354a Abs. 1 Satz 1 HGB), weil sonst die im Geschäftsleben übliche Finanzierungsmöglichkeit durch Factoring ausgeschlossen wäre (vgl. 11.6).
Praktische Bedeutung hat die Abtretung vornehmlich in folgenden Fällen:
> Sicherungsabtretung: Abtretung zur Absicherung eines vom Gläubiger aufgenommenen Kredits (vgl. „Globalzession“, vgl. 11.8.3.5).
> Inkassozession: Abtretung zum Zwecke der Einziehung der Forderung durch einen Dritten (Inkassounternehmen) im eigenen Namen für den „eigentlichen Gläubiger“.
> Forderungskauf: Abtretung im Rahmen eines Factoringgeschäfts (vgl. 11.6).
> Verlängerter Eigentumsvorbehalt: Abtretung im Rahmen der „Vorausabtretungsklausel“ (vgl. 10.2.2.5).