Читать книгу Bundesberggesetz - Reinhart Piens - Страница 110
II.Nebenbestimmungen
Оглавление1.Erteilung von Erlaubnis und Bewilligung
13Als gebundene begünstigende Verwaltungsakte, auf deren Erlass ein Rechtsanspruch besteht, dürfen Erlaubnis und Bewilligung mit Nebenbestimmungen nur versehen werden, wenn diese gesetzlich zugelassen sind oder sicherstellen sollen, dass Erteilungsvoraussetzungen (§§ 11, 12) erfüllt oder Versagungsgründe ausgeräumt werden (§ 36 VwVfG).
14Das grundsätzliche Erfordernis gesetzlicher Zulassung folgt daraus, dass die Nebenbestimmung den Anspruch auf Erlass des Verwaltungsakts grundsätzlich beschränkt. Das ist der Verwaltung aber nur kraft gesetzlicher Ermächtigung gestattet. Anders verhält es sich nur dort, wo eine Nebenbestimmung der Sicherstellung gesetzlich vorgesehener Voraussetzungen dient. Denn hier räumt die Nebenbestimmung gerade anspruchsversagende Gründe aus.
15Als mögliche Arten von Nebenbestimmungen und ihre rechtlichen Wirkungen (beispielhafte Darstellungen bei Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 36 Rn 13–39; Wolff/Bachof/Stober, II, § 47 Rn 3 ff.) sind stichwortartig Folgende zu nennen:
– Bedingungen sind nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG Bestimmungen, nach denen der Eintritt oder Wegfall einer Begünstigung oder Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt. Derartige Bestimmungen sind zwar grundsätzlich bei der Erteilung von Bergbauberechtigungen zulässig, doch nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt, weil der Unternehmer mit der Berechtigung zum Schutz seiner künftigen Investitionen gerade eine sichere Rechtsposition erhalten soll.
– Auflagen i. S. von § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG sind Bestimmungen, die einem begünstigten Unternehmer ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorschreiben. Sie sind selbstständige Verwaltungsakte, können gleichzeitig mit dem zu ergänzenden Verwaltungsakt (§ 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG) oder nachträglich (§ 16 Abs. 3) erlassen werden und sind selbstständig mit Rechtsmitteln angreifbar.
– Unter Befristung versteht § 36 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG eine Nebenbestimmung, nach der eine Begünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt, endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt. Keine Befristung allerdings ist die Geltungsdauer der Bergbauberechtigungen, da sie mit dem erteilenden Verwaltungsakt selbst als dessen wesentlicher Inhalt festgelegt wird (Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 36 Rn 16).
– § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG räumt mit dem sog. Widerrufsvorbehalt der Behörde die Befugnis ein, bei Vorliegen bestimmter Umstände oder nach allgemeinen Grundsätzen von Ermessensentscheidungen den mit dem Vorbehalt versehenen Verwaltungsakt ganz oder teilweise zu widerrufen und dadurch seine Wirksamkeit zu beenden (§ 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG). Konstitutive Bedeutung kann einem Widerrufsvorbehalt allerdings nur dann zukommen, wenn dadurch der Widerruf etwa einer Berechtigung an andere, engere oder weitere Voraussetzungen gebunden wird als die gesetzliche Regelung (§ 18) dies vorsieht. Zulässig ist ein solcher Widerrufsvorbehalt allerdings nur, wenn die gesetzlichen Widerrufsgründe nicht abschließend sind, anderenfalls könnte sich die zuständige Behörde mit dem Widerrufsvorbehalt unzulässigerweise einen weiteren Aufhebungsgrund schaffen (BVerwGE 45, 235, 241).
– Keine Rolle spielt im Bergrecht wegen der systemimmanenten gesetzlichen Regelungen der §§ 16 Abs. 3, 56 Abs. 1 der Vorbehalt nachträglicher Auflagen (§ 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG).
16Wegen des im Bergrecht geltenden Subsidiaritäts- und Spezialitätsprinzips (§ 5) gilt für die Beifügung von Nebenbestimmungen bereits anlässlich von Entscheidungen über die Erteilung von Bergbauberechtigungen Folgendes:
Erlaubnis und Bewilligung können grundsätzlich unter Auflagen, Bedingungen und ggf. zusätzlichen Befristungen erteilt werden, sofern dabei die gesetzlichen Voraussetzungen des § 36 Absatz 1 VwVfG beachtet werden. Einem Verwaltungsakt, auf dessen Erlass ein Rechtsanspruch besteht, dürfen nur dann und nur soweit Nebenbestimmungen beigefügt werden als sie die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass des Verwaltungsakts sicherstellen. Damit soll im Interesse des Antragstellers erreicht werden, dass bei Fehlen bestimmter Voraussetzungen der Erlass eines Verwaltungsakts nicht gänzlich abgelehnt wird, sondern über Beifügung von Nebenbestimmungen Hinderungsgründe ausgeräumt werden und der Verwaltungsakt erlassen werden kann (beispielhaft Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 36 Rn 39, 51 ff.; zum sog. Koppelungsverbot beim Erlass von Nebenbestimmungen s. Wolff/Bachof/Stober, I, § 30 Rn 10).
Zu Nebenbestimmungen in der Zulassung des Betriebsplans s. § 56 Rn 112 ff.
17Die Entscheidung darüber, ob die Behörde von dieser Möglichkeit des § 36 Abs. 1 VwVfG Gebrauch macht, steht grundsätzlich in ihrem Ermessen (§ 40 VwVfG), soweit nicht besondere Rechtsvorschriften etwas anderes anordnen. Bei der Ausübung des Ermessens darf die Behörde allerdings keine dem Zweck des Verwaltungsakts zuwiderlaufenden Nebenbestimmungen erlassen. Sofern sie erlassen werden, müssen sie mit dem Verwaltungsakt insoweit in einem Zusammenhang stehen, als sie die Schaffung oder Beseitigung von Umständen zum Ziel haben, deren Fehlen oder Vorhandensein die Verwaltung zwingen oder im Rahmen des Ermessens berechtigen würde, die Regelung in der Hauptsache zu versagen oder mit einem Inhalt zu versehen, der für den Betroffenen ungünstiger ist.
18Nebenbestimmungen zu begünstigenden Verwaltungsakten sind, sofern sie nicht deren gesetzliche Voraussetzungen sicherstellen sollen, nur dann zulässig, wenn und soweit sie der Verhinderung, Beseitigung oder Minderung von Nachteilen dienen, die der Allgemeinheit oder einem Einzelnen entstehen oder bereits erstanden sind. Zwischen dem Verwaltungsakt und den zu besorgenden oder zu beseitigenden Nachteilen muss ein adäquater Kausalzusammenhang bestehen (BVerwGE 41, 186).
19Nebenbestimmungen müssen, gleichgültig ob selbstständige Verwaltungsakte oder nicht, inhaltlich so hinreichend bestimmt sein (§ 37 Abs. 1 VwVfG), dass der Antragsteller aus ihnen zweifelsfrei entnehmen kann, was er tun oder lassen soll, weil sonst die Nebenbestimmung unbestimmt ist und damit rechtswidrig sein kann. Das ist der Fall,
– wenn die Versagungsgründe der §§ 11, 12 lediglich wiederholt werden oder
– unbestimmte Rechtsbegriffe wie „angemessen“, „ausreichend“, „erforderlich“, „vorübergehend“ oder „zumutbar“ verwendet werden, die eines Werturteils zu ihrer Konkretisierung bedürfen.
20Eine besondere Begründung wird bei den meisten Nebenbestimmungen entbehrlich sein (§ 39 Abs. 2 VwVfG), außerdem kann sie erforderlichenfalls nachgeholt werden (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG). Da Nebenbestimmungen der Erlaubnis oder Bewilligung hinzugefügt werden, gilt die Schriftform (§ 16 Abs. 1 Satz 1) auch für sie und eine evtl. Begründung.
21Hinsichtlich der selbstständigen Anfechtbarkeit von Nebenbestimmungen gilt:
– Bedingungen und Befristungen sind unselbstständige Teile der jeweiligen Genehmigung und können daher nur zusammen mit dieser angefochten werden (BVerwGE 29, 261 ff., 265).
– Auflagen und Widerrufs- oder Auflagenvorbehalte sind hingegen selbstständig anfechtbare Verwaltungsakte (BVerwGE 36, 145 ff., 154; zur sog. modifizierenden Auflage s. Ule, BImSchG, § 12 Rn 13; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 36 Rn 35 ff.). Eine Anfechtungsklage gegen eine Berechtigung, die mit einer Auflage, einem Widerrufs- oder Auflagenvorbehalt versehen ist, stellt gleichzeitig eine Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Berechtigung ohne diese Nebenbestimmung dar. Gegen die Ablehnung einer beantragten Auflage kann vom Antragsteller mit einer allgemeinen Leistungs- oder Verpflichtungsklage auf Erteilung vorgegangen werden.
22Die Nichtigkeit einer Nebenbestimmung ist grundsätzlich auf diese beschränkt (§ 44 Abs. 1, 2, 4 VwVfG); es sei denn, der nichtige Teil ist so wesentlich, dass die Behörde die Bergbauberechtigung ohne ihn gar nicht erteilt hätte. Das ist dann der Fall, wenn
– der von der Nichtigkeit berührte Teil eines Verwaltungsakts für sich allein keinen Bestand haben kann, weil er in jedem Fall unvollständig bleibt oder
– sich aus dem Inhalt des Verwaltungsakts ergibt, dass er von der Behörde nur als untrennbare Einheit gewollt war (OVG Münster = DVBl 1959, 78 Nr. 33).
2.Nachträgliche Nebenbestimmungen
23a) Allgemeine Grundsätze. Grundsätzlich ist die nachträgliche Anordnung, Ergänzung oder Änderung von Nebenbestimmungen, soweit gesetzlich nichts anderes vorgesehen ist, nur dann zulässig, wenn
– sie im ursprünglichen Verwaltungsakt nach § 36 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG oder in Analogie dazu aufgrund von § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG vorbehalten wurde oder
– die Voraussetzungen eines Widerrufs nach § 49 VwVfG, einer Rücknahme nach § 48 VwVfG oder einer Abänderung des Verwaltungsakts im Wiederaufnahmeverfahren nach § 51 VwVfG vorliegen.
Eine derartige, nachträgliche Anordnung, Änderung oder Ergänzung von Nebenbestimmungen bedeutet sachlich immer eine teilweise Aufhebung des ursprünglichen Verwaltungsakts verbunden mit einem teilweisen Neuerlass eines Verwaltungsakts mit teilweise anderem Inhalt. Für beides müssen deshalb Gründe für die rechtmäßige Ausübung eines Widerrufs- oder Rücknahmerechts und für den Erlass eines neuen Verwaltungsakts erfüllt sein.
24b) Nachträgliche Auflagen. Das BBergG hat in § 16 Abs. 3 nur die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen geregelt und ausdrücklich zugelassen. Es legt die rechtlichen Voraussetzungen abschließend fest, nach denen allein die nachträgliche Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von Auflagen zu Erlaubnis und Bewilligung zulässig sind. Andere nachträgliche Nebenbestimmungen wie Befristung, Bedingung, Widerrufs- oder Auflagenvorbehalt können deshalb nicht auf § 16 Abs. 3 gestützt werden. Für sie gelten die allgemeinen Grundsätze.
25Die Voraussetzungen, auf die eine nachträgliche Auflage, ihre Änderung oder Ergänzung gestützt werden darf, entstammen Rechtsgedanken des früheren § 25 Abs. 3 Satz 3 GewO und des § 17 Abs. 2 Satz 2 BImSchG. Sie bestimmen, dass Aufnahme, Änderung oder Ergänzung
– von Auflagen für den Unternehmer und Einrichtungen der von ihm betriebenen Art wirtschaftlich vertretbar,
– nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik erfüllbar und
– zur Wahrung der in den §§ 11, 12 bezeichneten Rechtsgüter und Belange erforderlich sein müssen. Zur umfassenden Interpretation der Begriffe „wirtschaftliche Vertretbarkeit“ und „technische Erfüllbarkeit“ vgl. § 56 Rn 245 ff., 252 ff.; Boldt/Weller (2016), §§ 16 Rn 30 ff., 56 Rn 16 ff.).
26Neben der wirtschaftlichen Vertretbarkeit und technischen Erfüllbarkeit nachträglicher Auflagen, ihrer Änderung oder Ergänzung ist deren Erforderlichkeit von Bedeutung, die Frage also, ob der mit den §§ 11, 12 verfolgte Zweck des Gesetzes auch ohne diese Maßnahme erreicht werden kann oder nicht. Für die Beantwortung ist entscheidend, ob die Maßnahme hierfür objektiv geeignet ist. Ist sie das nicht, kann sie auch nicht erforderlich (zum Begriff der Erforderlichkeit, der aus dem Polizeirecht stammt, etwa § 51 prPVG, OVG Lüneburg = DVBl 1957, 275 ff.) sein.
27Andererseits muss klar sein, dass nicht jede geeignete Maßnahme auch erforderlich ist. Vielmehr ist unter mehreren Maßnahmen nur die erforderlich, ohne die der Zweck der gesetzlichen Vorschrift nicht erreicht werden kann. Maßnahmen, durch die der Zweck des Gesetzes auch erreicht werden kann, die aber mehr verlangen als dafür unerlässlich ist (Übermaß), sind nicht erforderlich. Nicht erforderlich sind daher Auflagen, die eine zeitlich unbegrenzte Maßnahme treffen, wenn eine zeitlich begrenzte genügt oder eine sachlich umfassende, wo eine sachlich eingeschränkte ausreicht (Ule, BImSchG, § 12 Rn 8).
28Der Begriff der Erforderlichkeit ist ein Rechtsbegriff, dessen Inhalt und Umfang von den Verwaltungsgerichten nachgeprüft werden kann. Er ist jedoch ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Anwendung auf den Einzelfall ein ergänzendes Werturteil der Behörde erforderlich macht. In Grenzfällen kann das dazu führen, dass mehr als eine der möglichen Entscheidungen vetretbar und deshalb als rechtmäßig anzusehen ist.
29Objektiv nicht geeignet sind Maßnahmen, die etwas tatsächlich und rechtlich Unmögliches verlangen, wobei wirtschaftliches Unvermögen mit tatsächlicher Unmöglichkeit nicht gleichgesetzt werden darf. Rechtlich unmöglich ist für einen Unternehmer auch eine Handlung, zu der er privatrechtlich nicht befugt ist oder zu der er der Zustimmung eines Dritten bedarf, es sei denn, die Erteilung dieser Zustimmung kann objektiv vorausgesetzt werden. Ungeeignet ist eine Maßnahme hingegen nicht schon dann, wenn durch sie eine Gefahr nicht vollständig, sondern nur teilweise abgewehrt wird (Ule, a. a. O.). Das gilt auch für die Beseitigung von Versagungsgründen im Erteilungsverfahren.
30Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von nachträglichen Auflagen liegt im Ermessen der zuständigen Behörde. Sie kann darüber entscheiden, ob sie die Auflage erlassen, ändern oder ergänzen will (Erschließungsermessen) und welche Maßnahme sie trifft (Auswahlermessen). Hierbei muss sie nach § 40 VwVfG die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhalten. Das sind neben der Vermeidung von Ermessensüber- oder -unterschreitungen die Einhaltung des Gleichheitsgrundsatzes besonders in Fällen der Selbstbindung der Verwaltung durch Verwaltungsvorschriften, die Beachtung der Grundsätze der Sozialstaatlichkeit und Verhältnismäßigkeit (Stelkens/Bonk/Leonhardt, VwVfG, § 40 Rn 27; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Vorb. § 40 Rn 41 ff.).
31Rechtsmittel gegen die Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer nachträglichen Auflage ist der Widerspruch nach § 68 VwGO, sofern er nicht landesrechtlich entfallen ist. Wird diesem nicht abgeholfen und lehnt auch die Widerspruchsbehörde die Aufhebung ab (§ 73 VwGO), so kann der Unternehmer Anfechtungsklage erheben (§§ 42, 74 VwGO) oder – bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen – auch Untätigkeitsklage (§ 75 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Widerspruch und Anfechtungsklage haben eine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO). Ordnet die zuständige Behörde sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO an, so kann der Unternehmer hiergegen mit dem Wiederherstellungsantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hinsichtlich der aufschiebenden Wirkung oder der Anfechtungsklage vorgehen (Redecker-von Oertzen, VwGO, § 80 Rn 55 ff.; OVG Münster, DVBl 1972, 461 ff.). S. Rechtsmittel im Betriebsplanverfahren § 56 Rn 172 ff.