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5.3 Verantwortliche Führung der WPG

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Die Anerkennung als WPG ist an bestimmte berufsrechtliche Kriterien geknüpft, die im Fünften Abschnitt der WPO in den §§ 27 bis 34 geregelt sind. Die Voraussetzungen für die Anerkennung finden sich insbesondere in § 28 WPO. Sie beziehen sich auf die gesetzliche Vertretung und die Gesellschafterstruktur. Grundvoraussetzung für die Anerkennung ist gem. § 1 Abs. 3 Satz 2 WPO, dass eine WPG von WP verantwortlich geführt wird. Dies bedeutet, dass wenigstens einer der gesetzlichen Vertreter als WP in Deutschland zugelassen ist und zur verantwortlichen Führung der WPG in der Lage sein muss.58) Die weitgehende Gleichstellung der EU/EWR-Abschlussprüfer mit WP bei der gesetzlichen Vertretung in § 28 WPO geht also nicht so weit, dass WPG auch verantwortlich durch EU-/EWR-Abschlussprüfer geführt werden dürfen.

Eine verantwortliche Führung setzt voraus, dass die Vertreter der WPG in beruflichen Angelegenheiten bei ihren Entscheidungen und ihrem Handeln von Weisungen und der Zustimmung dritter Personen frei sein müssen. So entscheiden z. B. über die Annahme oder Ablehnung von beruflichen Aufträgen oder über Honoraransprüche allein die verantwortlichen WP. Das gilt auch bei Personalentscheidungen. Bei der Einstellung der Mitarbeiter vertritt die WPK deshalb die Auffassung, dass erst ab der Gruppe der leitenden Mitarbeiter die Zustimmung der Gesellschafter oder eines anderen Gesellschaftergremiums vorgesehen werden darf; dabei orientieren sich die maßgeblichen Gehaltsgrenzen in etwa an der Obergrenze für die Beitragsbemessung in der Rentenversicherung. Bei Mietverträgen über Praxisräume oder Maschinen etc. gilt nach Auffassung der WPK, dass bis zu einer jährlichen Belastung in Höhe des halben Stammkapitals eine Zustimmung Dritter nicht zulässig ist; entsprechendes soll bei der entgeltlichen Anschaffung von Büromaschinen, Büromöbeln etc. gelten.59)

Die verantwortliche Führung der WPG im Bereich der Abschlussprüfung wird durch § 44 Abs. 1 Satz 3 WPO unterstützt: Anteilseigner einer WPG und Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane dieser oder einer verbundenen WPG dürfen auf die Durchführung von Abschlussprüfungen nicht in einer Weise Einfluss nehmen, die die Unabhängigkeit der verantwortlichen Berufsangehörigen beeinträchtigt. In die gleiche Richtung geht auch § 32 WPO. Nach dieser Vorschrift dürfen Bestätigungsvermerke, die WPG erteilen, nur von WP unterzeichnet werden. Von vBP dürfen diese unterzeichnet werden, soweit diese befugt sind, Bestätigungsvermerke zu erteilen. EU- oder EWR-Abschlussprüfer haben nicht das Recht zur Unterzeichnung von Bestätigungsvermerken.

Wenn unter den gesetzlichen Vertretern nur ein verantwortlicher WP vorhanden ist, dann hat dies zur Konsequenz, dass ihm Einzelvertretungsmacht erteilt sein muss. EU- oder EWR-Abschlussprüfer sind in die verantwortliche Führung durch WP eingebunden. Sie können auch gesetzliche Vertreter einer WPG sein.

Beispiel Können drei EU-Abschlussprüfer (z. B. Chartered Accountants (UK)) allein die gesetzliche Vertretung einer WPG übernehmen? Das ist nicht zulässig, da gem. § 1 Abs. 3 WPO wenigstens ein in Deutschland bestellter WP die verantwortliche Leitung der Gesellschaft innehaben muss. Eine verantwortliche Führung nur durch EU- oder EWR-Abschlussprüfer kennt das Gesetz nicht.

Problematisch ist die gesetzliche Regelung in folgendem Sonderfall: Hat die Gesellschaft nur zwei gesetzliche Vertreter, so muss einer von ihnen Berufsangehöriger oder EU- oder EWR-Abschlussprüfer sein (§ 28 Abs. 1 Satz 3 WPO). Das würde bedeuten, dass eine WPG z. B. einen EU-Abschlussprüfer und einen StB als gesetzliche Vertreter haben könnte. Das ist nach § 1 Abs. 3 WPO nicht erlaubt. Die grundsätzliche Gleichstellung des WP mit EU- oder EWR-Abschlussprüfern in der WPO bedeutet nicht, dass diese allein die verantwortliche Führung einer WPG übernehmen können. Eine solche Führung der WPG ohne wenigstens einen WP sieht § 1 Abs. 3 WPO nicht vor.60) Deshalb besteht in der Regelung des § 28 Abs. 1 Satz 3 WPO ein eklatanter Widerspruch zu der Grundregel des § 1 Abs. 3 Satz 2 WPO. Abgesehen davon, dass diese Gestaltung wohl nur geringe praktische Bedeutung gewinnen wird, muss ihr Wortlaut als verunglückt angesehen werden. Man wird auch in diesem Fall davon ausgehen müssen, dass ein EU- oder EWR-Abschlussprüfer die Gesellschaft nicht verantwortliche führen kann.

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