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4.Franchiseverträge

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170Eine weitere, weit verbreitete Form des gesetzlich nicht geregelten Vertriebsvertrags stellt der Franchisevertrag dar. Dieser Oberbegriff erfasst eine Vielzahl unterschiedlichster in der Praxis anzutreffender Ausgestaltungsformen.

171a) Gegenstand des Franchisevertrags. Als Grundmuster lässt sich eine Organisation dergestalt ausmachen, dass der Franchisegeber dem Franchisenehmer gegen eine Franchisegebühr ein ausgefeiltes und typisiertes „Absatzkonzept“ zur Verfügung stellt. Dieses beinhaltet insbesondere die Überlassung von Unternehmenskennzeichen, Marken, Werbemitteln, Marketing- und Organisationskonzepten, etc. In Betracht kommen dabei vor allem die Formen des Vertriebs- und Dienstleistungsfranchising in jeweils unterschiedlichsten Spielarten. Was das Vertriebsfranchising anbetrifft, so erwirbt der Franchisenehmer die Waren vom Franchisegeber und veräußert diese mit Hilfe des ebenfalls bereitgestellten Absatzkonzepts. Ähnlich gestaltet sich das Dienstleistungsfranchising, bei welchem lediglich Dienstleistungen (wie etwa die Veranstaltung von Reisen) anstelle von Waren vertrieben werden. Typisch ist insgesamt das einheitliche („kettenartige“) Auftreten sämtlicher Franchisenehmer auf dem Markt, was unter anderem die vollständige und ausschließliche Ausrichtung des Geschäftsbetriebs des Franchisenehmers auf das Franchisesystem voraussetzt. Nach außen hin dürfte die Unterscheidung zwischen einem Vertrieb über eigene Filialen des Herstellers und demjenigen über ein Franchisesystem damit bisweilen schwer fallen. Insbesondere wird der von einem Franchisenehmer geschaffene Goodwill vor allem zu Gunsten des Franchisegebers zu Buche schlagen, werden aber im umgekehrten Fall auch negative Kundenerlebnisse direkt zu seinen Lasten gehen.

172Im Innenverhältnis nehmen sich die Unterschiede zu den sonstigen Vertriebsformen indes durchaus beträchtlich aus. So handelt der Franchisenehmer gegenüber seinen Kunden vollständig im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, was ihn zudem vom Handelsvertreter unterscheidet. Ein wichtiges Differenzierungsmerkmal zum Vertragshändler bildet demgegenüber die an den Franchisegeber zu entrichtende Franchisegebühr.

173Der Franchisevertrag zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer lässt sich nach alldem als Bestandteil eines umfassenden Franchisesystems beschreiben, in welchem ein Franchisegeber mehreren Franchisenehmern jeweils ein so genanntes „Franchisepaket“ zur Verfügung stellt. Dieses beinhaltet ein Beschaffungs-, Absatz- und Organisationskonzept, die Gewährung von Schutzrechten, die Ausbildung des Franchisenehmers sowie die Verpflichtung des Franchisegebers, den Franchisenehmer zu unterstützen und das Konzept stetig weiterzuentwickeln. Der Franchisenehmer entrichtet für das Franchisepaket ein Entgelt. Er handelt im eigenen Namen und für eigene Rechnung und ist zur Nutzung des Pakets nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet.

174b) Vertragsinhalte im Einzelnen. Der Franchisenehmer ist aufgrund des Franchisevertrags verpflichtet, das Franchisesystem anzuwenden und zu fördern. Dies bedeutet vor allem die Einhaltung der vom Franchisegeber ausgegebenen Systemanwendungsrichtlinien. Die Wesentlichkeit dieser Pflicht begründet sich insbesondere daraus, dass gerade die Gewährleistung eines einheitlichen Standards in allen Franchisefilialen für das Funktionieren und die Werbewirksamkeit des gesamten Franchisesystems maßgebliche Grundlage ist.

Eine weitere Pflicht besteht in der Entrichtung von Franchisegebühren. Zumeist handelt es sich dabei um die Zahlung eines einmaligen Fixbetrags zu Vertragsbeginn sowie um laufende Zahlungen in der Folgezeit, welche sich üblicherweise am Umsatz des Franchisenehmers ausrichten.

175Für die Vertragsdauer besteht ein Wettbewerbsverbot des Franchisenehmers gegenüber dem Franchisegeber. Hinzu treten Kontroll- und Informationsrechte des Franchisegebers sowie bisweilen Mindestabnahmeverpflichtungen.

Seitens des Franchisegebers besteht eine Förderungspflicht, die verschiedenste Aspekte wie etwa das Beachten des Franchisekonzepts, Unterstützung und Organisation des Franchisenehmerbetriebs, die Durchführung von Werbemaßnahmen, etc. beinhaltet. Zudem muss der Franchisegeber für die generelle Tauglichkeit des Franchisesystems zur Gewinnerzielung, also für dessen grundsätzliche Funktionsfähigkeit einstehen. Dies umfasst indes nicht die Übernahme einer Gewähr für eine nachhaltige Gewinnerzielungsmöglichkeit des Franchisenehmers. Denkbar sind zudem Gebietsschutzabreden und Alleinvertriebsrechte des Franchisenehmers (zur wettbewerbsrechtlichen Dimension vgl. u. § 4 II 2.e).

176c) Lizenzvertragliche Inhalte. Indem dem Franchisenehmer im Franchisepaket Rechte zur Nutzung von Marken, Unternehmenskennzeichen, etc. eingeräumt werden, enthält der Franchisevertrag zwangsläufig lizenzvertragliche Vereinbarungen. Dabei handelt es sich um Verträge, in welchen dem Lizenznehmer das Recht zur Verwertung oder zur Nutzung eines fremden Immaterialgüterrechts eingeräumt wird, ohne dass dabei das Immaterialgüterrecht übertragen wird. Der Lizenznehmer ist dem Lizenzgeber im Gegenzug zur Zahlung einer Lizenzgebühr verpflichtet. Lizenzverträge lassen sich keinem bestimmten Vertragstypus zuordnen. Es sind Dauerschuldverhältnisse eigener Art, bei welchen allerdings zumeist pachtrechtliche Elemente überwiegen.

177Als Gegenstand eines Lizenzvertrags kommen Nutzungsrechte an Marken, Unternehmenskennzeichen, Patenten, Urheberrechten, Gebrauchsmustern und ähnlichen Rechten in Betracht. Es kann jedoch auch ein Bedarf dafür bestehen, Nutzungsrechte an immateriellen Gegenständen einzuräumen, die keine schutzfähige Leistung in diesem Sinne darstellen und hinsichtlich derer keine ausschließliche Rechtsposition des Inhabers gegeben ist. Zu denken ist etwa an die Überlassung von streng gehüteten Firmengeheimnissen, wie bestimmten Rezepturen o. ä. Der Sache nach werden solche „Know-how-Verträge“ den Lizenzverträgen gleichgestellt. Man bezeichnet sie der Differenzierung halber als lizenzähnliche Verträge.

Die genaue Ausgestaltung des Lizenzvertrags erfolgt nach den Bedürfnissen des jeweiligen Einzelfalls. Ergänzend finden sich verschiedene gesetzliche Regelungen im Zusammenhang mit den jeweiligen Gewerblichen Schutzrechten (in Deutschland etwa in § 38 MarkenG; § 15 PatentG; § 31 ff. UrhG).

178d) Analoge Anwendbarkeit von Handelsvertreterrecht. Auch für den Vertragstyp des Franchisevertrags stellt sich die Frage einer analogen Anwendbarkeit des Handelsvertreterrechts. Die Beurteilung erfolgt dabei im Wesentlichen parallel zu derjenigen beim Vertragshändlervertrag. So ist auch hier maßgeblich, inwieweit eine dem Handelsvertreter vergleichbare Eingliederung in die Vertriebs- und Absatzorganisation des Lieferanten erfolgt. Dies dürfte jedoch infolge der zumeist sehr starken Führung des Franchisenehmers durch den Franchisegeber überwiegend sogar noch eher anzunehmen sein, als beim Vertragshändler. Auch hier gilt, dass eine analoge Anwendung nur für diejenigen Vorschriften möglich ist, die ihrem Regelungsziel nach auf die Situation des Franchisevertrags zutreffen. Dies ist insbesondere für die Vorschriften über nachvertragliche Ausgleichszahlungen sowie Wettbewerbsverbote der Fall.

179e) Wettbewerbsrechtliche Beurteilung. In Franchiseverträgen sind verschiedene Abreden denkbar, die sich aus wettbewerbsrechtlicher Sicht als bedenklich erweisen können. Dies gilt z. B. für Wettbewerbsverbote, Preis- und Konditionenbindungen sowie für Gebietsschutz- und Alleinvertriebsregelungen. Da auch Franchisenehmer aufgrund des von ihnen zu tragenden wirtschaftlichen Risikos (sie handeln als selbstständige Unternehmer im eignen Namen und für eigene Rechnung) nicht als „echte Handelsvertreter“ anzusehen sind, finden die Regelungen des Kartellrechts auch hier grundsätzlich uneingeschränkt Anwendung. Zu berücksichtigen ist indes die Gruppenfreistellungsverordnung 2790/1999 (Abl. EG vom 29.12.1999 L 336/21).

180f) Vor- und Nachteile für den Geschäftsherrn. Vertreibt der Geschäftsherr seine Produkte über ein Franchisesystem, so behält er eine weitreichende Kontrolle über die Ausgestaltung des Vertriebs, während er die Vertriebskosten- und -risiken auf den Franchisenehmer übertragen kann. Infolge des kettenartigen Auftretens wächst ihm darüber hinaus regelmäßig der vom Franchisenehmer erworbene Goodwill zu.

Er selbst trägt jedoch Produktionskosten und -risiken und muss sich infolge wettbewerbsrechtlicher Regelungen damit abfinden, keinen Einfluss auf die Preisgestaltung des Franchisenehmers gegenüber den (End-)Abnehmern nehmen zu können.

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