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3.Angebote, die den Bestimmungen des § 13 Abs. 1 Nr. 5 nicht entsprechen

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19Ebenfalls sind solche Angebote auszuschließen, die Änderungen an den Vergabeunterlagen beinhalten (§ 13 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 VOB/A) oder bei welchen Änderungen an den Eintragungen nicht zweifelsfrei sind (§ 13 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 VOB/A).21

20Die Veränderung der Vergabeunterlagen zählt zu den häufigen Ausschlussgründen. Als gefährlich erweisen sich in der Praxis immer wieder Begleitschreiben zum Angebot, in welchen nicht selten vertragliche Änderungen wie etwa Haftungsbeschränkungen eingeführt werden oder aber inhaltliche Änderungen wie die Herausnahme bestimmter Leistungen niedergelegt sind. Gelegentlich werden mit solchen Schreiben auf der Rückseite auch die AGB des Bieters übersandt. Bieter müssen die Leistung – sofern nicht Nebenangebote zugelassen sind – exakt so und exakt zu den vom Auftraggeber vorgegebenen Konditionen anbieten; anderenfalls führt jedwede Abweichung – auch von unwesentlichen Vorgaben22 – vom Inhalt der Ausschreibung zwingend zum Angebotsausschluss.

21Gerade weil auch unwesentliche Änderungen an den Vergabeunterlagen schnell zum Ausschluss eines Angebots führen und hierdurch u. U. erhebliche Mehrkosten bei der öffentlichen Beschaffung entstehen können, versucht die Rechtsprechung zunehmend, Angebote über eine Aufklärung zu retten.

22Der Bundesgerichtshof hat kürzlich für (absichtlich oder versehentlich) beigefügte Bieter-AGB eine deutlich bieterfreundlichere Handhabung vorgegeben und im konkreten Fall einen Ausschluss wegen Inbezugnahme von AGB jedenfalls ohne vorherige Aufklärung als unzulässig angesehen.23 Im entschiedenen Fall hatte der Auftraggeber seiner Ausschreibung eine „Abwehrklausel“ zugrunde gelegt, wonach u. a. Liefer- und Vertragsbedingungen des Bieters nicht Vertragsbestandteil werden. Den auf eine Veränderung der Vergabeunterlagen gestützten Angebotsausschluss sah der Bundesgerichtshof als nicht gerechtfertigt an, da keine unzulässige Veränderung der Vergabeunterlagen vorliege, weil die beigefügten AGB aufgrund der Abwehrklausel des Auftraggebers nicht zum Vertragsbestandteil werden konnten. Eine solche Abwehrklausel ziele gerade darauf ab, den Ausschluss von Ange-boten zu vermeiden, wenn ein Bieter seinem Angebot eigene Vertragsklauseln beifüge und zwar unabhängig davon, ob es sich um AGB oder einzelvertragliche Regelungen handele. Der Auftraggeber müsse in solchen Fällen daher eine Aufklärung durchführen und dem Bieter Gelegenheit geben, von der hinzugefügten eigenen Regelung Abstand zu nehmen.24 Der BGH weist allerdings darauf hin, dass unverändert dann ein Ausschluss ohne Notwendigkeit (und Zulässigkeit) einer Aufklärung erfolgen muss, wenn ein inhaltlich von den Vergabeunterlagen abweichendes Angebot abgegeben wird und dieses nicht durch bloßes Hinwegdenken der Abweichung in ein zuschlagsfähiges Angebot überführt werden kann.

23Anders als bei bloßen AGB können individuelle von den Vergabeunterlagen abweichende Erklärungen eines Bieters nicht auf dem Wege des „Hinwegdenkens“ geheilt werden, da sich auch etwa verwendete „Abwehrklauseln“ in aller Regel gegenüber individuellen Erklärungen eines Bieters nicht durchsetzen und daher in einem solchen Fall unverändert eine unzulässige Abweichung von den Vergabeunterlagen vorliegt.25

24Weiterhin betrachtete etwa die Vergabekammer Westfalen die Eintragung von mehreren alternativen Positionen in eine vom Auftraggeber geforderte Fabrikatsliste und sogar eine Eintragung eines Fabrikats mit dem Zusatz „oder gleichwertig“ nicht als unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen.26 Neben Zweifeln an der Eindeutigkeit der Vorgaben für die Fabrikatsangaben begründete die Vergabekammer dies mit einer möglichen und vom Auftraggeber nicht durchgeführten Aufklärung. Wird jedoch vom Auftraggeber bei einer funktionalen Ausschreibung die Angabe eines bestimmten Fabrikats und damit eine Festlegung des Bieters hierauf gefordert, behält sich der Bieter indes durch Zusätze wie „oder gleichwertig“ eine eigene Auswahl irgendeines gleichwertigen Fabrikats vor, so liegt hierin eine Änderung der Vergabeunterlagen, welche durch eine Aufklärung nicht geheilt werden kann, da eine solche nicht zu einer Änderung des Angebots führen darf. Die Bemühungen der Rechtsprechung, über Aufklärung Angebotsausschlüsse zur Vermeidung unnötig hoher Beschaffungskosten zu vermeiden, sind nachvollziehbar, finden jedoch in dem formalen Korsett der VOB/A ihre Grenze. Bieter sollten sich daher nicht darauf verlassen, dass etwaige von der Ausschreibung abweichende Angaben über eine Aufklärung geheilt werden können.

Praxiskommentar VOB - Teile A und B

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