Читать книгу Praxiskommentar VOB - Teile A und B - Susanne Roth - Страница 260

C.Fakultative Ausschlussgründe, § 16 Abs. 2 VOB/A I.Insolvenz des Bieters, § 16 Abs. 2 Nr. 1 VOB/A

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76Nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 VOB/A kann der Auftraggeber ein Unternehmen ausschließen, wenn

– über das Vermögen des Unternehmens ein Insolvenzverfahren oder ein vergleichbares Verfahren eröffnet wurde oder

– die Eröffnung beantragt wurde oder

– dieser Antrag mangels Masse abgelehnt worden ist.

77In diesen Fällen steht es im Ermessen des Auftraggebers, ob er das Unternehmen ausschließt, oder das Angebot in die (weitere) Wertung hineinnimmt. Maßstab für die Ermessensausübung ist die Frage der Eignung und insbesondere der finanziellen Leistungsfähigkeit, die mit der Eröffnung oder Beantragung eines Insolvenzverfahrens nicht automatisch entfällt, sondern im jeweiligen Einzelfall zu prüfen ist. Hierbei steht dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zu.80

78Der Auftraggeber ist zu einer umfassenden Prüfung und Nachforschung verpflichtet, ob der Bewerber/Bieter im Hinblick auf seine personelle, technische und finanzielle Ausstattung für den konkreten Auftrag die Gewähr einer reibungslosen Abwicklung bietet und ob man sich auf ihn verlassen kann.81 Dabei indiziert die Beantragung bzw. Eröffnung eines Insolvenzverfahrens allein noch keine fehlende Leistungsfähigkeit und gestattet keine generalisierende Ermessensbetätigung des Auftraggebers.82 Die allgemeinen Risiken, die bei einem insolventen Unternehmen immer bestehen, können deshalb für sich genommen keinen Ausschluss rechtfertigen.83

79Geboten ist deshalb eine Beurteilung der Leistungsfähigkeit für den konkreten Auftrag, wofür insbesondere ein Insolvenzplan, die Höhe der von Gläubigern angemeldeten Forderungen und sonstige Erkenntnisse zur Wahrscheinlichkeit einer Erholung des Unternehmens herangezogen werden können.84 Auf der anderen Seite kann der Auftraggeber die Bedeutung, Komplexität und Dauer des ausgeschriebenen Auftrages sowie die Risiken einer vorzeitigen Beendigung des Auftrages in seine Betrachtungen einstellen.

80Die Rechtsprechung billigt dem Auftraggeber einen Entscheidungsspielraum zu, in welchem Maße er bereit ist, Risiken einzugehen. Hierbei kann der Auftraggeber auch den Abstand zum nächsten Bieter berücksichtigen und somit wirtschaftliche Chancen und Risiken in die Entscheidung einfließen lassen.85

81Sofern ein Insolvenzantrag allerdings mangels Masse abgelehnt wurde, wird in aller Regel eine positive Prognose kaum möglich sein und ist ein Ausschluss regelmäßig ohne tiefer gehende Aufklärungen und Ermessenserwägungen gerechtfertigt.86

82Teilweise wird angenommen, dass der Ausschlussgrund bei der Beteiligung von Bietergemeinschaften bereits dann eröffnet ist, wenn ein Mitglied der Bietergemeinschaft insolvent wird.87 Dies erscheint insoweit zweifelhaft, als die Ausschlussgründe an die Insolvenz des Bewerbers bzw. Bieters anknüpfen und die einem Einzelbieter gleichzusetzende Bietergemeinschaft als solche in dieser Konstellation nicht in Insolvenz geraten ist. Allerdings ist freilich die Insolvenz eines Bietergemeinschaftsmitglieds auf der Ebene der Eignungsprüfung zu würdigen.88 Darüber hinaus begründet bei einer zweigliedrigen Bietergemeinschaft der Wegfall eines Mitglieds durch Insolvenz einen zwingenden Ausschluss, weil das verbliebene Mitglied nunmehr als Einzelbieter auftritt und damit eine unzulässige Identitätsänderung vorliegt.89

83Der Ausschlussgrund entfällt schließlich, wenn das Insolvenzverfahren beendet wurde und der Betrieb wieder ordnungsgemäß arbeitet und insbesondere seine Verpflichtungen wieder voll erfüllt.90

Praxiskommentar VOB - Teile A und B

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