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V.Innovationspartnerschaft, § 3 EU Satz 1 Nr. 5 VOB/A 1.Charakteristik

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55Die Innovationspartnerschaft ist ein Verfahren zur Entwicklung innovativer, noch nicht auf dem Markt verfügbarer Bauleistungen und zum anschließenden Erwerb der daraus hervorgehenden Leistungen. § 3 EU Satz 1 Nr. 5 VOB/A ist mit § 119 Abs. 7 Satz 1 GWB nahezu wortgleich, wobei nachvollziehbar der Bezug auf verfügbare Liefer- oder Dienstleistungen fehlt. Satz 2 des § 119 Abs. 7 GWB fehlt gänzlich, was nicht nachvollziehbar ist, denn diesem ist schon einmal zu entnehmen, dass die Innovationspartnerschaft zwingend eine Bekanntmachung gemäß § 12 EU Abs. 3 Nr. 1 und 2 VOB/A in Verbindung mit Anhang II der (EU) Durchführungsverordnung 2015/1986 (DE Standardformular 2) mit Teilnahmewettbewerb erfordert (siehe Kommentierung zu § 3b EU Abs. 5 Nr. 1 und 2 VOB/A).

56Der Verfahrensablauf der Innovationspartnerschaft gliedert sich in den vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb, einer daran anschließenden Verhandlungsphase und der abschließenden eigentlichen Innovationspartnerschaft im Sinne einer Forschung- und Entwicklungskooperation.69 Verhandelt wird auf der Grundlage der eingereichten Angebote über diese selbst und somit über den gesamten Auftragsinhalt, wobei grundsätzlich Mindestanforderungen und Zuschlagskriterien hiervon ausgenommen sind (siehe Kommentierung zu § 3b EU Abs. 5 Nr. 4 VOB/A).

57Die neue Verfahrensart ist in Art. 31 der Richtlinie 2014/24/EG geregelt und von den Mitgliedstaaten verpflichtend umzusetzen, was in Deutschland mit der Vergaberechtsreform 2016 geschehen ist. Der EU-Richtliniengeber verfolgt mit dieser neuen Verfahrensart das vergaberechtliche Ziel – bezogen auf Teil 2 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – die Entwicklung einer innovativen Bauleistung und deren anschließenden Erwerb in einem Vergabeverfahren zu ermöglichen (Erwägungsgrund (49) RL 2014/24/EU). Der Begriff der Innovation ist in Art. 2 Nr. 22 RL 2014/24/EU legaldefiniert: „Innovation“ ist danach die Realisierung von neuen oder deutlich verbesserten Waren, Dienstleistungen oder Verfahren, einschließlich – aber nicht beschränkt auf – Produktions-, Bau-, oder Konstruktionsverfahren, eine neue Vermarktungsmethode oder ein neues Organisationsverfahren in Bezug auf Geschäftspraxis, Abläufe am Arbeitsplatz oder externe Beziehungen.

58Dem Erwägungsgrund (49) der RL 2014/24/EU ist zu entnehmen, dass sich die Verfahrensregeln zur Innovationspartnerschaft auf die des Verhandlungsverfahrens stützen sollten. Damit dürfte die Innovationspartnerschaft als Unterfall des Verhandlungsverfahrens im rechtlichen Sinne gelten.70 Die Nähe zum Verhandlungsverfahren mag wohl auch der Grund dafür sein, dass bei der Innovationspartnerschaft ebenso wie beim Verhandlungsverfahren Mindestanforderungen festzulegen sind, während dies beim wettbewerblichen Dialog nicht der Fall ist. Nachvollziehbar ist das jedenfalls nicht. Gemeinsam ist allen drei Verfahrensarten die im Ergebnis mehr oder weniger zu Beginn des Vergabeverfahrens unvollständige Beschreibung dessen, was der Auftraggeber beschaffen will, also des Auftragsgegenstandes. Dieser soll ja erst durch „Verhandlungen“ bzw. „Dialogphasen“ zuschlagsfähig konkretisiert werden. Beim Verhandlungsverfahren und wettbewerblichen Dialog sind konzeptionelle oder innovative Lösungen schon am Markt vorhanden, nur der öffentliche Auftraggeber weiß, einfach ausgedrückt, nicht, was der Markt bietet. Umgekehrt bei der Innovationspartnerschaft. Der Anwendungsbereich der Innovationspartnerschaft ist nur eröffnet, wenn es um die Entwicklung eines innovativen Produktes, hier also einer Bauleistung geht, die tatsächlich (objektiv) noch nicht am Markt verfügbar ist, wobei es letztendlich nur um echte Forschungs- und Entwicklungsleistung gehen kann.71 Der Richtlinien- bzw. Gesetzgeber geht wohl davon aus, dass der öffentliche Auftraggeber weiß, welche Forschungs- und Entwicklungsleistungen am Markt fehlen und er darüber hinaus auch noch in der Lage ist, Mindestanforderungen für das zu entwickelnde, objektiv am Markt nicht verfügbare, innovative Produkt zu formulieren. § 3 EU Abs. 5 VOB/A dürfte sich daher – wenn überhaupt – nur an wenige öffentliche Auftraggeber richten, die selbst im Bereich der Forschung tätig sind, wie dies beispielsweise bei Universitäten der Fall ist.

Praxiskommentar VOB - Teile A und B

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