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C.Rechtsschutz I.Primärrechtsschutz

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61Der öffentliche Auftraggeber muss das nach den gesetzlichen Vorgaben zulässige Vergabeverfahren wählen. Die fehlerhafte Wahl der Vergabeart kann im Wege des Primärrechtsschutzes vor den Vergabekammern geltend gemacht werden, sofern die Bieter zuvor die vermeintlich fehlerhafte Verfahrensart gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB rechtzeitig gerügt haben.72 Ob mit der Gleichrangigkeit von öffentlichem und nicht-öffentlichem Verfahren es Bietern nunmehr an einer Verletzung subjektiver Rechte fehlt und mithin die Wahlentscheidung zwischen beiden Vergabearten des öffentlichen Auftraggebers einer Überprüfung durch die Nachprüfungsinstanzen nicht (mehr) zugänglich ist,73 dürfte fraglich sein. Fragwürdig ist die Gleichrangigkeit von offenen und nicht offenen Verfahren, wenn bei letzterem der öffentliche Auftraggeber den geeigneten Bewerberkreis weiter einschränkt (siehe hierzu die Kommentierung zu § 3a EU VOB/A Rn. 9). Jedenfalls dürfte der Weg zu den Nachprüfungsinstanzen frei sein, was die Wahlentscheidung des öffentlichen Auftraggebers im Hinblick auf das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb nach § 3a EU Abs. 2 VOB/A und den wettbewerblichen Dialog (§ 3a EU Abs. 4 VOB/A) betrifft.74 Einen Schaden dürften Bieter insoweit ohne weiteres darlegen können, da sich beide Verfahren einmal im Hinblick auf den Beschaffungsgegenstand und den Verhandlungsgegenstand grundlegend voneinander unterscheiden (siehe oben Rn. 52 und Kommentierung zu § 3b EU VOB/A Rn. 23 ff.)75

62Primärrechtsschutz ist auch dann gegeben, wenn der öffentliche Auftraggeber wegen fehlerhafter Auftragswertschätzung ein Vergabeverfahren nach § 3 VOB/A durchführt, denn entscheidend ist insoweit der tatsächliche und nicht der geschätzte Auftragswert.76 Für Bieter, die an solchen Vergabeverfahren teilnehmen, spielt auch hier die Frage der rechtzeitigen Rügeerhebung eine maßgebliche Rolle. Erfahrungsgemäß ist die Problematik um die Erkennbarkeit nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 GWB entscheidungserheblich.77 Darüber hinaus besteht in diesen Fällen die Möglichkeit, ein Nachprüfungsverfahren wegen Verstoßes gegen § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB anzustreben. Der Weg zu den Nachprüfungsinstanzen ist aber auch dann gegeben, wenn der öffentliche Auftraggeber ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens, also ohne Wettbewerb, einen Vertrag abschließt (sog. de-facto-Vergabe, § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB). Für eine Berufung auf § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB sind jedoch in beiden Fällen die Fristen in Abs. 2 der Vorschrift zu beachten.

Praxiskommentar VOB - Teile A und B

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