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VII.Loskombination (§ 5 EU Abs. 2 Nr. 3 Satz 6 VOB/A)

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56Gemäß § 5 EU Abs. 2 Nr. 3 Satz 6 VOB/A kann in Fällen, in denen ein einziger Bieter den Zuschlag für mehr als ein Los erhalten kann, der öffentliche Auftraggeber Aufträge über mehrere oder alle Lose vergeben. Ausdrückliche Voraussetzung hierfür ist, dass der öffentliche Auftraggeber vorab in der Auftragsbekanntmachung oder in der Aufforderung zur Interessensbestätigung angegeben hat, dass er sich diese Möglichkeit vorbehält und die Lose oder Losgruppen angibt, die kombiniert werden können. Auch hier gilt, dass eine Festlegung erst in den Vergabeunterlagen nicht ausreicht.

57§ 5 EU Abs. 2 Nr. 3 Satz 6 VOB/A setzt die Regelung in Art. 46 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24/EU um.113

58Der Regelungsinhalt der Vorschrift ist nicht eindeutig.114 Dementsprechend wird die Vorschrift in der Literatur unterschiedlich ausgelegt.

59Teils wird der Regelungsgehalt der Vorschrift (lediglich) darin gesehen, dass in dem Fall, dass ein Bieter für mehrere Lose eines Auftrags das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat, er für alle diese Lose den Zuschlag erhalten kann, allerdings (grundsätzlich) nur dann, wenn dies in der Auftragsbekanntmachung oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung ausdrücklich angekündigt wurde.115 Diese Folge, dass bei Aufteilung des Auftrags in Lose ohne Festlegung einer Zuschlagslimitierung, der Auftraggeber mehrere Lose an einen Bieter vergeben darf, ist, auch nach den Vertretern dieser Ansicht, eigentlich selbstverständlich. Der Wortlaut der Vorschrift ließe sich aber durchaus in diese Richtung verstehen. Die Vorgabe, dass dies nur dann zulässig sei, wenn der Auftraggeber dies ausdrücklich vorab angekündigt hat, widerspricht allerdings dem üblichen Vorgehen in der Praxis. Die Vertreter der Ansicht finden deshalb dafür eine pragmatische Lösung, indem sie es als Ankündigung ausreichen lassen, wenn der Auftraggeber gerade keine Loslimitierung festgelegt hat. Gleichzeitig wird die Vorschrift auch dahingehend verstanden, der Auftraggeber könne als spezielle Form der Zuschlagslimitierung auch vorgeben, dass ein Bieter bei Abgabe wirtschaftlichster Angebote für mehrere Lose, den Zuschlag nur für bestimmte Kombinationen von Losen erhalten dürfe (beispielsweise nur in der Kombination Los 1 und Los 2 oder Los 2 und Los 3, aber nicht gleichzeitig für Los 1 und Los 3, zum Beispiel weil der Auftragnehmer für Los 3 die Leistungen des Auftragnehmers Los 1 überprüfen soll, was bei identischen Auftragnehmern faktisch nicht sachgerecht wäre).116 Unabhängig davon, ob die Vorschrift in § 5 EU Abs. 2 Nr. 3 Satz 6 VOB/A (nur) diese Regelungsinhalte tatsächlich haben soll, ist den Aussagen der Vertreter dieser Ansichten inhaltlich jedenfalls zuzustimmen.

60Zum Teil wird angenommen, die Regelung in § 5 EU Abs. 2 Nr. 3 Satz 6 VOB/A gelte nur im Falle einer durch den öffentlichen Auftraggeber festgelegten Zuschlagslimitierung im Sinne des § 5 EU Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 VOB/A.117 In den Fällen, in denen ein Bieter aufgrund der Anwendung der Zuschlagskriterien den Zuschlag für mehr als ein Los erhalten kann, gebe sie dem Auftraggeber die Möglichkeit, an diesen Bieter trotz der vorab festgelegten Zuschlagslimitierung Aufträge über mehrere oder alle Lose, also über die festgelegte limitierte Anzahl hinaus, zu vergeben, sofern er sich dies in der Auftragsbekanntmachung oder in der Aufforderung zur Interessensbestätigung vorbehalten und die Kombinationsmöglichkeiten angegeben habe. Nach dieser Auslegung würde also bei Anwendung dieser vorbehaltenen Ausnahme der Bieter den Zuschlag für das jeweilige Los erhalten, der anhand der Zuschlagskriterien das wirtschaftlichste Angebot für das einzelne Los abgegeben hat. Die Zuschlagslimitierung würde damit nachträglich wieder „aufgehoben“. Offen bleibt bei dieser Ansicht, ob der Auftraggeber vorab festlegen muss, in welchen Fällen er von dieser vorbehaltenen Ausnahme von der Zuschlagslimitierung Gebrauch machen kann. Aus Gründen der Transparenz und um Manipulationen zu vermeiden, dürfte dies geboten sein. Allein die Festlegung, die Zuschlagslimitierung gelte dann nicht mehr, wenn sie zu unwirtschaftlichen Ergebnissen führte, dürfte dafür nicht ausreichend sein. Denn eine relevant werdende Zuschlagslimitierung führt immer zu unwirtschaftlicheren Ergebnissen für das jeweilige Los, da gerade nicht der Bieter den Zuschlag erhält, der das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat.118 Daher müsste der Auftraggeber in diesen Fällen vorab transparent machen, wo seine „Schmerzgrenze“ liegt, bis zu der er an der Zuschlagslimitierung festhält. Denkbar wäre beispielsweise die Festlegung, dass die Zuschlagslimitierung keine Anwendung findet, sofern das bei Anwendung der Zuschlagslimitierung zu bezuschlagende Los preislich um mehr als X % über dem Angebotspreis des wirtschaftlichsten Angebots liegt. Auch hier gilt: Unabhängig davon, ob die Vorschrift in § 5 EU Abs. 2 Nr. 3 Satz 6 VOB/A diese Regelungsgehalte tatsächlich haben soll, ist den Aussagen der Vertreter dieser Ansichten inhaltlich jedenfalls zuzustimmen.

61Nach anderer Ansicht gilt § 5 EU Abs. 2 Nr. 3 Satz 6 VOB/A, völlig unabhängig von einer Zuschlagslimitierung,119 in den Fällen, in denen eine losweise Vergabe an diejenigen Bieter, die für das jeweilige Einzellos das anhand der Zuschlagskriterien wirtschaftlichste Angebot eingereicht haben, in der Summe ungünstiger wäre als eine kombinierte Vergabe bestimmter Lose oder eine Gesamtvergabe aller Lose an einen Bieter.120 In diesen Fällen soll es dem Auftraggeber gestattet sein, kombinierte oder alle Lose an einen Bieter zu vergeben, sofern er diese Vorgehensweise vorab transparent gemacht hat. Diese Auffassung überzeugt. Sinnvoll anwendbar ist diese Ausnahme nur dann, wenn der Auftraggeber den Bietern ausdrücklich ermöglicht hat, (zusätzlich oder ausschließlich) Angebote für näher benannte Loskombinationen oder Gesamtangebote einzureichen bzw. Rabatte unter der Bedingung der Zuschlagserteilung auf mehrere Lose anzubieten (sog. Koppelungsangebote oder Rabattangebote, teils auch als Parallelausschreibung bezeichnet). Die Zulässigkeit solcher Koppelungsnachlässe hat die Rechtsprechung schon vor der Vergaberechtsreform festgestellt.121 Allerdings ist nach Ansicht der Nachprüfungsinstanzen der von einem Bieter für den Fall des Zuschlags von Loskombinationen eingeräumte Rabatt bei der Wertung von Einzellosen nur zu berücksichtigen und der Zuschlag für das konkrete Los auch dann auf das rabattierte Angebot zu erteilen, wenn die – gegebenenfalls rabattierten – Angebote des betreffenden Bieters in allen Einzellosen der Loskombination die jeweils wirtschaftlichsten sind (Bsp.: Ein Bieter reicht für drei Einzellose Angebote zu einem Angebotspreis von jeweils EUR 1.000 ein. Für den Fall, dass er den Zuschlag für alle drei Lose erhält, bietet er diese zu jeweils EUR 800 an. In dieser Konstellation könnte er den Zuschlag auf seine Loskombination dann erhalten, wenn beispielsweise alle anderen Angebote auf die Einzellose bei über EUR 900 lägen, aber nicht, wenn ein Bieter ein zuschlagsfähiges Angebot auf ein Einzellos für EUR 700 eingereicht hätte, selbst wenn die Loskombination insgesamt über alle drei Lose betrachtet wirtschaftlicher wäre).122 Erforderlich ist also nach Ansicht der Rechtsprechung eine ausschließlich losweise Wertung. Die Berücksichtigung von Loskombinationen und hierauf angebotenen Rabatten dergestalt, dass das günstigste Angebot des Bieters X in einem Los durch den günstigen Rabatt des Bieters Y in einem oder mehreren anderen Losen ausgeglichen wird, sei nicht zulässig.123 Zudem darf die Zulassung von Koppelungsangeboten keinesfalls zu Manipulationsmöglichkeiten eines Bieters führen, beispielsweise in Fällen, in denen die Angebotsöffnungen für die unterschiedlichen Lose zeitlich versetzt erfolgen und der Bieter daher sein Koppelungsangebot in Kenntnis seines Rangs in einem anderen Los einreichen kann.124 Die Aufforderung zur Abgabe von Angeboten für eine Gesamtvergabe des Auftrags oder eine Loskombination zusätzlich zur Abfrage von Angeboten für Einzellose (Parallelausschreibung) ist darüber hinaus generell nur dann zulässig, wenn dies nicht allein zum Zwecke einer Markterkundung durchgeführt wird, die berechtigten Interessen der Bieter im Hinblick auf einen zumutbaren Arbeitsaufwand für die mehrfache Kalkulation gewahrt werden, das Verfahren für die Beteiligten hinreichend transparent ist und sichergestellt ist, dass die wirtschaftlichste Verfahrensweise zum Zuge kommt.125

Bei der Prüfung nach § 5 EU Abs. 2 Nr. 3 Satz 6 VOB/A dessen muss der Auftraggeber gestuft vorgehen.126 Er muss bei einer vergleichenden Bewertung zunächst ermitteln, welche Bieter die festgelegten Zuschlagskriterien für jedes einzelne Los am besten erfüllen, um dann einen Vergleich mit den Angeboten eines einzelnen Bieters für eine bestimmte Kombination von Losen zusammengenommen anzustellen. Die Gesamtbetrachtung muss auf der Grundlage der ursprünglich festgelegten Zuschlagskriterien erfolgen.

§ 6 EU VOB/ATeilnehmer am Wettbewerb

(1) Öffentliche Aufträge werden an fachkundige und leistungsfähige (geeignete) Unternehmen vergeben, die nicht nach § 6e EU ausgeschlossen worden sind.

(2) 1Ein Unternehmen ist geeignet, wenn es die durch den öffentlichen Auftraggeber im Einzelnen zur ordnungsgemäßen Ausführung des öffentlichen Auftrags festgelegten Kriterien (Eignungskriterien) erfüllt. 2Die Eignungskriterien dürfen ausschließlich Folgendes betreffen:

1. Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung,

2. wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit,

3. technische und berufliche Leistungsfähigkeit.

3Die Eignungskriterien müssen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen.

(3)

1. Der Wettbewerb darf nicht auf Unternehmen beschränkt werden, die in bestimmten Regionen oder Orten ansässig sind.

2. 1Bewerber- und Bietergemeinschaften sind Einzelbewerbern und -bietern gleichzusetzen. 2Für den Fall der Auftragserteilung kann der öffentliche Auftraggeber verlangen, dass eine Bietergemeinschaft eine bestimmte Rechtsform annimmt, sofern dies für die ordnungsgemäße Durchführung des Auftrages notwendig ist.

3. Der öffentliche Auftraggeber kann das Recht zur Teilnahme an dem Vergabeverfahren unter den Voraussetzungen des § 118 GWB beschränken.

4. 1Hat ein Bewerber oder Bieter oder ein mit ihm in Verbindung stehendendes Unternehmen vor Einleitung des Vergabeverfahrens den öffentlichen Auftraggeber beraten oder sonst unterstützt, so ergreift der öffentliche Auftraggeber angemessene Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme dieses Bieters oder Bewerbers nicht verfälscht wird.

2Der betreffende Bewerber oder Bieter wird vom Verfahren nur dann ausgeschlossen, wenn keine andere Möglichkeit besteht, den Grundsatz der Gleichbehandlung zu gewährleisten.

3Vor einem solchen Ausschluss gibt der öffentliche Auftraggeber den Bewerbern oder Bietern die Möglichkeit, nachzuweisen, dass ihre Beteiligung an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens den Wettbewerb nicht verzerren kann. 4Die ergriffenen Maßnahmen werden im Vergabevermerk dokumentiert.

Übersicht Rn.
A. Überblick und Entwicklung der Norm 1–3
I. Allgemeines 1
II. Die Regelung des alten § 6 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A a. F. 2, 3
B. Der Begriff der Eignung (§ 6 EU Abs. 1 VOB/A) 4
C. Eignungskriterien (§ 6 EU Abs. 2 VOB/A) 5–16
I. Formulierung und Prüfung der Eignungskriterien 8, 9
II. Bekanntmachung der Eignungskriterien 10–14
III. Verbindung zum Auftragsgegenstand 15, 16
D. Der Teilnehmerkreis (§ 6 EU Abs. 3 VOB/A) 17–35
I. Verbot regionaler Beschränkung 18–20
II. Bietergemeinschaften (§ 6 EU Abs. 3 Nr. 2 VOB/A) 21–29
1. Eignung einer Bietergemeinschaft 23–25
2. Rechtsform einer Bietergemeinschaft 26, 27
3. Kartellrechtliche Zulässigkeit von Bietergemeinschaften 28, 29
III. Beschränkung nach § 118 GWB (§ 6 EU Abs. 3 Nr. 3 VOB/A) 30
IV. Projektanten (§ 6 EU Abs. 3 Nr. 4 VOB/A) 31–35
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