Читать книгу Praxiskommentar VOB - Teile A und B - Susanne Roth - Страница 492

II.Bekanntmachung der Eignungskriterien

Оглавление

10Die aufgestellten Eignungsanforderungen sind zwingend in die Bekanntmachung aufzunehmen.13 Auch mögliche festgelegte Mindestanforderungen müssen dort enthalten sein. Ein Verweis auf die Vergabeunterlagen genügt nicht.14 Der Hintergrund ist, dass interessierte Unternehmen bereits anhand der Bekanntmachung erkennen können müssen, ob sie für den ausgeschriebenen Auftrag geeignet sind. Nur so ist für potenzielle Teilnehmer eine fundierte Entscheidung möglich, ob sie an dem Verfahren teilnehmen möchten.

11Auch eine Erweiterung, Verschärfung oder Rücknahme von Eignungskriterien im Nachhinein ist aus diesem Grund unzulässig. Denn bei einer Erweiterung oder Verschärfung wird den Bewerbern die Möglichkeit genommen, aufgrund der Bekanntmachung erkennen zu können, ob sie reelle Chancen auf den Auftrag haben.15 Dasselbe gilt auch im Falle einer nachträglichen Einschränkung oder Rücknahme von Eignungsanforderungen. Der Wettbewerb wird unzulässig eingeschränkt, wenn Unternehmen aufgrund der Bekanntmachung von einer Teilnahme absehen, im Nachhinein die Anforderungen jedoch so verändert werden, dass sie mit Erfolgsaussichten an der Ausschreibung hätten teilnehmen können.

12In Fällen, in denen die Vergabeunterlagen über die Bekanntmachung hinausgehende Anforderungen enthalten, ist daher stets zwischen einer zulässigen Konkretisierung und einer unzulässigen Abänderung der Eignungskriterien zu unterscheiden. Maßgeblich ist der Schutzzweck der Bekanntmachung. So muss die Bekanntmachung nicht sämtliche Details enthalten, die beispielsweise auf einem Formblatt zu einzelnen Referenzprojekten abgefragt werden, solange sich der Inhalt des Formblatts im Rahmen dessen hält, was ein verständiger Bewerber nach Lektüre der Bekanntmachung erwarten musste.16 Dagegen ist es zu vage, in der Bekanntmachung anzugeben, dass ein Mindestumsatz gefordert wird, diesen jedoch erst in den Vergabeunterlagen zu beziffern.17

13Zulässig ist es, wenn der Auftraggeber nachträglich den Zeitpunkt, zu dem ein Nachweis ausweislich der Bekanntmachung vorzulegen ist, verschiebt. Auch kann er zugunsten der Bieter von seinen Anforderungen bzgl. der Art eines Nachweises abrücken und beispielsweise eine Eigenerklärung anstelle einer Bescheinigung akzeptieren. Erhöhen darf er dagegen seine Anforderungen an die Art der Nachweise nicht.18

14Nicht zwingend in der Bekanntmachung anzugeben ist mangels einer dahingehenden ausdrücklichen Vorgabe eine vom Auftraggeber vorgenommene Gewichtung der Eignungskriterien. Die Rechtsprechung hat sich daher lange darauf beschränkt, dass – wenn ein Auftraggeber eine Bewertungsmatrix für die Eignungsprüfung aufstellt – diese spätestens vor dem Eingang der Teilnahmeanträge fertig sein müsse.19 In neuerer Zeit sind jedoch auch hier die Transparenzanforderungen gestiegen. Zwar soll eine nach dem Zeitpunkt der Vergabebekanntmachung erfolgende spezifische Gewichtung der Kriterien für die Bewerberauswahl nach wie vor zulässig sein, sie muss jedoch objektiv begründet sein und sich aus der Angabe der Kriterien selbst objektiv ableiten lassen. Eine „überraschende“ Gewichtung stellt dagegen einen Verstoß gegen den Transparenzgrundsatz dar, da den Bewerbern dann keine zielgerichtete Erstellung der Teilnahmeanträge ermöglicht wird.20 Demgegenüber hält die VK Lüneburg eine Bekanntgabe dann für erforderlich, wenn der Auftraggeber schon im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Ausschreibung eine Gewichtung vorgenommen hat.21

Angesichts der Unschärfe dieser Anforderungen und der damit einhergehenden Rechtsunsicherheit ist Auftraggebern in aller Regel dazu zu raten, von einer nachträglichen Gewichtung abzusehen und etwaige Vorgaben bereits in der Bekanntmachung mitzuteilen.22 Dies hat auch den Vorteil, dass bereits mit der Bekanntgabe für die Bieter die Frist für mögliche Rügen zu laufen beginnt.

Eine umfangreiche Diskussion hat sich verstärkt seit Einführung der elektronischen Bereitstellung der Vergabeunterlagen rund um die Frage ergeben, inwieweit eine wirksame Bekanntgabe der Eignungskriterien mittels eines Links in der Bekanntmachung möglich ist. Als unzureichend wird es dabei von der Rechtsprechung angesehen, wenn die Bekanntmachung lediglich einen Link enthält, der entweder auf die Startseite einer Vergabeplattform oder auf die Vergabeunterlagen des Verfahrens insgesamt verweist, wo potentielle Bieter sich die Eignungskriterien und –nachweise heraussuchen müssten. Beides ist nicht geeignet, die Mitteilung der Eignungskriterien und der geforderten Nachweise in der Auftragsbekanntmachung wirksam zu ersetzen.23 Dagegen wird generell die Möglichkeit bejaht, mit einem sog. Deep-Link zu arbeiten, der unmittelbar zu einer Seite mit den Eignungskriterien und –nachweisen führt.24 Voraussetzung ist allerdings, dass dieser Link an der richtigen Stelle der Auftragsbekanntmachung (bei einer EU-Bekanntmachung in der Regel unter Abschnitt I.3) des Bekanntmachungsformulars zu finden ist, wo Bieter ihn erwarten und ohne Weiteres finden können.25

Noch etwas weiter geht das OLG Dresden, das auch mehrere Klicks bis zu dem Dokument mit den Eignungskriterien für zulässig erachtet. Selbst das Erfordernis einer Anmeldung auf einer Internetplattform mittels Benutzernamen und Passwort soll kein vergaberechtsrelevantes Hindernis darstellen, solange nur der Text gemäß § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB selbst das elektronische Dokument konkret bezeichnet, das die bekannt zu machenden Informationen enthält.26 Ob diese Rechtsprechung mit Blick auf die erforderliche Transparenz bei der Bekanntgabe der Eignungskriterien und die Pflicht zur uneingeschränkten Bereitstellung der Vergabeunterlagen Bestand haben kann, ist allerdings zweifelhaft und bleibt abzuwarten.

Praxiskommentar VOB - Teile A und B

Подняться наверх