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I.Verbot regionaler Beschränkung

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18Bei der Regelung des § 6 EU Abs. 3 Nr. 1 VOB/A, nach der keine örtlich oder regional ansässigen Unternehmen bevorzugt werden dürfen, handelt es sich um eine für die Praxis wichtige, spezielle Ausprägung sowohl des Gleichbehandlungsgrundsatzes als auch des Diskriminierungsverbots.

Danach ist jede Beschränkung des Bewerber- oder Bieterkreises auf eine bestimmte Region oder einen bestimmten Ort unzulässig, wobei die Vorschrift nicht nur unmittelbare, sondern auch mittelbare Beschränkungen verbietet. So sind nicht nur örtliche Beschränkungen erfasst, die eindeutig in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen formuliert sind, sondern auch solche, die sich aus den Eignungsanforderungen oder den Umständen des Verfahrens – wie beispielsweise der Bekanntgabe des Auftrags ausschließlich in einer Lokalzeitung31 – ergeben. Auch die Ungleichbehandlung von Referenznachweisen aus verschiedenen Bezirken, die zur Bevorzugung ortsansässiger Bieter führt, stellt einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dar, wenn sie nicht ausnahmsweise wegen eignungsrelevanter regionaler Besonderheiten o. ä. erforderlich und verhältnismäßig ist.32

19Ein in der Praxis häufig relevanter kritischer Fall ist das Erfordernis der örtlichen Präsenz auf der Baustelle bzw. der ständigen und schnellen Verfügbarkeit. Hier ist zu trennen zwischen der Forderung der Ortsansässigkeit oder Ortsnähe des Büros und der Forderung einer zeitlich schnellen Verfügbarkeit vor Ort, der sog. Ortspräsenz. Während ersteres gegen das Diskriminierungsverbot verstößt,33 kann das Kriterium der Verfügbarkeit und örtlichen Präsenz grundsätzlich zulässigerweise im Vergabeverfahren abgefragt werden.34 Dabei soll es nach der Rechtsprechung auf den Gehalt des Kriteriums im Einzelfall ankommen, um zu entscheiden, ob es sich in dem jeweiligen Vergabeverfahren um ein Eignungs- oder Zuschlagskriterium handelt.35

Voraussetzung für eine derartige Ausnahme – denn auch das Kriterium der örtlichen Präsenz führt zunächst zu einer räumlichen Beschränkung – ist allerdings stets, dass die örtliche Präsenz nur in einem Umfang verlangt wird, der sich durch das konkrete Bauvorhaben rechtfertigt und angemessen ist. Um keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zu riskieren, ist eine strenge Auslegung geboten. Die regelmäßige und/oder schnelle Verfügbarkeit muss eine unabdingbare Voraussetzung für die Auftragsausführung sein und darf nur für diejenigen Leistungsphasen verlangt werden, in denen sie tatsächlich erforderlich ist.36

20Die Frage eines Verstoßes gegen das Verbot der regionalen Beschränkung stellt sich weiterhin bei Beschränkten Ausschreibungen bzw. Verfahren ohne Bekanntmachung, bei denen der Auftraggeber die Unternehmen auswählt, die er zur Abgabe eines Angebots auffordert. Regelmäßig wird er dabei insbesondere Unternehmen aus der Umgebung kennen und für geeignet halten. Bei kleinen und alltäglichen Vergaben, die dem ersten Abschnitt der VOB/A unterfallen, dürfte es dabei vertretbar sein, sich bei der Aufforderung zur Angebotsabgabe auf einen räumlichen Bereich zu beschränken, in dessen Rahmen eine Beteiligung für die Bieter wirtschaftlich sinnvoll erscheint.37 Auch im Rahmen des europäischen Vergaberechts gibt es keine Pflicht, Unternehmen zu beteiligen, die weiter entfernt sitzen oder aus anderen Ländern stammen. Die Auftraggeber sollen jedoch regelmäßig wechseln und nicht immer dieselben Unternehmen auffordern. Bei größeren Aufträgen ist insoweit zu bedenken, dass es sich bei höheren Auftragswerten auch für weiter entfernt ansässige Unternehmen lohnen kann, für die Zeit der Leistungserbringung eine örtliche Präsenz einzurichten, sodass Auftraggeber gehalten sind, in geeigneten Fällen auch solche Unternehmen zu berücksichtigen.

Praxiskommentar VOB - Teile A und B

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