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IV.Projektanten (§ 6 EU Abs. 3 Nr. 4 VOB/A)

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31§ 6 EU Abs. 3 Nr. 4 VOB/A beschäftigt sich mit der Problematik sogenannter Projektanten, also Unternehmen, die den Auftraggeber im Vorfeld des Vergabeverfahrens beraten oder anderweitig unterstützt haben und sich anschließend als Teilnehmer an der Ausschreibung beteiligen möchten. Dabei fallen auch solche Situationen in den Anwendungsbereich der Norm, in denen rechtliche, wirtschaftliche oder personelle Verflechtungen zwischen einem im Vorfeld beratenden Unternehmen und einem Bewerber oder Bieter bestehen.58 Nicht erfasst sind dagegen Bewerber oder Bieter, die während des bereits laufenden Verfahrens als Bewerber oder Bieter teilnehmen und gleichzeitig auf Seiten des Auftraggebers tätig sind. In solchen Fällen richtet sich die Beurteilung nach § 2 EU Abs. 5 VOB/A i. V. m. § 6 VgV.

32Klassische Fälle eines Projektanten in der Praxis sind das Erstellen einer Machbarkeitsstudie oder auch fachliche Unterstützung bei der Erstellung der Vergabeunterlagen, insbesondere der Leistungsbeschreibung. Darüber hinaus sind jedoch noch zahllose weitere Konstellationen denkbar; zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Wettbewerbes ist die Vorschrift nicht zu eng auszulegen.59 Voraussetzung für die Einstufung eines Unternehmens als Projektant ist lediglich – insoweit ist der Gesetzeswortlaut dem Sinn und Zweck nach einschränkend auszulegen –, dass die im Vorfeld erbrachte Leistung zumindest mittelbar im Zusammenhang mit dem Ausschreibungsgegenstand steht und daher einen relevanten Wissensvorsprung begründen kann.60 Kein Projektant ist dagegen der aktuelle Auftragnehmer, der das letzte Vergabeverfahren gewonnen hat, wenn er nicht speziell bei der Vorbereitung der neuen Ausschreibung unterstützt.61 Ebenso können auch vertiefte Informationen, die ein Bieter aufgrund eines anderweitigen früheren Auftrags hat und die ihm möglicherweise einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, ihm selbstverständlich nicht zum Nachteil gereichen.

33Mit dem Leistungsgegenstand vorbefasste Unternehmen haben in der Regel einen Informationsvorsprung, da sie sich bereits mit dem geplanten Bauvorhaben beschäftigt haben, die Hintergründe und die Vorstellungen des Auftraggebers besser kennen und ihr Angebot darauf abstellen können. Dennoch darf ein Auftraggeber im Anwendungsbereich der VOB/A EU derartige Unternehmen nicht grundsätzlich von dem nachfolgenden Vergabeverfahren ausschließen, da dies häufig über das hinausgeht, was zur Gleichbehandlung der Bieter und zur Erhaltung eines fairen Wettbewerbs erforderlich ist.62 Dementsprechend schreibt auch der Gesetzeswortlaut vor, dass der Auftraggeber angemessene Maßnahmen zu ergreifen hat, die eine Wettbewerbsverfälschung ausschließen. Nur wenn im Einzelfall ein Ausgleich nicht möglich ist und keine angemessenen Maßnahmen zur Verfügung stehen, um den Wettbewerbsvorteil des Projektanten zu kompensieren, ist der Auftraggeber berechtigt und verpflichtet, das entsprechende Unternehmen vom Wettbewerb auszuschließen.63

34Im Einzelnen bedeutet das, dass bei Teilnahme eines Projektanten am Verfahren anhand der konkreten Umstände zu prüfen ist, welchen Wissensvorsprung der Bewerber hat und ob sich dieser gerade im Hinblick auf die Leistungsbeschreibung und die Wertungskriterien wettbewerbsverzerrend auswirken kann.64 Ist dies zu bejahen, ist es Aufgabe des Auftraggebers, den Wissensvorsprung auszugleichen, indem er alle relevanten Informationen des Projektanten auch den anderen Bietern zugänglich macht.65 So sind beispielsweise gewonnene Erkenntnisse aus einer Machbarkeitsstudie oder vorherigen Planungsarbeiten den Bietern zur Verfügung zu stellen.

Erscheint im Einzelfall bei sachlicher Betrachtung eine Wettbewerbsverfälschung möglich, ist es Sache des betroffenen Unternehmens nachzuweisen, dass ihm kein ungerechtfertigter Vorteil erwachsen ist.66 Daher ist dem Projektanten insbesondere bei drohendem Ausschluss aus dem Verfahren zwingend die Gelegenheit zu geben, Stellung zu nehmen und zu beweisen, dass sein Wissensvorsprung den Wettbewerb nicht verfälschen kann.67 Gelingt dies nicht, hat der Auftraggeber eine Ermessensentscheidung zu treffen, ob das Unternehmen als ultima ratio von dem Vergabeverfahren auszuschließen ist.

35In jedem Fall sind die ergriffenen Maßnahmen und eventuell auch die Begründung, warum allein der Ausschluss des betreffenden Teilnehmers geeignet war, einen fairen Wettbewerb herzustellen, sorgfältig im Vergabevermerk zu dokumentieren.

§ 6a EU VOB/AEignungsnachweise

Der öffentliche Auftraggeber kann Unternehmen nur die in den Nummern 1 bis 3 genannten Anforderungen an die Teilnahme auferlegen.

1. Zum Nachweis der Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung kann der öffentliche Auftraggeber die Eintragung in das Berufs- oder Handelsregister oder der Handwerksrolle ihres Sitzes oder Wohnsitzes verlangen.

2. 1Zum Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit kann der öffentliche Auftraggeber verlangen:

a) die Vorlage entsprechender Bankerklärungen oder gegebenenfalls den Nachweis einer entsprechenden Berufshaftpflichtversicherung.

b) 1die Vorlage von Jahresabschlüssen, falls deren Veröffentlichung in dem Land, in dem das Unternehmen ansässig ist, gesetzlich vorgeschrieben ist.

2Zusätzlich können weitere Informationen, zum Beispiel über das Verhältnis zwischen Vermögen und Verbindlichkeiten in den Jahresabschlüssen, verlangt werden. 3Die Methoden und Kriterien für die Berück­sichtigung weiterer Informationen müssen in den Vergabeunterlagen spezifiziert werden; sie müssen transparent, objektiv und nichtdiskriminierend sein.

c) 1eine Erklärung über den Umsatz des Unternehmens jeweils bezogen auf die letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre, soweit er Bauleistungen und andere Leistungen betrifft, die mit der zu vergebenden Leistung vergleichbar sind, unter Einschluss des Anteils bei gemeinsam mit anderen Unternehmen ausgeführten Aufträgen.

2Der öffentliche Auftraggeber kann von den Unternehmen insbesondere verlangen, einen bestimmten Mindestjahresumsatz, einschließlich eines Mindestumsatzes in dem vom Auftrag abgedeckten Bereich nachzuweisen. 3Der geforderte Mindestjahresumsatz darf das Zweifache des geschätzten Auftragswerts nur in hinreichend begründeten Fällen übersteigen. 4Die Gründe sind in den Vergabeunterlagen oder in dem Vergabevermerk gemäß § 20 EU anzugeben.

5Ist ein Auftrag in Lose unterteilt, finden diese Regelungen auf jedes einzelne Los Anwendung. 6Der öffentliche Auftraggeber kann jedoch den Mindestjahresumsatz, der von Unternehmen verlangt wird, unter Bezugnahme auf eine Gruppe von Losen in dem Fall festlegen, dass der erfolgreiche Bieter den Zuschlag für mehrere Lose erhält, die gleichzeitig auszuführen sind.

7Sind auf einer Rahmenvereinbarung basierende Aufträge infolge eines erneuten Aufrufs zum Wettbewerb zu vergeben, wird der Höchstjahresumsatz aufgrund des erwarteten maximalen Umfangs spezifischer ­Aufträge berechnet, die gleichzeitig ausgeführt werden, oder – wenn dieser nicht bekannt ist – aufgrund des geschätzten Werts der Rahmenvereinbarung. 8Bei dynamischen Beschaffungssystemen wird der Höchstjahresumsatz auf der Basis des erwarteten Höchstumfangs konkreter Aufträge berechnet, die nach diesem System vergeben werden sollen.

2Der öffentliche Auftraggeber wird andere ihm geeignet erscheinende Nachweise der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit zulassen, wenn er feststellt, dass stichhaltige Gründe dafür bestehen.

3. Zum Nachweis der beruflichen und technischen Leistungsfähigkeit kann der öffentliche Auftraggeber je nach Art, Menge oder Umfang oder Verwendungszweck der ausgeschriebenen Leistung verlangen:

a) 1Angaben über die Ausführung von Leistungen in den letzten bis zu fünf abgeschlossenen Kalenderjahren, die mit der zu vergebenden Leistung vergleichbar sind, wobei für die wichtigsten Bauleistungen Bescheinigungen über die ordnungsgemäße Ausführung und das Ergebnis beizufügen sind. 2Um einen ausreichenden Wettbewerb sicherzustellen, kann der öffentliche Auftraggeber darauf hinweisen, dass er auch einschlägige Bauleistungen berücksichtigen werde, die mehr als fünf Jahre zurückliegen;

b) Angabe der technischen Fachkräfte oder der technischen Stellen, unabhängig davon, ob sie seinem Unternehmen angehören oder nicht, und zwar insbesondere derjenigen, die mit der Qualitätskontrolle beauftragt sind, und derjenigen, über die der Unternehmer für die Errichtung des Bauwerks verfügt;

c) die Beschreibung der technischen Ausrüstung und Maßnahmen des Unternehmens zur Qualitätssicherung und seiner Untersuchungs- und Forschungsmöglichkeiten;

d) Angabe des Lieferkettenmanagement- und -überwachungssystems, das dem Unternehmen zur Vertragserfüllung zur Verfügung steht;

e) Studiennachweise und Bescheinigungen über die berufliche Befähigung des Dienstleisters oder Unternehmers und/oder der Führungskräfte des Unternehmens, sofern sie nicht als Zuschlagskriterium bewertet werden;

f) Angabe der Umweltmanagementmaßnahmen, die der Unternehmer während der Auftragsausführung anwenden kann;

g) Angaben über die Zahl der in den letzten drei abgeschlossenen Kalenderjahren jahresdurchschnittlich beschäftigten Arbeitskräfte, gegliedert nach Lohngruppen mit gesondert ausgewiesenem technischen Leitungspersonal;

h) eine Erklärung, aus der hervorgeht, über welche Ausstattung, welche Geräte und welche technische Ausrüstung das Unternehmen für die Ausführung des Auftrags verfügt;

i) Angabe, welche Teile des Auftrags der Unternehmer unter Umständen als Unteraufträge zu vergeben beabsichtigt.

Übersicht Rn.
A. Allgemeines 1
B. Nachweis der Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung (§ 6a EU Nr. 1 VOB/A) 2
C. Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit (§ 6a EU Nr. 2 VOB/A) 3–19
I. Bankerklärung und Berufshaftpflichtversicherung (§ 6a EU Nr. 2a VOB/A) 5–8
II. Jahresabschlüsse u. ä. (§ 6a EU Nr. 2 b VOB/A) 9, 10
III. Erklärungen zum Umsatz (§ 6a EU Nr. 2c VOB/A) 11–19
D. Nachweis der beruflichen und technischen Leistungsfähigkeit (§ 6a EU Nr. 3 VOB/A) 20–40
I. Referenzen (§ 6a EU Nr. 3a VOB/A) 21–29
II. Technische Fachkräfte und Stellen (§ 6a EU Nr. 3b VOB/A) 30
III. Technische Ausrüstung u. Ä. (§ 6a EU Nr. 3c VOB/A) 31
IV. Lieferkettenmanagement und –überwachungssystem (§ 6a EU Nr. 3d VOB/A) 32
V. Berufliche Befähigung der Führungskräfte 33, 34
VI. Umweltmanagementmaßnahmen 35
VII. Anzahl der Arbeitskräfte 36–38
VIII. Technische Ausstattung 39
IX. Unterauftragsvergabe 40
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