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II.Die Notwendigkeit eines Verfügbarkeitsnachweises (§ 6d EU Abs. 1 Satz 2 VOB/A)

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11Beabsichtigt ein Unternehmen, sich zum Nachweis seiner Eignung auf die Kapazitäten eines anderen Unternehmens zu berufen, muss es zwingend einen Nachweis vorlegen, dass ihm die erforderlichen Mittel im Falle einer Beauftragung auch zur Verfügung stehen. Dabei ist es für die Einstufung als Drittunternehmen unerheblich, ob das andere Unternehmen zu demselben Konzern gehört oder sogar ein beherrschtes Tochterunternehmen ist, da nach dem Wortlaut von § 6d EU VOB/A immer dann ein Verfügbarkeitsnachweis vorzulegen ist, wenn ein Bewerber oder Bieter sich der Kapazitäten eines anderen Unternehmens bedienen möchte.13

12Für die Form eines derartigen Nachweises gibt es keine verbindlichen Vorgaben. § 6d EU Abs. 1 Satz 2 VOB/A nennt beispielhaft die verpflichtende Zusage des Unternehmens. Um dem Auftraggeber eine verlässliche Eignungsprüfung zu ermöglichen, werden derartige Erklärungen jedenfalls den Charakter einer verbindlichen vertraglichen Zusage aufweisen müssen, mit der das Drittunternehmen sich verpflichtet, dem Bieter im Falle einer Zuschlagserteilung die notwendigen Kapazitäten oder Mittel zur Verfügung zu stellen. Hinter diesem Maßstab zurückbleibende Erklärungen, wie unverbindliche Absichtserklärungen o. Ä. reichen nicht aus.14 Für Auftraggeber hat der EuGH mit seiner Entscheidung vom 14.1.2016 klargestellt, dass die Freiheit der Bieter bei der Wahl des Nachweises gewährleistet bleiben muss (siehe dazu oben, Rn. 9).15

13Fraglich ist, ob die Verfügbarkeitsnachweise grundsätzlich bereits mit dem Teilnahmeantrag oder Angebot eingereicht werden müssen oder ob die Bewerber/Bieter abwarten können, bis sie vom Auftraggeber zur Vorlage aufgefordert werden. Die früher in der VOB/A enthaltene Einschränkung, nach der die Verfügbarkeitsnachweise nur von den Bietern angefordert wurden, die in die engere Wahl kamen, gibt es seit der VOB/A 2016 nicht mehr.

Das könnte bedeuten, dass die Verfasser der VOB/A zu der früheren Rechtslage zurückkehren wollten, bei der die Vorlage des Verfügbarkeitsnachweises zusammen mit dem Angebot ganz überwiegend als zwingend angesehen wurde und das Fehlen einen Ausschluss des Angebots zur Folge hatte.16 Der Wortlaut deutet jedenfalls in diese Richtung, da er eine Vorlagepflicht beinhaltet ohne diese von einer Aufforderung durch den Auftraggeber abhängig zu machen.

Dennoch ist davon auszugehen, dass ein Auftraggeber einen Bieter nur dann aufgrund eines fehlenden Verfügbarkeitsnachweises aus dem Verfahren ausschließen kann, wenn er zum einen in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen eindeutig klargestellt hat, wann der entsprechende Nachweis vorzuliegen hat und zum anderen seiner Pflicht zur Nachforderung gemäß § 16a EU VOB/A nachgekommen ist. Denn § 6d EU VOB/A enthält keine eindeutige Vorgabe zum Vorlagezeitpunkt, auf die Auftraggeber sich berufen könnten. Zudem würde eine originäre Vorlagepflicht dem Transparenzgrundsatz widersprechen, aus dem abgeleitet wird, dass Auftraggeber in den Vergabeunterlagen eindeutig anzugeben haben, welche Unterlagen mit dem Angebot einzureichen sind.

Anders als nach dem alten Wortlaut ist der Auftraggeber jedoch nicht daran gehindert, die Verfügbarkeitsnachweise mit dem Teilnahmeantrag oder Angebot von allen Bietern anzufordern, ohne dass es dafür spezieller Anforderungen und einer besonderen Begründung bedarf.

14Der Zeitpunkt für die Vorlage eines Verfügbarkeitsnachweises stellt einen wichtigen Unterschied zwischen einer Eignungsleihe und einer reinen Unterbeauftragung dar: In Bezug auf beabsichtigte Unterbeauftragungen darf der Auftraggeber mit dem Angebot von den Bietern die Auskunft verlangen, welche Leistungsteile er auf Nachunternehmer zu übertragen beabsichtigt (§ 8 EU Abs. 2 Nr. 2 VOB/A). Damit geht jedoch keine Pflicht zur namentlichen Benennung der vorgesehenen Nachunternehmer einher. Denn es kann Bieter unverhältnismäßig belasten, bereits mit Angebotsabgabe ihre Nachunternehmer verbindlich zu benennen und eine Verpflichtungserklärung dieser Unternehmen vorlegen zu müssen.17 Möchte der Auftraggeber gleichwohl bereits mit Angebotsabgabe eine verbindliche Angabe der Nachunternehmer verlangen, bedarf es mithin einer gesonderten Begründung in der Vergabeakte, warum in diesem Fall die Berücksichtigung aller beteiligten Interessen im Ergebnis die Zumutbarkeit für die Bieter zur Folge hat.

15Diese Rechtsprechung ist nicht auf Fälle der Eignungsleihe gemäß § 6d EU VOB/A übertragbar. Denn anders als bei reinen Nachunternehmern werden die Namen und verbindlichen Zusagen von Drittunternehmen, auf deren Kapazitäten der Bieter sich zum Nachweis seiner Eignung beruft, benötigt, um die Eignung des Bieters zu prüfen. Der Auftraggeber hat daher immer ein berechtigtes Interesse daran, im Zeitpunkt der Eignungsprüfung alle hierfür erforderlichen Angaben vorliegen zu haben. Umgekehrt ist es für Bieter zumutbar, sich diejenigen Kapazitäten, auf die er sich zum Nachweis seiner Eignung stützt, von den anderen Unternehmen bereits zur Abgabe des Teilnahmeantrags oder Angebots verbindlich zusichern zu lassen – eigene Eignungsnachweise müssen schließlich auch zu diesem Zeitpunkt vorgelegt werden.18

Praxiskommentar VOB - Teile A und B

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