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A.Normzweck

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1Die Norm regelt in ihren ersten beiden Absätzen die Vergütungsabrede und damit den Vergütungstyp des Vertrages, den der öffentliche Auftraggeber für die Beschaffung seiner Bauleistungen zu verwenden hat. Dabei beschreibt sie aber bei Weitem nicht alle Arten der möglichen Vergütungstypen, sondern gibt vielmehr eine Grundstruktur nach dem Regel-Ausnahme-Prinzip vor. Die werkvertraglichen Regelungen des BGB werden nicht berührt. Die in dieser Norm aufgestellten Vorgaben zur Preisbildung und Preisgestaltung stehen vielmehr daneben.1

2Aus dem Wortlaut der Absätze 1 und 2 ergibt sich eine Systematik, die – bei Missachtung – sogar zur justiziablen Verletzung bieterschützender Normen oder Schadensersatzansprüchen führen kann. Die Regelungen zu den Vertragsarten sind aber nicht etwa ein Selbstzweck, sondern konkretisieren ein Grundprinzip des Vergaberechts: der Auftraggeber hat die zu beschaffende Leistung so genau und umfassend zu beschreiben, sodass der Bieter so gut wie möglich ein auskömmliches, sachlich zutreffendes und angemessenes Angebot abgeben kann. Nur dann ist ein fairer Wettbewerb möglich, und wird der Bieter die Bauleistung wirtschaftlich am Ende auch vollenden können.

3Nicht festgelegt wird der öffentliche Auftraggeber dagegen in der leistungstypischen Ausgestaltung des auszuschreibenden Vertrages, also der Art und Weise der Leistungsdefinition. Beides ist voneinander zu trennen.2

4Die Absätze 3 und 4 betreffen nur mittelbar das Thema Vertragsart und handeln davon, wie die Bieter ihre Angebote abzugeben haben. Die Überschrift „Vertragsarten“ passt also inhaltlich nicht zu den beiden letzten Absätzen, sondern wurde lediglich nicht angepasst, als mit der VOB 2009 der ehemalige § 6 in den jetzigen § 4 aufgenommen wurde. Die Regelungen befassen sich mit den zwei Möglichkeiten des Vertragsangebotes, dem normalen Angebotsverfahren und der Ausnahme, dem Auf- und Abgebotsverfahren.3

5Der Wortlaut von § 4 VOB/A, § 4 VOB/A VS und von § 4 VOB/A EU ist fast identisch. Der einzige Unterschied besteht darin, dass in Abschnitt 1 (Basisparagrafen) von „Bauleistungen“, in Abschnitt 2 von „Bauaufträgen“ die Rede ist. An der Identität der Inhalte ändert die unterschiedliche Begrifflichkeit jedoch nichts. Der Grund hierfür liegt in der durchgängigen Verwendung des Auftrags im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb, das in der deutschen Rechtsordnung das europäische Vergaberecht umsetzt. Insofern war der Textgeber der VOB/A bemüht, die charakteristische Terminologie jeweils beizubehalten. Die folgende Kommentierung des § 4 VOB/A gilt daher auch uneingeschränkt für § 4 VOB/A EU.4

6Unterschiedliche Wirkung kommen dem § 4 VOB/A und seiner parallelen Norm im zweiten Abschnitt beim Bieterschutz zu. Die Regeln der VOB/A im ersten Abschnitt haben lediglich den Charakter von Verwaltungsvorschriften. Insofern kommt den Regelungen grundsätzlich keine Außenwirkung zu, was dazu führt, dass eine Verletzung nicht unmittelbar dem Bieter einen Anspruch gibt. Dennoch werden die hier getroffenen Regelungen dann in Schadensersatzprozessen als Rechtsgrundlage tauglich sein, sobald tatsächlich der Bieter auf die Einhaltung bzw. Sorgfältigkeit der ausschreibenden Stelle vertrauen durfte.

Anders sieht das im zweiten Abschnitt der VOB/A aus. Da bei Vergaben oberhalb des Schwellenwertes die VgV (§ 2 VgV) mit einem Verweis die VOB/A EU zum Kartellvergaberecht erklärt, ist diese Vorschrift verbindlich, sodass sich der Bieter in einem Nachprüfungsverfahren darauf stützen kann.5 Die Rechtsprechung bejaht die bieterschützende Wirkung gerade für § 4 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A EU und § 4 Abs. 2 VOB/A EU.

7Die Regelung zum Pauschalvertrag soll dem Bieter einen Anspruch darauf vermitteln, dass bei Pauschalverträgen die Leistung in den Ausschreibungsunterlagen nach Ausführungsart und Umfang genau bestimmt ist und der Bieter nicht mit Änderungen bei der Ausführung zu rechnen hat.6 Bei der Ausschreibung von Stundenlohnarbeiten soll der Bieter Anspruch darauf haben, dass der öffentliche Auftraggeber vor der Ausschreibung geprüft hat, dass die Bauleistungen einen geringen Umfang haben und überwiegend Lohnkosten verursachen.

8Die VgV, die SektVO, KonzVgV, die VSVgV sowie die UVgO enthalten keine vergleichbare Regelung.7

9Weil die Art und Weise, wie die Leistung vergütet werden soll, unmittelbar Einfluss darauf hat, wie die Leistung in den Ausschreibungsunterlagen zu beschreiben ist, steht diese Norm im engen Zusammenhang mit den Vorschriften zur Leistungsbeschreibung (§§ 7, 7a, 7b, 7c VOB/A; §§ 7, 7a, 7b, 7c VOB/A EU).8

Praxiskommentar VOB - Teile A und B

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