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1.Einheitspreisvertrag (Nr. 1)

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18a) In der Regel. Grundsätzlich ist die Vergütung also nach Einheitspreisen, nur in geeigneten Fällen nach einer Pauschalsumme zu berechnen. Der Einheitspreisvertrag kann als die regelmäßige Form des Leistungsvertrages beschrieben werden,14 hiervon geht ersichtlich auch das VHB Bund Ausgabe 2017 aus. Soll die Vergütung des Werkvertrages anders als nach Einheitspreisen berechnet werden, muss dies – jedenfalls bei einer Vergabe eines öffentlichen Auftraggebers – im Vertrag ausdrücklich vereinbart werden.

19Das hat prozessual zur Folge, dass derjenige, der eine andere Vergütungsabrede als die nach Einheitspreisen behauptet, diese Abweichung vom Grundfall darlegen und beweisen muss.15

20Insbesondere in der Abrechnungsphase – also weit nach Beendigung des Vergabeverfahrens – kann sich die Frage stellen, welches Preismodell vereinbart war. Soweit die Leistungen sorgfältig ausgeschrieben worden sind, wird sich diese Frage allerdings nicht stellen. Interessant wird das aber, wenn die VOB/A außerhalb von öffentlicher Beschaffung herangezogen wird oder nicht nach § 132 GWB ausschreibungspflichtige Änderungsverträge beauftragt wurden. Die Vergütung nach Einheitspreisen dürfte zu einer Auslegungsregel für alle Fälle werden, in denen eine ausdrückliche gegenteilige Regelung entweder fehlt oder vom Auftraggeber nicht vorgetragen wird. Ist die Höhe der Vergütung nicht vereinbart, so ist die übliche -beim VOB-Vertrag angemessene – Vergütung grundsätzlich nach Einheitspreisen zu berechnen. Aus dem Wortlaut lässt sich zudem schließen, dass im Zweifel – wenn es also keine oder solange es keine andere ausdrückliche Vereinbarung gibt – nach Einheitspreisen abzurechnen ist, und zwar auch dann, wenn sich aus den Vertragsunterlagen (Leistungsbeschreibung, BVB, ZVB usw.) nichts oder nichts Eindeutigeres ergibt.

21b) Zu Einheitspreisen für technisch und wirtschaftlich einheitliche Teilleistungen. Bei der Ausschreibung eines Einheitspreisvertrages werden die einzelnen Teilleistungen nach Maß (zum Beispiel Meter, Quadratmeter, Kubikmeter), Gewicht (zum Beispiel Kilogramm, Tonne) oder Stück angegeben. Die VOB/A nennt das in § 4 Abs. 1 Nr. 1 und in § 7b Abs. 1 Teilleistungen, die in einem Leistungsverzeichnis nach Ordnungszahlen – in § 13 Abs. 1 Nr. 6 VOB/A Position genannt – zusammengefasst sind.

22Bauleistungen bestehen typischerweise aus der Kombination von Liefer- und Dienstleistungselementen, da das „Bauen“ immer aus so verschiedenen Leistungen wie der Lieferung von Bauprodukten, Dienstleistungen oder auch der Bereitstellung von Gerätschaften besteht.16 Hier sind die einzelnen Teilleistungen so aufzuführen, dass die Bieter für ihre Kalkulation eindeutig abschätzen können, ob etwa für die Bereitstellung eines Kranes weitere Kosten anfallen oder nicht. Es kommt insoweit auf den nach der Verkehrsanschauung maßgeblichen technischen und wirtschaftlichen Zusammenhang im Sinne einer Einheit an.17

23Der vertragliche Einheitspreis setzt sich also zusammen aus dem Lohnanteil und dem Materialanteil für die jeweilige Position. Dazu kommen die anteiligen Baustellengemeinkosten für die Einrichtung und Räumung der Baustelle und die Vorhaltung der Baustelleneinrichtung während der Bauzeit sowie die Allgemeinen Geschäftskosten für die Bauleistung des Auftragnehmers, Bürobetrieb usw. Baustellengemein- und Allgemeine Geschäftskosten werden zuweilen auch gesondert ausgewiesen. Falls die Ausschreibung dafür keine besonderen Positionen vorsieht, sind sie jedoch im Wege der sogenannten Zuschlagskalkulation in die Einheitspreise einzurechnen.

24c) Deren Menge nach Maß, Gewicht oder Stückzahl … anzugeben ist. Dann werden die diesbezüglichen Mengenansätze (Vordersätze) zunächst vom öffentlichen Auftraggeber zum Zwecke der Kalkulation geschätzt bzw. überschlägig ermittelt. Die Mengenangabe dient an dieser Stelle ausschließlich der Kalkulation des Bieters und muss deshalb so zutreffend und gewissenhaft wie möglich vom öffentlichen Auftraggeber bzw. dem beauftragten Ingenieurbüro vorgenommen und in der Leistungsbeschreibung aufgeführt werden.

25Das vom öffentlichen Auftraggeber insoweit für die Angebotsabgabe zur Verfügung gestellte Mengengerüst muss im Rahmen des Vergabeverfahrens auch der Angebotswertung zugrunde gelegt werden. Denn nur so kann bei der Wertung die Prognose der Wirtschaftlichkeit des Angebotes gemäß § 127 GWB vollzogen werden. Um den Grundsätzen in § 7 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 VOB/A gerecht zu werden, empfiehlt es sich, auf Auftraggeberseite hierbei sämtliche Umstände und Überlegungen bei der Schätzung der Mengen mit anzugeben. Aus § 20 VOB/A folgt die Pflicht zur Dokumentation, auf welcher Grundlage der öffentliche Auftraggeber das Mengengerüst kalkuliert hat.18

26Für jede Position wird vom Bieter der Einheitspreis mit dem (vorläufigen) Vordersatz multipliziert, was den Positionspreis ergibt. Die Addition der Positionspreise ergibt den Angebotsendpreis. Dieser ist jedoch nur vorläufig, weil erst nach Arbeitsausführung die Leistung aufgemessen und durch das – möglichst gemeinsame – Aufmaß die genaue Höhe der Vordersätze ermittelt wird. Daraus ergibt sich dann auf dem vorbeschriebenen Weg der genaue abrechenbare Endpreis.

27Für die Wertung und Vergabeentscheidung entscheidend sind aber nicht etwa die Positionspreise, der vertraglich zu vereinbarende Preis ist der jeweilige Einheitspreis.

28d) Abrechnung. Welche Massen und Mengen bei den Arbeiten tatsächlich anfallen und für die ausgeschriebene Leistung erforderlich sind, ergibt sich erst im Zuge der Ausführung. Deshalb kann beim Einheitspreisvertrag die endgültige Vergütung erst nach Fertigstellung der Arbeiten bestimmt werden, indem gemäß § 2 Abs. 2 VOB/B die tatsächlich ausgeführten Leistungen mit den vertraglichen Einheitspreisen multipliziert werden und dann durch Addition der so ermittelten Positionspreise der vertragliche Endpreis errechnet wird.

29Es ist zu jeder Position des Leistungsverzeichnisses die Vergütung nach der tatsächlich ausgeführten, durch Aufmaß ermittelten Leistung und Multiplikation mit dem vereinbarten Einheitspreis zu berechnen.

30Liegen die tatsächlich ausgeführten Massen und Mengen über oder unter den Vordersätzen des Leistungsverzeichnisses, so führt das also zu dem vertraglich geschuldeten Umfang der Leistung. Solange das ausgeschriebene Leistungsziel selbst gleichbleibt, handelt es sich bei lediglich massen- und mengenmäßigen Mehr- oder Minderleistungen nach dem Wesen des Einheitspreisvertrages nicht um eine Vertragsänderung. Vielmehr ist dadurch, dass beim Einheitspreisvertrag die Massen und Mengen der Vordersätze zunächst nur geschätzt und überschlägig ermittelt sind, der massen- und mengenmäßige Umfang der (ansonsten gleichbleibenden) Leistung bis zur endgültigen Bestimmung und Präzisierung durch die tatsächlich ausgeführte Leistung offen, d. h. der zunächst massen- und mengenmäßig unbestimmte Leistungsumfang wird erst durch die Ausführung bestimmt und festgelegt.

31Auch für die Mehr- oder Mindermassen der tatsächlich ausgeführten Leistung gilt deshalb grundsätzlich der vertragliche Einheitspreis, denn die tatsächlichen Leistungsmengen, auch wenn sie gegenüber den Vordersätzen des Leistungsverzeichnisses höher oder niedriger sind, liegen „nicht… außerhalb der bisherigen vertraglichen Preisabsprache“. Die tatsächlich ausgeführte Leistung, auch wenn sie von den geschätzten Annahmen der Vordersätze des Leistungsverzeichnisses massen- und mengenmäßig abweicht, ist die vom Auftragnehmer geschuldete und vom öffentlichen Auftraggeber zu vergütende Vertragsleistung.

32Der Umfang der tatsächlichen Leistungen wird beim Einheitspreisvertrag dadurch festgestellt, dass diese aufgemessen werden. Dies geschieht, soweit erforderlich, schon während der Bauausführung, ansonsten hinterher. Hierbei sind die Aufmaßbestimmungen der VOB/C zu berücksichtigen.

33Ob das Aufmaß anhand von Zeichnungen oder örtlich vorgenommen werden muss, ist nicht festgelegt, sondern eine Frage des Einzelfalles. Auch § 14 Abs. 2 VOB/B setzt nicht zwingend eine körperliche Aufmaßnahme vor Ort voraus. Es genügt, wenn sich die Parteien darüber einig sind, dass eine bestimmte Leistung nach Maß, Zahl und Gewicht erbracht ist. Diese Einigung kann auch anhand geeigneter Aufmaßpläne erfolgen. Wenn die ausgeführte Leistung in vollem Umfang der zeichnerischen Darstellung entspricht, genügt ein Aufmaß anhand der Zeichnungen. Haben sich Änderungen oder Zusatzleistungen ergeben, weil anders gebaut und von den Zeichnungen abgewichen worden ist, muss die tatsächlich ausgeführte Leistung örtlich aufgemessen werden.

34Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 VOB/B sind die für die Abrechnung notwendigen Feststellungen dem Fortgang der Leistung entsprechend „möglichst gemeinsam“ vorzunehmen. Auch wenn dies zunächst nur als Empfehlung formuliert ist, ergibt sich daraus doch die vertragliche Nebenpflicht, dem anderen Teil zumindest Gelegenheit zur Teilnahme an dem Aufmaß zu geben. Für Leistungen, die bei der Weiterführung der Arbeiten nur schwer feststellbar sind, bestimmt deshalb § 14 Abs. 2 Satz 3 VOB/B ausdrücklich im Sinne einer solchen vertraglichen Nebenpflicht, dass der Auftragnehmer rechtzeitig „gemeinsame Feststellungen“ zu beantragen „hat“. Daraus ergibt sich, dass das Aufmaß grundsätzlich nicht allein, sondern gemeinsam zu nehmen und jede Partei verpflichtet ist, an einem solchen gemeinsamen Aufmaß mitzuwirken.

35Wenn daraus die Regel abzuleiten ist, dass grundsätzlich das Aufmaß gemeinsam zu nehmen ist, bedeutet das in prozessualer Hinsicht für den Auftragnehmer, dass er für den Umfang der von ihm tatsächlich ausgeführten Leistungen beweispflichtig ist. Diese Beweisführung wird für den Auftragnehmer beim gemeinsamen Aufmaß dadurch erleichtert, dass dessen tatsächliche Feststellungen grundsätzlich für beide Parteien, Auftraggeber und Auftragnehmer, bindend sind. Das gilt insbesondere auch für den öffentlichen Auftraggeber; das gemeinsame Aufmaß schließt in seinem Fall auch eine spätere Überprüfung und Änderung durch die Rechnungsprüfungsbehörde aus.19

36Die Bindungswirkung des gemeinsamen Aufmaßes beschränkt sich allerdings auf die technisch-rechnerischen Feststellungen des reinen Maßnehmens selbst nach Zahl, Maß und Gewicht. Ausgeschlossen ist also nur die spätere Berufung auf bloße Aufmaßfehler im Sinne von Meß-, Rechen- oder Schreibfehlern beim Aufmaß, nicht dagegen auch die Rüge unrichtiger Anwendung der Aufmaßbestimmungen, zum Beispiel des Übermessens von Öffnungen beim Aufmaß von Mauerwerk o. ä.

Hinsichtlich der Frage, wie man die Bindungswirkung des gemeinsamen Aufmaßes rechtlich wertet, geht die überwiegende Meinung davon aus, es liege insoweit zumindest ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis vor. Diese rechtliche Konstruktion ist seither von Literatur und Rechtsprechung präferiert worden. Um aber durch das gemeinsame Aufmaß beide Vertragspartner zu binden und nicht nur den Auftraggeber, ist es viel wirkungsvoller, einen Aufmaßvertrag zu schließen. Ein Abrücken von den gemeinsam genommenen Aufmaßen wäre dann nur noch durch die Irrtumsanfechtung nach § 119 BGB möglich, es sei denn, dass ein Grund für die Unrichtigkeit des gemeinsamen Aufmaßes erst nachträglich bekannt geworden ist. Wenn der Auftraggeber sich von der Bindung an das gemeinsame Aufmaß lösen will, muss er deshalb beweisen, dass die dabei getroffenen Feststellungen nicht der Wirklichkeit entsprechen, und dass ihm dieses erst nach dem gemeinsamen Aufmaß bekannt geworden ist. Auch dann ist er jedoch an die dem gemeinsamen Aufmaß zugrunde gelegte Abrechnungsmethode jedenfalls insoweit gebunden, als ihm ein Übergang auf eine völlig andere Abrechnungsmethode, der einen Vergleich einzelner Positionen nicht gestattet, verwehrt ist.

Praxiskommentar VOB - Teile A und B

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