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V.Auf- und Abgebotsverfahren (Abs. 4)

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83Die Ausnahme von der Regel des Angebotsverfahrens ist das im 4. Absatz beschriebene Auf- und Abgebotsverfahren. Hierbei legt der öffentliche Auftraggeber die Leistungsbeschreibung nach den Regeln der §§ 7 ff. VOB/A dem Auftragnehmer zusammen mit den für die jeweils geforderten Leistungen für sachgerecht und angemessen ermittelten Preise den Bietern vor.

84Mit ihrem Angebot geben die Bieter dann an, ob sie die in den Vergabeunterlagen angegebenen Preise für die einzelnen Leistungen bestätigen oder ob bzw. welche Einzelleistungen sie höher oder niedriger bepreisen.

85Dieses Auf- und Abgebotsverfahren entspricht dem Vergabegrundsatz, der in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland vorherrschend war, der sogenannten Lizitation.52 Die Gefahr, dass bei diesem Verfahren die Bieter geneigt sind, zwecks Auftragsgewinns Preise nicht zu unterbieten, dürfte dazu führen, dass anstatt des angemessenen Preises verstärkt spekuliert wird.53

86Vor allem wird dieses Verfahren in Betracht kommen, um kleine und kleinste Baumaßnahmen einem geordneten Wettbewerb zuzuführen, den Verwaltungsaufwand zu minimieren, einen wirtschaftlichen Preis zu erzielen und eine Vielzahl von freihändigen Vergaben zu vermeiden.54

87Deshalb wird auch ausdrücklich („… soll nur ausnahmsweise … “) klargestellt, dass dieses Verfahren nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen zulässig ist. Nämlich dann, wenn es sich bei den zu beschaffenden Leistungen um regelmäßig wiederkehrende Unterhaltungsarbeiten, deren Umfang möglichst zu umgrenzen ist, handelt.

88Tiefer definiert die VOB/A nicht, was unter „Unterhaltungsarbeiten“ und unter dem zu begrenzenden „Umfang“ zu verstehen ist. Deshalb ist im Einzelfall auszulegen. Vom Sinn und Zweck der Regelung wird es sich bei „regelmäßig wiederkehrenden Unterhaltungsarbeiten“ um Arbeiten handeln, die notwendig sind, um ein einmal erstelltes und in den bestimmungsgemäßen Gebrauch genommenes Bauwerk intakt und funktionsfähig zu erhalten.55

89Gleiches gilt für das Verständnis des Tatbestandsmerkmals „Umfang“. Dieser kann sich auf zeitliche, kostentechnische als auch auf technische Faktoren des Auftrags ziehen. Wann von einer Regelmäßigkeit ausgegangen werden kann, ist auszulegen. Dabei muss man wohl schon sinnlogisch von einer grundsätzlich längeren Dauer der Unterhaltung ausgehen müssen. Ein Indiz für eine zeitliche Regelmäßigkeit dürfte wohl dann vorliegen, wenn mit zunehmendem Alter des Bauwerks auch die Unterhaltungs-Intervalle kürzer werden. Havarieleistungen werden als regelmäßig wiederkehrende Unterhaltungsarbeiten nicht in diesem Verfahren vergeben werden können, denn wegen der Unregelmäßigkeit von Havarien ist deren Eintritt hinsichtlich des Ob und des Umfangs stets ungewiss.56

90Auf jeden Fall muss der öffentliche Auftraggeber vor Anwendung dieses Vergabeverfahrens die in dem Abs. 4 enthaltenen zwingenden Voraussetzungen noch vor Ausschreibung geprüft haben. Dies ist zu dokumentieren.

91Der Wortlaut spricht aber gerade nicht von einem geringen Umfang, was man zunächst aus dem Ausnahmecharakter dieser Regelung schließen könnte. Es geht also allein darum, dass es sich um regelmäßig wiederkehrende Unterhaltungsarbeiten handelt, deren Umfang möglichst zu umgrenzen ist und – als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal – die ausschreibende Stelle diese Verfahrensart sowohl für sinnvoll im konkreten Fall erachtet und die Vereinbarkeit mit sämtlichen Prinzipien des Vergaberechts sichergestellt hat.

§ 4a VOB/ARahmenvereinbarungen

(1) 1Rahmenvereinbarungen sind Aufträge, die ein oder mehrere Auftraggeber an ein oder mehrere Unternehmen vergeben können, um die Bedingungen für Einzelaufträge, die während eines bestimmten Zeitraumes vergeben werden sollen, festzulegen, insbesondere über den in Aussicht genommenen Preis. 2Das in Aussicht genommene Auftragsvolumen ist so genau wie möglich zu ermitteln und bekannt zu geben, braucht aber nicht abschließend festgelegt zu werden. 3Eine Rahmenvereinbarung darf nicht missbräuchlich oder in einer Art angewendet werden, die den Wettbewerb behindert, einschränkt oder verfälscht. 4Die Laufzeit einer Rahmenvereinbarung darf vier Jahre nicht überschreiten, es sei denn, es liegt ein im Gegenstand der Rahmenvereinbarung begründeter Ausnahmefall vor.

(2) Die Erteilung von Einzelaufträgen ist nur zulässig zwischen den Auftraggebern, die ihren voraussichtlichen Bedarf für das Vergabeverfahren gemeldet haben, und den Unternehmen, mit denen Rahmenvereinbarungen abgeschlossen wurden.

Übersicht Rn.
A. Normzweck 1–3
B. Einzelerläuterung 4–18
I. Begriff der Rahmenvereinbarung 4–11
1. Ein oder mehrere Auftraggeber 5
2. Auftragnehmer 6
3. Einzelaufträge 7–10
4. Bestimmter Zeitraum 11
II. Missbrauchsverbot 12–14
III. Begrenzte Laufzeit 15, 16
IV. Begrenzung auf Vertragsparteien 17, 18
Praxiskommentar VOB - Teile A und B

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