Читать книгу Faith und Leathan - Ursula Tintelnot - Страница 14
Panther und Eulen
ОглавлениеZeit für uns, das Land der Eulenelfen zu verlassen, dachte Maia wehmütig. Atenas Bericht sprach dafür, dass ihr Sohn Leathan sich bereits wieder in der Felsenburg aufhielt.
Dieses Tal mit den Eulen zwischen riesigen Gebirgszügen war sogar Leathan bisher entgangen. Durch Maias Zauber geschützt, blieb es unentdeckt. Dieses Zauberland, bewohnt von Eulenelfen und den gewaltigen Nebelpanthern, allesamt Gestaltwechsler, war bunt und schön. Eines Tages, hoffte Maia, von hier aus die Leathans Schattenwelt ein wenig heller machen zu können. Hier lebten Quellgeister, sie waren stark, aber noch nicht stark genug. Es gab Feen und Elfen.
Sie alle hüteten ein Geheimnis.
Es gab etwas, das so mächtig war wie das Zeichen der Macht, das wunderschöne, aus zwei Teilen bestehende Medaillon, das Magalie und Leander inzwischen trugen. Von diesem Geheimnis wussten nur ihre Schwester Cybill, die alte Herrscherin und natürlich Nathan.
»Atena, ich überlasse dir und deinen Schwestern unser Tal. Richard braucht Nathan und mich.«
Sie seufzte. »Leathan wird sich fragen, wo wir sind.«
Nathan legte seinen Arm um Maias Schultern.
»Es ist nicht nötig, dass er Nachforschungen darüber anstellt, wo wir uns aufhalten.«
»Wo ist Nubes? Ich möchte ihn sehen, bevor ich aufbreche.«
»Du hast mich gerufen?«
Vor Maia tauchte ein sahneweißer Panther auf.
Ohne Vorwarnung vollzog sich seine Verwandlung. Jetzt stand da ein Mann von verblüffendem Aussehen. Er verbeugte sich vor Maia und Nathan. Schlohweißes Haar stand wie eine Mähne wild von seinem Kopf ab. Die Nase war breit und flach. Wie zwei glühende Kohlestücke flackerten die Augen rot. Atena umarmte Nubes.
»Mach dir keine Sorgen, wir werden unser schönes Tal hüten.«
Sie waren vor dem Versammlungssaal angekommen, einem Raum von immenser Ausdehnung.
Die Mauern schimmerten weiß unter langen grünen Ranken, hinter denen leuchtende runde Koboldaugen hervorblitzten. Die zwergenhaften Kerlchen besaßen Krallen und taten keiner Fliege etwas zuleide. Die spitzen Zähne benutzten sie normalerweise nur, um Grünzeug zu fressen. Aber wenn ihre Welt und deren Bewohner in Gefahr gerieten, nutzten sie Krallen und Zähne äußerst effektiv. Dann wurden sie zu unerbittlichen messerscharfen Werkzeugen.
Hunderte verschieden hohe Steinsäulen, verziert mit kostbaren Mosaiken, wuchsen aus dem Boden des Raumes. Saphire und Smaragde bildeten leuchtend blaugrüne Muster.
Die Kuppel hoch oben, die dieses Meer aus grünen und blauen Tönen spiegelte, glänzte golden.
Dies war der einzige so prachtvoll ausgestattete Saal. Alle anderen Räume dieses ehemaligen Herrschersitzes kamen ohne jeglichen Prunk aus. Es gab alles, was zur Bequemlichkeit beitrug, aber keinen übertriebenen Luxus. Dieser Festsaal jedoch war überwältigend. Auf den Säulen warteten die Eulen auf Maia, um sich zu verabschieden und ihre letzten Anweisungen entgegenzunehmen, während Nubes vor der Tür mit Nathan sprach.
Der Panthermann warnte ihn: »Ich habe Leathans Elfen gesehen. Ihr Anführer ist ein Wadenbeißer, der nicht loslässt, wenn er einmal eine Fährte aufgenommen hat. Immer wieder lässt er dieses Gebiet hier überwachen.«
»Kastor«, sagte Nathan. »Er ist mit Leathan zurückgekehrt. Ein Mann, der eine Demütigung auch nach Jahren nicht vergisst. Er ist gefährlich, ich weiß.«
Wenig später ritten Nathan und Maia in einen staubigen Tag. Maia auf ihrer gescheckten sanften Stute, Nathan auf seinem gewaltigen Hengst.
Sie ritten schweigend. Maia war in Gedanken versunken. Sie vermisste jetzt schon ihr schönes Tal.
Nathan nahm eine Bewegung auf dem Felsen über ihm war. Er verzog den Mund. Wenn diese Kerle glaubten, unsichtbar zu sein, hatten sie sich geirrt. Nathan beobachtete die Umgebung unter halb geschlossenen Lidern. Kein Laut entging ihm. Steine, Flechten, Bäume und Moose sprachen von den Wesen, die vor kurzem hier vorbeigekommen waren.
Kastor biss sich auf die Lippen. Wo kamen die beiden her? Auch nach der langen Zeit auf den Lebenden Steinen trieb ihn die Frage um, ob er sich damals geirrt hatte oder ob hier etwas war, das er wissen sollte. Er hatte einen eisernen Zaun gesehen, den er später nicht mehr wiederfinden konnte.
Damals war ihm Oskar praktisch vors Pferd gefallen. Die Gelegenheit, ihn zu entführen, hatte Kastor sofort ergriffen. Er wusste, dass der Glitter zu Magalie gehörte. Aber Oskar war entkommen. Er verdächtigte Maia, nicht zu Unrecht, ihm bei der Flucht geholfen zu haben.
Kastor traute Maia nicht. Die Mutter Leathans ging ihre eigenen Wege, so viel war sicher. Was hatte sie hier zu suchen? Welches Geheimnis verbarg sie?
Erschreckt riss er den Kopf hoch, als er Nathans Stimme vernahm. Leathans Haushofmeister und Stellvertreter stand plötzlich vor ihm. Ein riesiger Elf, den er hasste. Nathan konnte sich Leathan gegenüber Dinge herausnehmen wie keiner sonst. Er verfluchte innerlich die Geräuschlosigkeit, mit der Nathan zu erscheinen verstand.
»Was, was …?«
»Überrascht mich zu sehen?« Nathan lächelte milde auf Kastor herab. »Ihr seid also wieder da. Ruf deine Kameraden zusammen. Du kannst deinem Fürsten ausrichten, dass wir auf dem Weg zu ihm sind.«
»Was tust du hier?«
»Ich glaube nicht, dass dich das etwas angeht, Kastor.«
»Entschuldige.« Kastor gab den Unterwürfigen.
Nathan war sein direkter Vorgesetzter. Nur Leathan oder Richard standen über diesem mächtigen Elf.
»Wir sollten gemeinsam reiten. Die Gegend ist gefährlich.«
Kastor sah ihn lauernd an in der vergeblichen Hoffnung, dass Nathan sich verriet.
Der Einzige, der hier gefährlich ist, bist du, dachte Nathan. Er verschloss seine Gedanken, verbot sich an das Land der Eulenelfen zu denken.
»Wir brauchen keine Begleitung. Geh jetzt, und tu, was ich dir befohlen habe.« Nathans Hengst setzte sich in Bewegung und trug seinen Herrn an Maias Seite. Er spürte den Hass und die Eifersucht in seinem Rücken. Kastor war ein überzeugter Anhänger Leathans, für ihn würde er alles tun.
Und alles gegen mich, dachte er.
»Na, was will er? Sollte er nicht bei Leathan sein?« Maia sah Nathan von der Seite an.
»Du hast ihn also auch bemerkt?« Er grinste, Maia entging nichts, auch wenn sie so tat als ob.
»Er will wissen, was du vor ihm verbirgst, und weiter will er meinen Posten.«
»Darauf wird er bis zum Ende aller Tage warten müssen«, sagte Maia kühl.
Das leiser werdende Klappern der Hufe auf dem Fels sagte ihnen, dass Kastor Nathans Befehl befolgte.