Читать книгу Faith und Leathan - Ursula Tintelnot - Страница 17
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ОглавлениеDie Wolken, die sich über Magalies Garten auftürmten, ließen die Farben dunkel werden. Am eben noch hellen Himmel schossen graue Schlieren hoch. Blutrot an den Rändern, verkrallten sie sich in dunklere Wolkenfetzen, drifteten auseinander, verbissen sich ineinander. Blitze zerrissen den Himmel. Die Hexen flogen.
Magalie sprang auf. Ihre Hand tastete nach dem Medaillon. Eine blaue Wolke schloss sich um Robert, Faith und Lisa und trug sie zur alten Villa, hinaus aus der Anderswelt.
Faith drückte Lisa an sich. »Nicht weinen, Schatz.«
Robert war kreidebleich. »Was war das?«
Faith schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, Dad. Aber ich habe Angst. Die Hexen … Ich fürchte …« Faith drückte ihr Gesicht in die roten Locken ihrer Tochter.
»Wo ist deine Schwester, meine Kleine?«, flüsterte sie.
Zuletzt hatte sie Oskar und Lotte bei den Feen im Garten gesehen.
Robert hatte das Haus behalten, in dem er und Faith lebten, bevor es ihn in die Anderswelt zog. Als Autor brauchte er einen Ort, wo er schreiben und sich mit seinen Verlegern treffen konnte. In Magalies Welt funktionierte kein Computer, und ohne Recherchen im Netz konnte er nicht arbeiten.
Ruhelos ging Robert hin und her.
Magalie hatte sie aus der Anderswelt ausgeschlossen. Warum?
Es musste etwas Schreckliches passiert sein. Hatte es mit Lottes Verschwinden zu tun?
Einen Wimpernschlag, nachdem sie Faith, Robert und Lisa aus der Anderswelt ausgeschlossen hatte, fuhr Magalie zwischen die Kämpfenden am Himmel. Zu spät.
Leathans Hexen waren Elsabe und ihren Schwestern entkommen. Die Fürstin raste über den Himmel. Neben ihr erschien Elsabe. »Du kannst sie nicht einholen.«
»Sie haben Lotte!«, schrie Magalie gegen den Wind.
»Ich weiß. Sie werden Lotte nichts antun. Wir holen sie zurück.«
Der Himmel über der Lichten Welt war wieder strahlend blau, als sei nichts geschehen.
In der Villa tobte Faith. »Sie kann uns nicht so einfach ausschließen, verdammt. Dad, ich muss wissen, was geschehen ist.«
»Wir warten ab.« Robert versuchte seine Tochter zu beruhigen. »Magalie wird sich melden.«
Das hat sie immer getan, dachte er. Aber wenn sie sich ängstigt, kann sie zur Despotin werden.
»Oh, nein.« Faith war wütend und gar nicht seiner Meinung. »Ich lasse mich nicht wie ein Kleinkind ins Kinderzimmer stecken. Immer geschieht, was sie will.«
Faith’s Blick fiel auf ihre Tochter. Lisa lag auf dem durchgelegenen Sofa in Roberts Arbeitszimmer und war eingeschlafen. Nur ihr roter Schopf lugte unter der bunten Decke hervor, in die auch sie sich als kleines Mädchen gekuschelt hatte. Sie trat an die Fenstertüren. Von hier aus konnte sie den uralten Baum mit dem gespaltenen Stamm sehen. Das Portal zur Anderswelt.
Robert stellte sich neben sie. »Denk nicht mal dran, du gehst nicht zurück, bevor Magalie sich gemeldet hat. Du kannst Lisa nicht alleine lassen.«
Faith sagte: »Sie ist nicht alleine, sie hat dich. Und mein Baby ist in Gefahr.«
Er sah auf das schlafende Kind.
»Geh nicht«, flehte Robert.
Seine Angst um Faith war ebenso groß wie die ihre um ihre kleine Tochter. Er wusste, dass er sie nicht zurückhalten konnte, hoffte aber, dass die Anderswelt sie gar nicht einlassen würde. Wenn die Feen es nicht zuließen, gab es keine Möglichkeit, durch das Portal in ihre Welt zu gelangen.
Faith öffnet eine der Türen zum Garten und lief über den Rasen zum alten Baum. Er beobachtete von weitem erleichtert ihre vergeblichen Versuche. Sie beschwor den Baum, fluchte und schlug auf seine Rinde ein. Nichts half. Aber dann rief sie ihr Pferd. »Ombra!«
Wie ein Phantom erschien die herrliche Stute. Mit wehender Mähne galoppierte sie auf Faith zu und stand nur wenige Zentimeter vor ihr still. Robert atmete aus.
»Du brauchst die Stute nur zu rufen. Sie hört dich immer. Egal, wo du bist.«
Das waren Magalies Worte gewesen. Dass ihre Tochter das eines Tages auch in der wirklichen Welt ausnützen könnte, daran hatte die Fürstin nicht gedacht. Vor Roberts Augen verschwammen die Umrisse der Stute, die Faith mit sich nahm.
Was habe ich nur für anstrengende Frauen, dachte er und wandte sich seiner Enkelin zu.
»Mama?«
»Mama kommt bald wieder«, sagte Robert und nahm Lisa auf den Arm.