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3. Ausgleich bei vermeintlichem eigenem Forderungsrecht des Empfängers gegen den Dritten

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Zweite Konstellation sind Fälle der Nichtigkeit eines echten Vertrags zugunsten Dritter (vgl. § 328), einer Forderungszession (vgl. § 398) oder Forderungspfändung (§§ 829, 835 ZPO) sowie einer angenommenen echten Anweisung (vgl. §§ 783 ff.). – In diesen Beispielen konnte der Empfänger den Gegenstand vom leistenden Dritten nämlich durchaus fordern (aus abgetretenem fremden oder zugewandtem Recht).

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Ist der Zahlende, Leistende sowohl seinem Vertragspartner gegenüber (Versprechensempfänger oder Zedent, Schuldner des Valutaverhältnisses) als auch dem Empfänger (Zessionar bzw. Gläubiger) zur Leistung verpflichtet, so beim echten Vertrag zugunsten des Empfängers, kann nur der Grad der Schutzwürdigkeit, insb. des Empfängers, über das bereicherungsrechtlich maßgebliche Leistungsverhältnis entscheiden. Der Empfänger hat ein eigenes Forderungsrecht und tritt dem Verpflichteten auch mit eigenem Leistungsanspruch entgegen. Ganz deutlich erbringt der Leistende beim echten Vertrag zugunsten Dritter die bedungene Leistung sowohl gegenüber seinem Versprechensempfänger als auch gegenüber dem mit eigenem Forderungsrecht ausgestatteten Empfänger („Dritter“ im Wortlaut des § 328).

Beim echten Vertrag zugunsten Dritter will der leistende Dritte allerdings wohl hauptsächlich wegen seines Schuldverhältnisses mit dem Versprechensempfänger die Schuld an den Begünstigten erbringen, zudem stellt § 334 den Empfänger (dort als „Dritter“ bezeichnet) in der Schutzwürdigkeit zurück (quasi-akzessorische Berechtigung – jedoch dispositiv). Schließlich wird beim Vertrag zugunsten Dritter oftmals eine unentgeltliche Zuwendung im Valutaverhältnis vorliegen, so dass § 822 den Empfänger gleichfalls schutzlos stellt (ihm bleibt nur der Entreicherungseinwand, § 818 Abs. 3).[45]

Beispiel:

Die mitreisende Ehefrau des im eigenen Namen eine Pauschalreise für zwei Personen Buchenden hat einen eigenen Anspruch auf die Reiseteilnahme und bestellt Inklusivleistungen im Restaurant, an der Bar etc. nicht „für meinen Mann, aber an mich“, sondern für sich. Hätte nun der Ehemann durch Betrügereien die Reise hinter ihrem Rücken erschlichen und hätte der Veranstalter wirksam angefochten, hielte sie auch als juristischer Laie ihm bei Bekanntwerden ohne Weiteres vor, „dabei mit drinzuhängen“ – und zwar auch noch, wenn der Schwindel erst nach Reiserückkehr aufflöge und das auch nicht aufgrund eines allgemeinen Bewusstseins zu § 822: Sie hat vielmehr selbst die Reiseleistung abgefordert und erhalten und ist damit Bereicherungsschuldnerin.[46]

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Nach einer Zession oder Pfändung mit Überweisung von Forderungen zahlt der Drittschuldner nicht mehr an seinen ursprünglichen Gläubiger (Zedent im Falle der Abtretung), sondern an dessen Gläubiger aus dem Valutaverhältnis (Zessionar bzw. Pfändungsgläubiger), der sich die Forderung gegen den Drittschuldner von seinem Schuldner hat abtreten oder sie bei ihm pfänden lassen. Der Dritte als Zahlender erfüllt deshalb eine eigene Verpflichtung gegen den Zessionar aus dem Forderungsübergang, geht jedoch noch immer (auch) davon aus, dass es sich inhaltlich um die Schuld aus seinem Verhältnis zum Zedenten (Deckungsverhältnis) handele (die frühere h.M. ging in diesem Zusammenhang sogar vom Zwischenerwerb des vom Schuldner an den Zessionar Geleisteten durch den Zedenten aus).

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Im Falle der Forderungspfändung und -abtretung wird man aus Gründen der Schutzwürdigkeit des Empfängers davon ausgehen müssen, dass alle späterhin (nach Leistungserbringung) auftretenden – auch solche mit Rückwirkung („ex tunc“) wie die Anfechtung – Nichtigkeitsprobleme im Deckungsverhältnis den Zessionar (Empfänger) „nichts angehen“ und deshalb allein zwischen Drittschuldner und Zedent, also im Deckungsverhältnis, zu regeln sein werden.[47]

War die Abtretung oder Pfändung dagegen schon anfänglich unwirksam, bestanden für den Drittschuldner (Zahlenden) weder ein Recht noch eine Pflicht gegenüber dem Empfänger (er war schlicht der „Falsche“), so dass schon deswegen keine Tilgung im Deckungsverhältnis eintreten konnte.[48] Daher wiederum: Ohne hypothetische Tilgungswirkung für den Zedenten liegt in der Zahlung durch den Drittschuldner kein Geschäft für ihn vor, also keine Leistung im (Deckungs-) Verhältnis. Ohne eine solche hat aber auch der Zedent nicht etwa durch den Dritten an den Zessionar geleistet. Also kann der Drittschuldner direkt beim Zedenten kondizieren. –

Allerdings geben ihm §§ 409 BGB bzw. 836 Abs. 2 ZPO hier ein Wahlrecht, sich dennoch auf eine Tilgungswirkung gegenüber dem Altgläubiger zu berufen (Schuldnerschutz mit Ausgleich dann nur im Valutaverhältnis: § 816 Abs. 2 BGB), er erscheint am schutzwürdigsten; nutzt er das Wahlrecht nicht, gilt für den Empfänger: „wie gewonnen, so zerronnen“.

Existierte nun bereits die abgetretene, gepfändete oder versprochene Leistung gar nicht, gehen auch in diesem Fall Abtretung oder Pfändung der nicht existenten Forderung ins Leere.[49] Ein Unterschied zur sonst unwirksamen Abtretung oder Pfändung besteht nicht; der Dritte leistete an den Scheinzessionar – und das Wahlrecht nach §§ 409 BGB, 836 Abs. 2 ZPO vermag hierbei nichts anderes, als das bereicherungsrechtliche Rückgewährverhältnis zu bestimmen.

Anders allerdings, wenn die abgetretene Forderung bloß nicht valutiert, aber immerhin ein Rahmenvertrag im Deckungsverhältnis besteht.

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Für Zessionsfälle besteht danach der Grundsatz, wonach bei jedenfalls auch unwirksamer Zession im Valutaverhältnis, dieser Defekt maßgeblich bleibt und der Drittschuldner direkt beim Empfänger kondizieren kann, ganz gleich, ob auch das Deckungsverhältnis mangelhaft ist[50] (und ggf. die Unwirksamkeit der Zession sogar daraus resultiert, dass keine abzutretende Forderung existiert).

Vergleichbar lassen sich die sog. Versicherungsfälle lösen: Ist der Versicherungsvertrag (Deckungsverhältnis) von vornherein unwirksam, fehlt es auch im Valutaverhältnis (etwa zwischen Schädiger und Geschädigtem) an einer wirksamen Überleitung des (nicht bestehenden) Anspruchs auf die Versicherungsleistung, gleich ob als Zession oder Direktanspruch ausgestaltet; der vom Versicherungsnehmer verschiedene Empfänger der irrig gezahlten Versicherungssumme (z.B. der Geschädigte bei der Haftpflichtversicherung, sonst die begünstigte Person der Lebensversicherung oder ein Zessionar) ist – mangels der Überleitung, Zession etc. – nicht schutzwürdig, er ist mit der Leistungskondiktion als Direktkondiktion des Versicherers belastet. Anders liegt es dagegen, wenn zwar Versicherungsschutz besteht, das schädigende Ereignis nur keinen Versicherungsfall ausgelöst hatte (z.B. der Versicherer bei Brandstiftung oder Suizid leistungsfrei bleibt), dann besteht zumindest ein Anspruch gerichtet auf Prüfung des Versicherungsfalles durch den Versicherer, der abgetreten werden konnte. Den Leistungszweck an den Empfänger hat also der Versicherungsnehmer gesetzt. Zahlt nun die Versicherung den Schaden aufgrund eigener und später revidierter Einschätzung zum Versicherungsfall (zuerst) dennoch und zwar an den vom Versicherungsnehmer personenverschiedenen Geschädigten aus, dann bleibt dieser Mangel im Zusammenhang mit dem Versicherungsverhältnis. Eine Direktkondiktion war und bleibt ausgeschlossen. So besagt § 117 VVG für Pflichtversicherungen ausdrücklich, dass der Anspruch des Versicherungsnehmers trotz Leistungsfreiheit des Versicherers gleichwohl zugunsten des Geschädigten („in Ansehung seiner Person“) bestehenbleibt. Es handelt sich um eine technische Anerkennung der Zweckbindung der Leistung und in § 117 VVG zusätzlich um eine Schadloshaltung des Geschädigten (unbeschadet des inzwischen obsoleten § 158c Abs. 6 a.F.).

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Damit ist auch eine Parallelität zur Leistungskette gegeben, wenn dort die Direktkondiktion ausgeschlossen ist wegen der Geheiß-Unterwerfung des Liefernden oder Zahlenden unter den Schuldner, dem deshalb die Güterbewegung an den Empfänger als Tilgungsleistung zugerechnet wird (der Handelnde ist sein Geschäftsführer); bei der Lieferkette oder bei Überweisungsfällen entscheidet also die Frage nach dem zurechenbaren Geheiß oder Überweisungsauftrag zwischen den Parteien des Deckungsverhältnisses.

Bei Zession erfüllungshalber wird dieser Geschäftsführungsauftrag an den Dritten zwischen den Parteien des Valutaverhältnisses begründet, also entscheidet die im Valutaverhältnis wirksame Abtretung oder Überweisung der Forderung; vollstreckungsrechtliche Pfändung mit Überweisung zur Einziehung hat schließlich identische Wirkung wie die Zession und ist wie diese zu behandeln. – Fehlt die Überleitung der Einzugsberechtigung an den Empfänger von Anfang an, tritt keine Tilgungswirkung für den Schuldner ein; es wird nicht sein Geschäft geführt. Soll trotzdem der Empfänger Vorteile aus dem Empfang haben, wäre das nur durch Abtretung seiner Forderung gegen seinen Schuldner an dessen Schuldner, nämlich den tatsächlich zahlenden oder liefernden Dritten möglich, der sodann aufrechnen könnte und das daraus Erlangte demjenigen zuhalten müsste, der bereits tatsächlich Empfänger geworden ist. Damit wäre der Dritte aber Geschäftsführer nicht des „Schuldners“ (seines Gläubigers im Deckungsverhältnis), sondern des Empfängers und diese Geschäftsführung wäre wieder die Zwecksetzung, der Leistungszweck – im direkten Verhältnis des Dritten zum Empfänger. Das gilt gleichermaßen in Überweisungsfällen und der Lieferkette, wenn dort jede Schuldner-Zurechnung der Weisung fehlt.[51]

Wird eine Zession oder Pfändung dagegen nachträglich aufgehoben oder ändern sich später die Werthöhen der verschiedenen Verbindlichkeiten, war – davon unberührt – bei tatsächlicher Übernahme der Geschäftsführung für den Schuldner die Tilgung dessen Geschäft, als ein dem Dritten fremdes; je danach, wie der Dritte das anschließend hinzutretende Problem hätte voraussehen müssen, kann er Ausgleich nach § 683 oder § 684 verlangen – vom Schuldner, seinem Geschäftsherrn, an den er geleistet hatte (das bestätigen § 409 BGB, § 836 Abs. 2 ZPO).

Vorrangig zu beachten sind selbstverständlich Ausgleichspflichten etwa aus § 426, die u.U. daraus folgen, dass zahlender Dritter und Schuldner des Empfängers Gesamtschuldner sind.

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