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Fleisch mit Knochen, langsam geschmortes Fleisch und Knochenbrühe

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Ganz gleich, ob wir es nun mit Wild, Rind- und Schweinefleisch oder Geflügel zu tun haben, Fleisch ist besonders in der Schwangerschaft eine ungeheuer wichtige Nahrungsquelle. Es enthält vollständige Proteine, Mineralien, B-Vitamine, fettlösliche Vitamine und zahlreiche andere Nährstoffe, die man in anderen Nahrungsmitteln nicht so leicht findet.

Tierische Produkte enthalten die am besten verwertbaren Formen von Eisen und Zink.37 Das erklärt, warum Vegetarier besonders häufig an Eisen- und Zinkmangel leiden.38,39 Zu den Folgen eines Eisenmangels während der Schwangerschaft gehören Anämie der Mutter, Fehl- und Frühgeburten, Schilddrüsenbeschwerden und Entwicklungsstörungen im fetalen Gehirn. Zinkmangel wird mit einem erhöhten Risiko für Fehlgeburten, Frühgeburten, Wachstumshemmungen des ungeborenen Kindes, Totgeburten und Neuralrohrdefekten in Verbindung gebracht.40

Fleisch enthält außerdem viel Vitamin B6. 40 % der Frauen im gebärfähigen Alter in den USA haben einen Vitamin-B6-Mangel, obwohl dadurch das Risiko für Fehlgeburten, Frühgeburten, niedriges Geburtsgewicht und schlechte APGAR-Werte zum Zeitpunkt der Geburt steigt.41,42 Zusätzlich müssen Sie wissen, dass nur tierische Nahrungsmittel Vitamin B12 enthalten, über dessen Bedeutung ich schon im Abschnitt über die Leber geschrieben habe. Es gibt noch viele andere Mikronährstoffe, die in großen Mengen in Fleisch enthalten sind und über andere Quellen nicht oder nicht ausreichend aufgenommen werden können. Für eine optimale pränatale Ernährung gehört Fleisch also zwingend dazu. Wenn man berücksichtigt, wie viele Nährstoffe in Fleisch enthalten sind, überrascht es nicht, dass das Geburtsgewicht von Babys, deren Mütter in der späten Schwangerschaft nur wenig tierisches Protein konsumieren, deutlich zu niedrig ist.43

Aber die Vorteile des Fleischkonsums gehen weit über bloße Proteine, Vitamine und Mineralien hinaus. Bestimmte Arten von Fleisch und gezielte Zubereitung können den Nährwert dieses Lebensmittels noch steigern. Die Überschrift zu diesem Abschnitt habe ich bewusst gewählt. Ihre Großmutter weiß bestimmt noch, wie man eine Suppe selbst kocht, aber die meisten von uns gehen in den Supermarkt und holen sich „Brühe“ vom Regal. Selbstgemachte Knochenbrühe entlastet nicht nur Ihre Geldbörse, sondern bringt viele wertvolle Nährstoffe für Sie auf den Speiseplan, die woanders nur schwer zu finden sind. Traditionelle Kulturen haben nicht nur Hühnerbrust ohne Haut und Knochen gegessen und den Rest des Tieres entsorgt. Sie haben auch Innereien und Schwarte verzehrt und Knochen und Haut zu Brühe verarbeitet.

Die moderne Forschung hat uns gezeigt, dass wir diese tradierte Praxis wieder in unser Leben integrieren sollten. Knochen, Haut und Bindegewebe eines Tieres enthalten sehr viel Protein, Gelatine, Kollagen, Glycin und Mineralien. Knochen enthalten mehr Mineralien pro 30 g Gewicht als alle anderen Körpergewebe. Wenn Sie einen großen Topf Knochenbrühe zubereiten, wird ein Teil dieser Mineralien an die Flüssigkeit abgegeben und reichert diese mit Kalzium, Magnesium, Eisen, Zink, Kalium und vielen Spurenelementen an. Stellen Sie sich die Knochenbrühe als eine Art Sportlergetränk vor, mit dem Sie Ihren Elektrolyten-Haushalt im Gleichgewicht halten können.

Knochenbrühe und langsam geschmortes Fleisch liefern auch Gelatine und Kollagen, die uns mit der Aminosäure Glycin versorgen. In herkömmlichen Ernährungsratgebern wird dieser Aminosäure kein großer Stellenwert eingeräumt, weil sie zu den „bedingt essenziellen“ Aminosäuren gehört, die der Körper aus anderen Aminosäuren selbst herstellen kann. Die Zeit der Schwangerschaft ist jedoch ein Sonderfall, d. h. hier wird besonders viel Glycin benötigt. Forscher haben festgestellt, dass „der Bedarf an Glycin in der Schwangerschaft sehr wahrscheinlich über das hinausgeht, was der Körper produzieren kann. Die Aussage, dass sie nicht essenziell ist, trifft deswegen nur bedingt zu.“44

Glycin wird unter anderem für die Synthese der fetalen DNA und Kollagen benötigt. Besonders in der späten Schwangerschaft sollten Sie viel davon konsumieren, weil das Baby jetzt sehr schnell wächst. Knochen, Bindegewebe, Organe und Haut entwickeln sich rasant und benötigen sehr viel Glycin dafür. In einer Studie wird es so formuliert: „In den späten Stadien der Schwangerschaft ist die endogene [d. h. die Menge, die Ihr Körper aus anderen Aminosäuren herstellen kann] Produktion von Glycin u. U. nicht ausreichend, um den wachsenden Bedarf zu decken.“45

Darüber hinaus ist Ihr Körper genauso von Glycin abhängig wie Ihr Baby auch. Ihre Gebärmutter und Ihre Brüste werden größer und Ihre Haut muss dehnbar werden. Dafür brauchen Sie Glycin. Tatsächlich enthält Ihre Gebärmutter gegen Ende der Schwangerschaft 800 % mehr Kollagen als davor.46 Es ist durchaus denkbar, wenn auch nicht garantiert, dass der Verzehr von adäquaten Mengen Glycin Schwangerschaftsstreifen verhindern kann, wenn man bedenkt, dass Kollagen zu einem Drittel seines Gewichts aus Glycin besteht.47

Fettarmes Fleisch, Geflügel ohne Haut, Milchprodukte und pflanzliche Proteine enthalten nur wenig Glycin. Wenn Sie Ihr Protein ausschließlich über diese Nahrungsmittel aufnehmen, laufen Sie Gefahr, zu viel Methionin aufzunehmen. Methionin ist eine Aminosäure, die gespeichertes Glycin abbaut und in großen Mengen toxisch ist. Zu viel Methionin wurde mit hohen Homocystein-Werten (einem Entzündungsmarker), Neuralrohrdefekten, Präeklampsie, spontanen Fehlgeburten und Frühgeburten in Verbindung gebracht.48 Ein Wissenschaftler erklärt: „Wenn die Aufnahme von Methionin über die Ernährung nicht angemessen ist, kann sowohl die kurzfristige Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigt sein, als auch langfristig die physiologische Funktionsfähigkeit der Nachkommen. Zum Abbau von überschüssigem Methionin wird Glycin benötigt, was zu Mangelerscheinungen führen kann.“49

Knochenbrühe, langsam geschmortes Fleisch (zum Beispiel Schmorbraten oder Pulled Pork), Geflügel mit Haut und Knochen (Hühnerflügel, Schenkel oder ein ganzes Hähnchen), Schweinschwarte, Speck, Wurst und Hackfleisch (wird oft aus zäherem Fleisch hergestellt) sind ausgezeichnete Quellen für Glycin. Eine weitere Möglichkeit bietet die Einnahme von Gelatine in Pulverform oder Kollagenpulver, die von Natur aus sehr viel Glycin enthalten (hier ist natürlich nicht die gesüßte Gelatine gemeint!).

Die Folgen einer unzureichenden Glycinzufuhr in der Schwangerschaft konnten anhand von Tierversuchen nachgewiesen werden. Es gibt nur wenige Untersuchungen an Menschen zu diesem Thema, weil es ethisch nicht vertretbar wäre, schwangeren Frauen gezielt essenzielle Nährstoffe vorzuenthalten. Dafür hat man Versuche mit Laborratten durchgeführt.

Dabei hat sich gezeigt, dass die Nachkommen von Ratten mit einer eiweißarmen Ernährung Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Bluthochdruck haben. Wird das Futter dieser Ratten jedoch mit Glycin angereichert, bleibt diese Entwicklung aus. Die Forscher bemerken, dass „die Verfügbarkeit von Glycin für die normale kardiovaskuläre Entwicklung von entscheidender Bedeutung zu sein scheint“.50 Das könnte auf die Beteiligung des Glycins am Folat-Stoffwechsel zurückzuführen sein.51 Oder auf die Tatsache, dass Glycin für die Herstellung von Elastin benötigt wird. Dabei handelt es sich um ein strukturelles Protein, das die Blutgefäße dehnbar und geschmeidig macht.

Außerdem schützt Glycin vor oxidativem Stress, einem Markenzeichen der Präeklampsie, wirkt blutdrucksenkend und ist an der Blutzuckerregulierung beteiligt. Das konnte anhand von Studien belegt werden.52 Bei Frauen mit Präeklampsie wird weniger Glycin über den Urin ausgeschieden, was darauf hindeutet, dass der Bedarf an Glycin erhöht ist oder die mütterlichen Speicherkapazitäten erschöpft sind.53 Zusätzlich konnte „bei frühgeborenen Kindern ein niedriger Glycin-Status beobachtet werden“.54

Wir wissen auch, dass Cholin und Glycin an denselben körperlichen Funktionen beteiligt sind, nämlich an der Methylierung. Durch eine optimale Methylierung wird sichergestellt, dass sich die Gene Ihres Kindes so entwickeln, wie sie sollen.55 Mit anderen Worten: Die gesunde Entwicklung Ihres Babys hängt davon ab, ob Sie diese beiden Nährstoffe zu sich nehmen oder nicht. Wird der Bedarf nicht über die Nahrung gedeckt, kann Cholin im Körper zu Glycin umgewandelt werden. Voraussetzung dafür ist aber, dass auch die Mutter genügend Cholin zur Verfügung hat, einen Nährstoff, von dem die meisten Frauen noch nicht einmal wissen, dass er existiert.

Glycin wird außerdem zur Herstellung von Glutathion benötigt, eines der wichtigsten Enzyme zur Entgiftung des Körpers. Dieses Enzym sorgt dafür, dass schädliche Substanzen, denen wir tagtäglich begegnen, auf natürliche Art und Weise aus dem Körper entfernt werden. Es gibt eine Reihe von toxischen Substanzen, die das Risiko von Geburtsfehlern und Komplikationen in der Schwangerschaft erhöhen. Es lohnt sich also, das Augenmerk auf Nährstoffe zu lenken, die den Körper bei der Entgiftung unterstützen.56 In Kapitel 10 werde ich näher auf die negativen Auswirkungen verschiedener Toxine eingehen.

Natürlich ist die Menge des Glycins, das Sie während der Schwangerschaft einnehmen, der entscheidende Faktor. Ich kann nicht genug betonen, welch wichtige Rolle Glycin für Sie und Ihr heranwachsendes Baby spielt. Es trägt nicht nur zu einer gesunden Entwicklung der Gebärmutter bei, sondern auch zu einer gesunden DNS und einem starken Herz-Kreislauf-System bei Ihrem Baby. Sie können guten Gewissens nahrhafte Suppen, Pulled Pork und Schmorbraten essen, denn Sie geben Ihrem Baby alles, was es für eine gesunde Entwicklung benötigt.

Für alle tierischen Produkte gilt natürlich: Kaufen Sie ausschließlich Fleisch und Knochen von Tieren aus artgerechter Weidehaltung. Diese sind oft etwas teurer, aber Sie können die Kosten abfedern, indem Sie nicht die erlesenen, zarten Fleischstücke (zum Beispiel Filetsteak) kaufen, sondern auf die sogenannten minderwertigen Teile (die übrigens nicht nur billiger sind, sondern auch mehr Glycin enthalten) zurückgreifen. Ich ziehe diese Fleischstücke sogar vor, weil sie schmackhafter sind und auch einfacher zubereitet werden können (ein Pulled Pork kann man nicht ruinieren, bei zarten Schweinekoteletts sieht das schon anders aus). Der Bedarf an Weidefleisch steigt und heutzutage gehört es oft schon zum Standardsortiment vieler Supermärkte. Kaufen Sie klug ein und stocken Sie Ihren Tiefkühlvorrat auf, sobald es frisches Weidefleisch im Angebot gibt. Fragen Sie Ihren Fleischer vor Ort, ob er Ihnen Fleisch- und Suppenknochen zu einem günstigen Preis verkaufen kann. Eine weitere Option ist der Einkauf direkt beim Bauern. Vielleicht können Sie mit anderen Interessenten eine Großbestellung aufgeben, das spart meistens enorm an Kosten. Sollte für Sie überhaupt nicht in Frage kommen, müssen Sie wissen, dass Fleisch aus konventioneller Haltung ebenfalls ein wertvolles Nahrungsmittel ist. Sie werden auch mit konventionellem Fleisch alle ernährungsbedingten Bedürfnisse Ihres Babys erfüllen können, die Sie mit einer fleischlosen Ernährung nicht abdecken könnten.

Das richtige Essen in der Schwangerschaft

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